Leitsatz (redaktionell)

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 25. März 1998 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Verfahrensgang

LSG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 25.03.1998)

 

Gründe

Die Klägerin begehrt von der beklagten Bundesanstalt für Arbeit höheres Arbeitslosengeld bzw Unterhaltsgeld ab 1. Juni 1996; sie wendet sich gegen die Berücksichtigung eines Kirchensteuer-Hebesatzes bei der Berechnung des maßgebenden Nettoentgelts.

Die Nichtzulassungsbeschwerde, mit der die Klägerin das zweitinstanzliche Urteil angreift, ist unzulässig. Denn die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) und des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) sind nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet.

  • Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die – über den Einzelfall hinaus – aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung muß der Beschwerdeführer anhand des anwendbaren Rechts unter Berücksichtigung und in Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Fragen erwarten läßt (st Rspr – BSG SozR 1500 § 160a Nrn 7 und 65 mwN). Diese Anforderungen an die Darlegungspflicht gelten auch, wenn die Verfassungswidrigkeit einer Norm geltend gemacht wird.

    Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerin mit ihrem Vorbringen eine Rechtsfrage bezeichnet hat, über die im Revisionsverfahren zu entscheiden wäre. Doch selbst wenn die Rechtsfrage gemeint sein sollte, ob die Berücksichtigung eines Kirchensteuer-Hebesatzes nach §§ 111 Abs 2 Satz 2 Nr 2, 44 Abs 2 Arbeitsförderungsgesetz im Beitrittsgebiet mit dem Gleichheitssatz übereinstimmt, würde die Beschwerdebegründung nicht den gesetzlichen Anforderungen genügen. Denn die Klägerin hat die Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage nicht dargelegt. Dazu wäre es erforderlich gewesen, sich mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23. März 1994 (BVerfGE 90, 226 = SozR 3-4100 § 111 Nr 6) sowie mit der nach dieser Entscheidung ergangenen – vom Landessozialgericht (LSG) zitierten – Urteilen des Bundessozialgerichts (BSG) auseinanderzusetzen. Dieser Rechtsprechung hätte die Klägerin entnehmen können, daß der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht gehalten war, Besonderheiten im Beitrittsgebiet, insbesondere dem dort geringeren Anteil von Kirchenmitgliedern unter den Arbeitnehmern, Rechnung zu tragen (vgl insbesondere BSG SozR 3-4100 § 249e Nrn 5 und 10).

    Im übrigen nimmt die Klägerin zu der vom LSG aufgrund statistischen Materials für das Jahr 1995 vertretenen Auffassung, es sei nach wie vor nicht evident, daß im maßgeblichen Gesamtgebiet der Bundesrepublik Deutschland eine deutliche Mehrheit von Arbeitnehmern nicht mehr den steuererhebenden Kirchen angehöre, nicht Stellung.

  • Schließlich hat die Klägerin auch einen Verfahrensmangel nicht bezeichnet, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Aus ihrem Vorbringen ergibt sich nicht, daß ein Verfahrensmangel des LSG vorliegt.

    Mit dem Vorwurf, das angegriffene Urteil enthalte entgegen §§ 153 Abs 1, 136 Abs 1 Nr 3 SGG nicht den Ort der mündlichen Verhandlung, ist schon ein Verfahrensmangel nicht bezeichnet. Denn die Sitzungen des Gerichts finden, wie sich im Umkehrschluß aus § 110 Abs 2 SGG ergibt, in der Regel am Sitz des Gerichtes statt. Dementsprechend ist, jedenfalls soweit der Vorsitzende keinen anderen Ort der mündlichen Verhandlung bestimmt hat, die Angabe des Ortes entbehrlich (vgl nur Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage 1998, § 136 Rz 4).

    Nichts anderes gilt, soweit die Klägerin dem LSG vorwirft, es habe gegen § 153 Abs 3 Satz 1 SGG verstoßen, weil das Urteil nur von den drei Berufsrichtern, nicht aber von den zwei ehrenamtlichen Richtern, die an der Entscheidung mitgewirkt haben, unterzeichnet worden ist. Die Klägerin hat nicht beachtet, daß der Große Senat des BSG zu dieser Frage bereits klargestellt hat, daß eine Urteilsurschrift, die lediglich von den drei Berufsrichtern unterschrieben ist, aber keinen Vermerk über die Verhinderung der ehrenamtlichen Richter enthält, den Erfordernissen des § 153 SGG entspricht (BSGE 1, 1). An dieser Auslegung sind jedenfalls nach der Einführung des § 170a SGG, aus dem sich ergibt, daß auch Urteile des BSG nicht von den ehrenamtlichen Richtern zu unterschreiben sind, keine ernsthaften Zweifel mehr möglich.

Da die Beschwerdebegründung einen Zulassungsgrund nicht in der gesetzlich gebotenen Weise darlegt bzw bezeichnet, ist die Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI780389

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