Verfahrensgang
Tenor
Die Verfahren mit den Aktenzeichen B 4 AS 138/22 B, B 4 AS 139/22 B, B 4 AS 140/22 B und B 4 AS 141/22 B werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden; führend ist das Verfahren mit dem Aktenzeichen B 4 AS 138/22 B.
Die Beschwerden des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in den Urteilen des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29. September 2022 werden als unzulässig verworfen.
Die Anträge des Klägers, ihm für die Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in den besagten Urteilen Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt R beizuordnen, werden abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten der Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die gemäß § 113 Abs 1 SGG zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Nichtzulassungsbeschwerden sind unzulässig, weil der allein als Zulassungsgrund geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).
Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der § 109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund stützt, muss zu seiner Bezeichnung (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; siehe bereits BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160a RdNr 16 mwN). Darüber hinaus ist aufzuzeigen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht des LSG - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (stRspr; vgl bereits BSG vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - SozR 1500 § 160a Nr 36).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Klägerbevollmächtigte rügt sinngemäß eine Verletzung des § 103 SGG, weil das LSG "ein ausdrücklich beantragtes weiteres Sachverständigengutachten" nicht eingeholt habe. Damit ist ein Verfahrensmangel nicht hinreichend bezeichnet. Eine Verletzung des § 103 SGG ist schon deswegen nicht schlüssig begründet, weil der - auch im Berufungsverfahren anwaltlich vertretene - Kläger nicht einmal behauptet, diesen Beweisantrag aufrechterhalten zu haben. Eine ordnungsgemäße Rüge einer Verletzung des § 103 SGG setzt die Darlegung voraus, dass ein - ordnungsgemäßer - Beweisantrag bis zuletzt aufrechterhalten worden ist, also entweder in der mündlichen Verhandlung (vgl BSG vom 13.1.2020 - B 4 AS 10/20 B - RdNr 6 mwN) oder wenn - wie hier - durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden worden ist, zugleich mit der Erklärung über das Einverständnis gemäß § 124 Abs 2 SGG(vgl BSG vom 21.4.2022 - B 5 R 3/22 BH - juris RdNr 10 mwN; BSG vom 21.7.2022 - B 11 AL 16/22 B - juris RdNr 3) . An Darlegungen hierzu fehlt es.
Soweit der Kläger im Übrigen moniert, dass Gutachten fehlerhaft gewürdigt und inhaltlich nicht richtig seien, und soweit er allgemeine Ausführungen zur Arbeitsfähigkeit von "Impfskeptikern" macht, weist der Senat darauf hin, dass Gegenstand des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nicht die Frage ist, ob die Entscheidung des Berufungsgerichts in materieller Hinsicht zutreffend ist, sondern dieses Verfahren allein der Prüfung dient, ob ein Revisionszulassungsgrund iS des § 160 Abs 2 SGG vorliegt. Ergänzend wird darauf verwiesen, dass das Vorbringen des Klägers selbst unbeachtlich ist (vgl BSG vom 13.8.2019 - B 14 AS 146/19 B - juris RdNr 4). Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde unterliegt als Prozesshandlung nach § 73 Abs 4 Satz 1 SGG dem Vertretungszwang (BSG vom 18.11.2020 - B 13 R 189/19 B - juris RdNr 4), sodass nur das Vorbringen des Bevollmächtigten des Klägers zu berücksichtigen war. Aus dem Begründungsschreiben des Prozessbevollmächtigten ergibt sich auch nicht, dass dieser sich die Ausführungen des Klägers zu eigen gemacht hat (vgl dazu B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 73 RdNr 57). Es würde nicht einmal genügen, wenn der Prozessbevollmächtigte ohne erkennbare eigene Prüfung lediglich ein von einer nicht postulationsfähigen Person verfasstes Schreiben unterzeichnet und an das BSG weiterleitet (BSG vom 3.3.2021 - B 4 AS 422/20 B - juris RdNr 5 mwN; BSG vom 1.6.2021 - B 11 AL 13/21 B - juris RdNr 2 mwN).
Die Anträge des Klägers auf Bewilligung von PKH für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten sind abzulehnen. Die zugleich mit den PKH-Anträgen wirksam eingelegten Nichtzulassungsbeschwerden bieten - wie ausgeführt - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1, § 121 Abs 1 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG.
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Burkiczak |
Fundstellen
Dokument-Index HI15635408 |