Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Verfahrensmangel. rechtliches Gehör. Verletzung des Rechts auf Anhörung eines Sachverständigen
Orientierungssatz
Das jedem Beteiligten zustehende Recht, einem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet, soll es dem Antragsteller erlauben, im Rahmen des Beweisthemas die Ausführungen eines Sachverständigen zu hinterfragen, um hierdurch zumindest auf die Grundlagen der als solche nicht überprüfbaren gerichtlichen Beweiswürdigung Einfluss nehmen zu können, unabhängig davon, ob das Gericht selbst ein Gutachten für erläuterungsbedürftig hält (vgl BSG vom 7.8.2014 - B 13 R 439/13 B = juris RdNr 12).
Normenkette
SGG §§ 62, 116 S. 2, § 118 Abs. 1 S. 1, § 128 Abs. 1 S. 1, § 160 Abs. 2 Nr. 3, § 160a Abs. 2 S. 3, Abs. 5; ZPO §§ 397, 402, 411 Abs. 3-4; GG Art. 103 Abs. 1; SGB 6 § 43
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 10.01.2014; Aktenzeichen L 14 R 456/10) |
SG Münster (Urteil vom 05.05.2010; Aktenzeichen S 9 R 171/07) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Januar 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung. Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde beanstandet er insbesondere, dass das LSG seinem Antrag auf Anhörung eines Sachverständigen im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht entsprochen habe.
Der im November 1972 geborene Kläger war zuletzt als Malermeister selbstständig tätig. Er gab diese Tätigkeit auf, nachdem er im November 2003 einen Arbeitsunfall erlitten hatte. Sein Betrieb wurde zum 15.2.2007 in der Handwerksrolle gelöscht; bis dahin entrichtete der Kläger Pflichtbeiträge zur Handwerkerversicherung. Der Kläger ist als schwerbehinderter Mensch mit einem GdB von 50 und Merkzeichen "G" anerkannt. Die Ablehnung seines ersten Rentenantrags vom Mai 2004 wurde bestandskräftig (Bescheid vom 19.8.2004). Im Februar 2007 beantragte er erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Der beklagte Rentenversicherungsträger lehnte den Antrag nach Beiziehung eines unfallchirurgischen Gutachtens ab, weil der Kläger noch in der Lage sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter den betriebsüblichen Bedingungen mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten (Bescheid vom 6.3.2007, Widerspruchsbescheid vom 6.8.2007).
Im Klageverfahren hat das SG ein orthopädisches Gutachten von Prof. Dr. G. vom 30.4.2008 eingeholt. Dieser attestierte dem Kläger ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in wechselnden Körperhaltungen. Fußwege von täglich 500 m und geringfügig mehr sollten über längere Zeit gesehen vermieden, öffentliche Verkehrsmittel könnten jedoch benutzt werden. Demgegenüber hat der Orthopäde Dr. W. in einem Gutachten nach § 109 SGG nach Untersuchung des Klägers im August 2008 nur noch eine Leistungsfähigkeit von drei bis sechs Stunden täglich angenommen. Zu vermeiden seien Wegstrecken, stehende Tätigkeiten sowie ua Tätigkeiten in Zwangshaltung, mit Bücken oder Knien, mit Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 5 kg. Prof. Dr. G. hat in einer ergänzenden Stellungnahme vom 20.1.2009 die von Dr. W. befürwortete Einschränkung der zeitlichen Leistungsfähigkeit auf nur noch drei bis sechs Stunden täglich als nicht nachvollziehbar bezeichnet. Dies sei nur zutreffend, wenn die Tätigkeiten überwiegend im Gehen und Stehen verrichtet werden müssten, nicht aber bei Tätigkeiten mit gelegentlichem Gehen und Stehen. Das SG hat daraufhin die Klage durch Urteil vom 5.5.2010 abgewiesen.
Im anschließenden Berufungsverfahren hat die Beklagte mitgeteilt, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung seien letztmals im März 2009 erfüllt. Das LSG hat ein Gutachten durch den Neurologen und Psychiater Dr. E. erstellen lassen, der auf neurologischem Fachgebiet ein HWS-Syndrom ohne neurologische Ausfälle mit Spannungskopfschmerzen und in psychiatrischer Hinsicht eine Anpassungsstörung mit kompensierter depressiver Symptomatik, Schlafstörungen und Somatisierungsneigung diagnostiziert hat. Er hat den Kläger im Gutachten vom 2.9.2011 für fähig erachtet, vollschichtig leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten als Dauerbelastung ständig bzw häufig im Sitzen sowie im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen zu verrichten. Nachdem sich Anhaltspunkte für eine Verschlechterung ergeben hatten, hat das LSG ein weiteres Gutachten des Orthopäden Prof. Dr. H. eingeholt. Dieser hat den Kläger nach ambulanter Untersuchung im Dezember 2012 zu einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit in Form einer beaufsichtigenden Tätigkeit oder Pförtnertätigkeit in der Lage gesehen. Er sei leichten Arbeiten als Dauerbelastung ohne weiteres gewachsen und könne Lasten bis 10 kg zeitweilig auch ohne mechanische Hilfsmittel anheben und tragen. Die Arbeiten könne er sechs bis acht Stunden täglich ausüben, wenn man zugrundelege, dass er während einer üblichen achtstündigen Arbeitsschicht auf ein bis zwei außerordentliche Arbeitspausen angewiesen sei. Ihm sollten eventuell in einer Arbeitsschicht zwei Arbeitspausen von 30 Minuten Dauer angeboten werden. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 5.2.2013 hat Prof. Dr. H. dies damit begründet, dass der Kläger als schwerbehinderter Mensch möglicherweise unter auch nur rein subjektiv stärker empfundenen Schmerzen leide. So seien insbesondere die mit übergroßflächiger Vernarbung einhergehende Oberschenkeltrümmerfraktur rechts mit mehreren Korrekturoperationen ebenso wie die in Varusfehlstellung verheilte Tibiafraktur rechts und der Zustand nach Sprunggelenkfraktur rechts nicht nur bei kernspintomographisch nachgewiesener posttraumatischer Arthroseentwicklung schmerzhaft, sondern auch aufgrund der Einschränkung von Dorsal- und Plantarflexion, die insbesondere bei Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen gravierend sei.
