Verfahrensgang
SG Cottbus (Entscheidung vom 11.11.2015; Aktenzeichen S 6 R 152/14) |
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 20.02.2020; Aktenzeichen L 22 R 978/15) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. Februar 2020 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Mit Urteil vom 20.2.2020 hat das LSG Berlin-Brandenburg einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente abgelehnt.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 23.4.2020 begründet hat.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung genügt nicht der gesetzlichen Form. Die Klägerin hat darin den allein geltend gemachten Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise bezeichnet.
1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass iS von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des Berufungsgerichts ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (stRspr; zB BSG Beschluss vom 27.10.2010 - B 12 KR 2/10 B - juris RdNr 5; jüngst BSG Beschluss vom 9.12.2019 - B 13 R 259/19 B - juris RdNr 4). Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Berufungsgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Mit ihrer Beschwerdebegründung vom 23.4.2020 verfehlt die Klägerin diese Anforderungen schon deswegen, weil sie darin den Sachverhalt nicht zumindest gedrängt darstellt. Es wird nicht einmal der Gegenstand des zugrundeliegenden Rechtsstreits eindeutig kenntlich gemacht. Dass die Beteiligten über die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente streiten, lässt sich lediglich aus dem Gesamtzusammenhang erahnen. Der Senat kann daher nicht, wie es erforderlich wäre, allein anhand der Beschwerdebegründung darüber befinden, ob die angegriffene Entscheidung möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht (vgl zu dieser Anforderung etwa BSG Beschluss vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 33 S 60 f - juris RdNr 16 mwN; BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 16 mwN). Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sich den maßgeblichen Sachverhalt aus den Akten oder dem angegriffenen Urteil herauszusuchen (vgl BSG Beschluss vom 31.5.2017 - B 5 R 358/16 B - juris RdNr 8 mwN; BSG Beschluss vom 26.1.2018 - B 13 R 309/14 B - juris RdNr 3 f).
Auch ungeachtet dessen erfüllt die Beschwerdebegründung die formalen Anforderungen an die Geltendmachung eines Verfahrensmangels nicht. Die Klägerin rügt einen Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG). Hierzu bringt sie vor, das LSG hätte sich zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müssen, weil sie die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrsche und daher von den Sachverständigen fehlerhafte Befunde und Angaben aufgenommen worden seien; weil die vorliegenden Sachverständigengutachten unter Einzelaspekten zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen seien und weil die bei ihr festgestellten Funktionseinschränkungen sich wechselseitig verstärken würden. Die bereits im Berufungsverfahren anwaltlich vertretene Klägerin benennt indes keinen bis zuletzt gegenüber dem LSG aufrechterhaltenen Beweisantrag, wie es für eine ordnungsgemäße Sachaufklärungsrüge erforderlich gewesen wäre (vgl zu diesem Erfordernis jüngst etwa BSG Beschluss vom 8.8.2019 - B 13 R 310/18 B - juris RdNr 5 mwN). Soweit die Klägerin offensichtlich nicht mit der Auswertung und Würdigung der aktenkundigen Befundberichte und Gutachten durch das LSG einverstanden ist, wendet sie sich gegen dessen Beweiswürdigung. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann eine Verfahrensrüge jedoch nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG gestützt werden.
Die Klägerin rügt ferner eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG; Art 103 Abs 1 GG). Hierzu bringt sie vor, das LSG sei weder ihren "klarstellenden Hinweisen" zu einzelnen Untersuchungsergebnissen und Angaben der Sachverständigen gefolgt noch habe es erkannt, dass die von psychiatrischer Seite erwogene stationäre Behandlung bereits an ihren unzureichenden Deutschkenntnissen scheitern würde. Darauf, dass das LSG dem Tatsachenvorbringen oder der Rechtsauffassung der Klägerin nicht gefolgt ist, kann die Gehörsrüge aber nicht zulässig gestützt werden. Das Recht auf rechtliches Gehör gebietet nur, dass die Gerichte die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen; es verpflichtet sie nicht, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen, ihn also zu "erhören" (BVerfG Beschluss vom 8.4.2014 - 1 BvR 2933/13 - NZS 2014, 539 RdNr 13 mwN). Letztlich wendet die Klägerin sich auch mit diesem Vorbringen gegen die inhaltliche Richtigkeit des Berufungsurteils. Dass ein Beteiligter das angegriffene Urteil für inhaltlich falsch hält, kann indes nicht zur Revisionszulassung führen (stRspr; vgl etwa BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BSG Beschluss vom 21.4.2020 - B 13 R 44/19 B - juris RdNr 8; BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).
Soweit die Klägerin ihren aus Art 2 Abs 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Anspruch auf ein faires Verfahren durch "diskreditierende Äußerungen" des Terminvertreters der Beklagten in der erstinstanzlichen Verhandlung vor dem SG verletzt sieht, lässt sich mangels Sachverhaltsdarstellung schon nicht nachvollziehen, worin genau diese bestanden haben sollen. Zudem fehlen jedwede Ausführungen dazu, dass das angegriffene Berufungsurteil auf einem etwaigen, daraus erwachsenen Verfahrensmangel beruhen könne.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
2. Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14048084 |