Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Urteil vom 25.07.1995; Aktenzeichen L 7 Ar 152/94) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 25. Juli 1995 – L 7 Ar 152/94 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.
Die Klägerin stützt ihre Nichtzulassungsbeschwerde auf § 160 Abs 2 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Nach dieser Vorschrift ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG muß in der Beschwerdebegründung der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Bezeichnet ist ein Verfahrensfehler nur dann, wenn er in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert, dh schlüssig dargetan wird (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14). Hieran fehlt es.
Soweit die Klägerin als Verfahrensmangel eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 Grundgesetz, § 62 SGG) rügt und geltend macht, das Landessozialgericht (LSG) habe wegen der urlaubsbedingten Verhinderung ihres Prozeßbevollmächtigten den Termin vom 25. Juli 1995 nicht durchführen dürfen, ist ein Verfahrensmangel nicht substantiiert dargetan. Nach dem gemäß § 202 SGG auch im Verfahren der Sozialgerichte anwendbaren § 227 Abs 1 Satz 1 Zivilprozeßordnung (ZPO) kann ein Termin aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt oder eine Verhandlung vertagt werden. Die Entscheidung liegt im Ermessen des Vorsitzenden bzw des Gerichts, doch hat das Gesetz Maßnahmen dieser Art zur Straffung des Verfahrens an erhebliche Gründe geknüpft. Diese sind bei einer vorhersehbar urlaubsbedingten Abwesenheit eines Prozeßbevollmächtigten nicht gegeben (BSG SozSich 1984, 326 mwN). Denn ein Beteiligter muß sich grundsätzlich darauf verweisen lassen, einen anderen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung des angesetzten Termins zu beauftragen, wenn der bisher beauftragte Rechtsanwalt hierzu nicht in der Lage ist (BVerfGE 14, 195, 196; BSG SozR 1750 § 227 Nr 2; BSG SozSich 1984, 326 f). Unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs ist ein Gericht nur verpflichtet, einen anberaumten Termin wegen Verhinderung eines Prozeßbevollmächtigten aufzuheben, wenn eine anderweitige Vertretung nicht möglich erscheint, der Beteiligte also andernfalls das rechtliche Gehör in der mündlichen Verhandlung nicht finden könnte (vgl BSG aaO). Die Rechtsprechung hat daher auch in den Fällen, in denen der Prozeßbevollmächtigte unvermeidbar verhindert war, einen Verhandlungstermin wahrzunehmen, entscheidend darauf abgestellt, ob bei Eintritt des Verhinderungsgrundes genügend Zeit verblieb, einen anderen Rechtsanwalt zu finden (BSG aaO). Die Beschwerde hätte nur dann einen in der Verhinderung des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin bestehenden erheblichen Grund iS des § 227 ZPO dargetan, wenn sie aufgezeigt hätte, warum es nicht möglich gewesen ist, anderweit für eine Wahrnehmung des Termins vor dem LSG am 25. Juli 1995 zu sorgen, nachdem dem Prozeßbevollmächtigten seit Empfang der Terminsmitteilung am 12. Juli 1995 die Terminsverhinderung bekannt war. Dies ist nicht geschehen.
Soweit in der Beschwerdebegründung ausgeführt wird, der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin habe bei verschiedenen ihm bekannten Kollegen ergebnislos wegen einer Terminsvertretung nachgefragt, ist dieser Vortrag nicht entsprechend substantiiert worden. Die Beschwerdebegründung nennt keinen Anwalt, bei dem der Prozeßbevollmächtigte um eine Vertretung nachgesucht hat. Es ist auch nicht dargetan, daß diesbezügliche Ausführungen schon gegenüber dem LSG gemacht worden sind. Ausweislich seines in der Beschwerdebegründung in Bezug genommenen Schriftsatzes vom 13. Juli 1995 hat der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin seinen Verlegungsantrag zunächst nur mit der Verhinderung durch eine schon lange geplante Urlaubsreise begründet. Daß er, wie in der Beschwerdebegründung vorgetragen, aufgrund der Kürze der Terminsanberaumung für einen mit dem Verfahren nicht vertrauten Vertreter keine Möglichkeit mehr sah, innerhalb der verbleibenden Zeit sich ausreichend in die Sache einzuarbeiten, genügt nicht.
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang mit der Beschwerde geltend macht, das LSG habe die Ladungsfrist von zwei Wochen nicht eingehalten, ergibt sich aus der um einen Tag verkürzten Ladungszeit ebenfalls kein Verfahrensfehler. Zwar hat der Vorsitzende nach § 110 Abs 1 SGG Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung den Beteiligten in der Regel zwei Wochen vorher mitzuteilen. Die Verletzung dieser Ordnungsvorschrift stellt für sich allein aber keinen Verfahrensmangel dar (vgl BSG SozR Nr 7 zu § 110 SGG; SozSich 1984, 326, 327). Für eine daraus resultierende Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör fehlt es an der erforderlichen schlüssigen Darlegung. Insbesondere kann sich der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin auch nicht darauf berufen, er habe wegen der Kürze der Frist keinen anderen Anwalt beauftragen können. Ihm ist mit Schreiben des Vorsitzenden vom 17. Juli 1995 mitgeteilt worden, daß der auf den 25. Juli 1995 anberaumte Termin nicht verlegt werden könne. Es verblieb also noch genügend Zeit, einen Unterbevollmächtigten zu instruieren (vgl BSG SozSich 1984, 326, 327). In der Beschwerdebegründung sind keine Gründe vorgetragen, die eine persönliche Wahrnehmung gerade dieses Termins durch den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin erforderlich gemacht hätten. Im übrigen ergibt sich auch aus dem Vortrag, daß der nicht im Sozialrecht tätige Prozeßbevollmächtigte der Klägerin eine längere Vorbereitungszeit benötigt hätte, nicht schlüssig, daß auch kein anderer Anwalt in der Kürze der Zeit zu einer ausreichenden Einarbeitung in die Sache in der Lage gewesen wäre.
Schließlich kann ein zur Revisionszulassung führender Verfahrensmangel auch nicht auf die von der Beschwerde behauptete Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) gestützt werden. Dazu ist darauf hinzuweisen, daß die Verletzung der Sachaufklärungspflicht nur dann einen Zulassungsgrund darstellt, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Dazu hätte die Beschwerdebegründung ausführen müssen, daß im Berufungsrechtszug ein entsprechender Beweisantrag gestellt worden und in der Sitzungsniederschrift oder im Urteilstatbestand aufgeführt ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 mwN). Diese Angaben sind der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Im übrigen führt sie nicht aus, inwiefern das LSG nach der von ihm vertretenen materiellen Rechtsansicht zu weiteren Ermittlungen verpflichtet gewesen wäre (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 34). Daß das LSG – wie die Klägerin offenbar meint – den Rechtsstreit in der Sache unrichtig entschieden hat, ist nach der ausdrücklichen Regelung des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nicht geeignet, einen Zulassungsgrund zu bezeichnen.
Entspricht die Beschwerdebegründung somit nicht den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG, muß die Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 169 SGG als unzulässig verworfen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen