Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. September 2019 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt die Berücksichtigung von in der Volksrepublik Polen zurückgelegten Versicherungszeiten im Rahmen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Beklagte berücksichtigte Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung sowie Pflichtbeitragszeiten vom 22.4.1968 bis 31.8.1987 bei der Berechnung der persönlichen Entgeltpunkte nicht (Bescheid vom 25.2.2009). Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.9.2009 zurück. Das SG hat die Beklagte zur Berücksichtigung der polnischen Versicherungszeiten verpflichtet (Urteil vom 6.9.2016). Zwar sei durch die Duldungen, wie sie dem Kläger durch die Ausländerbehörde mehrfach befristet erteilt worden seien, kein gewöhnlicher Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland begründet worden. Er sei aber so zu stellen, als sei ihm am Stichtag 30.6.1991 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden. Eine solche wäre ihm bei Vorsprache vor der Ausländerbehörde am 7.5.1991 bereits erteilt worden, wenn sein Pass zu diesem Zeitpunkt nicht abgelaufen gewesen wäre. Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Kläger habe zum Stichtag 30.6.1991 lediglich über eine Duldung und damit nicht über das nach Art 27 Abs 3 Abk Polen SozSich erforderliche Recht zum dauerhaften Aufenthalt verfügt. Er habe auch nicht zum Stichtag 31.12.1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des Art 27 Abs 2 Abk Polen SozSich in der Bundesrepublik Deutschland gehabt (Urteil vom 26.9.2019).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG formgerecht begründet wurde. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 160a RdNr 32 ff). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger stellt die Rechtsfragen,
"ob der nach Art. 27 Abs. 3 Abk Polen SozSich maßgebliche Stichtag 30.06.1991 für die Begründung eines 'gewöhnlichen Aufenthalts' eine absolute, von der Einzelfallausgestaltung unabhängige zeitliche Grenze darstellt, innerhalb deren der betroffene Ausländer unter allen Umständen auf einer formellen Grundlage eines der in § 5 Nr. 1-4 AuslG a.F. aufgeführten und in seinem Pass dokumentierten Aufenthaltstitel bzw. Aufenthaltsgenehmigungen seinen 'Wohnort' im Bundesgebiet haben bzw. hier 'wohnen' muss,
oder
"ob beim Vorliegen besonderer, von dem Normalfall abweichender, untypischer Sachverhalte der 'gewöhnliche rechtmäßige Aufenthalt' iS des Art. 27 Abs. 3 Abk Polen SozSich auch dann ausnahmsweise begründet werden kann, wenn der Stichtag 30.06.1991 aufgrund bestimmter, von dem Ausländer nicht zu vertretender Hindernisse überschritten wurde bzw. aufgrund objektiver Unmöglichkeit überschritten werden musste und aus prognostischer Sicht beim Nichtvorhandensein des Hindernisses er mit hoher Wahrscheinlichkeit ggf. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die unerlässlichen rechtlichen Voraussetzungen innerhalb der Stichtagsregelung erfüllt hätte, so dass er im Hinblick auf die Frage des Zeitpunkts der Begründung des 'gewöhnlichen Aufenthalts' letztlich trotz der tatsächlichen Stichtagsüberschreitung so zu behandeln ist, als ob er diesen noch innerhalb der Stichtagsregelung des Art. 27 Abs. 3 Abk Polen SozSich begründet hätte."
Es kann offenbleiben, ob der Kläger damit hinreichend abstrakte Rechtsfragen stellt, die einer Beantwortung in einem Revisionsverfahren zugänglich wären, oder ob es sich nicht um gänzlich auf den Einzelfall zugeschnittene Fragen handelt. Jedenfalls fehlt es an einer ausreichenden Begründung der Klärungsbedürftigkeit. Hierzu hätte es einer eingehenden Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung und näherer Ausführungen dazu bedurft, unter welchen rechtlichen Gesichtspunkten die vom Kläger begehrte Abweichung von den abstrakt-generellen Regelungen des Abkommens zulässig ist. Soweit der Kläger auf "von dem Ausländer nicht zu vertretende Hindernisse" bzw "objektive Unmöglichkeit" abhebt, bleibt unklar, auf welche Konstellationen die Beschwerdebegründung abstellt. Selbst ein Bezug zum konkreten Fall des Klägers wird nicht dargestellt. Offen bleibt auch, wo der rechtliche Anknüpfungspunkt dafür zu finden ist, dass die bloße Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von Tatbestandsvoraussetzungen ausreichend sein soll. Soweit der Kläger sich auf den Satz in der auch vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung des BSG (Urteil vom 16.6.2015 - B 13 R 36/13 R - juris RdNr 20) bezieht, wonach Sachverhalte, bei denen die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts erst nach dem 30.6.1991 in Betracht komme, bislang nicht Gegenstand der Rechtsprechung des BSG gewesen seien, geht er auf den Kontext dieser Äußerung und die dortigen weiteren Ausführungen nicht ein. Der Hinweis, dass der in Art 27 Abs 3 Abk Polen SozSich vorgesehene Stichtag "völlig unverschuldet" und "oftmals nur um wenige Tage" überschritten werde, entbehrt jeder näheren Auseinandersetzung mit der Bedeutung und Zulässigkeit von Stichtagsregelungen.
Soweit der Kläger im Folgenden für höchstrichterlich klärungsbedürftig hält, ob es stets auf den formalen Akt der Eintragung eines bestimmten Aufenthaltstitels in das entsprechende Reisedokument eines Ausländers ankommt oder ob die vor Ablauf des Stichtages liegenden besonderen, den Einzelfall prägenden gesamten Umstände geeignet sind, den tatsächlich nach Ablauf des Stichtages vorgenommenen Eintrag eines Aufenthaltstitels in das entsprechende Reise- bzw Aufenthaltsdokument zeitlich auf den Zeitpunkt vor dem 1.7.1991 zurückzuverlegen, bleibt ua unklar, welches Tatbestandsmerkmal welcher Bundesnorm er für weiter auslegungsbedürftig hält. Auch der Bezug zur Klärungsfähigkeit im Einzelfall wird nicht deutlich.
Zur Klärungsfähigkeit führt der Kläger im Wesentlichen aus, die Beurteilung des LSG, insbesondere dessen Auslegung des Aktenvermerks der Ausländerbehörde ("Da Paß ungültig war, konnte keine Befugnis erteilt werden, …") "vermag indes nicht zu überzeugen". Auf die - vermeintliche - Fehlerhaftigkeit einer Entscheidung kann die Nichtzulassungsbeschwerde indes nicht gestützt werden (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 67).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13945082 |