Der Kläger hat Einwendungen gegen das Gutachten des Prof. Dr. H. erhoben und beantragt, von diesem eine weitere Stellungnahme einzuholen bzw ihn zur mündlichen Verhandlung zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden. Das LSG hat Prof. Dr. H. erneut schriftlich angehört. Dieser hat unter dem 18.4.2013 weitere Ausführungen gemacht, welche die Frage zusätzlicher Pausen nicht betrafen, und seine Aussagen zur Leistungsfähigkeit des Klägers im Gutachten vom 11.1.2013 bzw in der Stellungnahme vom 5.2.2013 aufrechterhalten.
Nach Auswechslung seines Prozessbevollmächtigten hat der Kläger im Schriftsatz vom 23.7.2013 vorgetragen, er könne keiner Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen, weil es an der erforderlichen Wegefähigkeit fehle und er zudem nach den Feststellungen von Prof. Dr. H. auf ein bis zwei außerordentliche Arbeitspausen angewiesen sei. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.1.2014 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Gericht einen Schriftsatz vom 8.1.2014, zwei Schriftsätze vom 9.1.2014 sowie zwei handschriftlich im Termin verfasste Schreiben vom 10.1.2014 überreicht. Sie hat darin ua beantragt, Prof. Dr. H. zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens und Beantwortung diverser Fragen zu laden. Insbesondere wollte der Kläger erläutert haben, ob er noch an fünf Tagen in der Woche regelmäßig mit betriebsüblichen Pausen arbeiten könne oder ob zusätzliche Pausen oder Arbeitsunterbrechungen aus medizinischer Sicht erforderlich seien.
Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen, ohne dessen Anträge zu berücksichtigen (Urteil vom 10.1.2014). Der Kläger könne trotz qualitativer Leistungseinschränkungen noch zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Zu den im Tatbestand des Urteils wiedergegebenen Beweisanträgen des Klägers hat das LSG ausgeführt, die vorliegenden Sachverständigengutachten reichten aus, um die entscheidungserheblichen Tatsachen festzustellen. Zu der Frage, ob der Kläger noch an fünf Tagen in der Woche regelmäßig mit betriebsüblichen Pausen arbeiten könne oder ob aus medizinischer Sicht weitere Pausen oder Arbeitsunterbrechungen erforderlich seien, habe der Sachverständige Prof. Dr. H."im Gutachten vom 11.01.2013 und ergänzend unter Ausführungen zu diesen Feststellungen" gemacht. Die Frage, ob die Schmerzen und Funktionseinschränkungen des Klägers am 26.2.2008 vergleichbar oder schwerwiegender gewesen seien als diejenigen zum Zeitpunkt der Untersuchung am 10.12.2012, sei geklärt, weil feststehe, welche Funktionseinschränkungen am 26.2.2008 vorhanden gewesen seien. Die Fragen des Vorliegens einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung seien als Rechtsfragen nicht vom Sachverständigen zu beantworten. Ob der Kläger noch mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein könne, habe nicht ein berufskundiger Sachverständiger zu klären, weil dies eine medizinische und zudem bereits geklärte Frage sei.
Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger insbesondere das Vorliegen eines Verfahrensmangels geltend, weil das LSG seinem Antrag, Prof. Dr. H. zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden, nicht nachgegangen sei. Der Sachverständige habe angegeben, er - der Kläger - könne nur noch sechs bis acht Stunden täglich arbeiten, wenn man zugrundelege, dass er auf ein bis zwei außerordentliche Arbeitspausen angewiesen sei, und dies dahingehend konkretisiert, dass die zusätzlichen Pausen eventuell so ausgestaltet werden müssten, dass er zwei betriebsunübliche zusätzliche Pausen von jeweils 30 Minuten in einer Arbeitsschicht angeboten bekommen sollte. Die ergänzende schriftliche Beweisfrage des LSG vom 23.1.2013 habe der Sachverständige am 5.2.2013 dahingehend beantwortet, dass er - der Kläger - aufgrund der bei ihm vorhandenen Schmerzen auf ein bis zwei betriebsunübliche Pausen in einer sechs bis achtstündigen Verweisungstätigkeit angewiesen sei. Nachdem das LSG in der mündlichen Verhandlung jedoch erklärt habe, dass Prof. Dr. H. diese Pausen nur eventuell und nicht sicher für erforderlich halte, habe er beantragt, den Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens, insbesondere auch zur Notwendigkeit der betriebsunüblichen Pausen, zu laden. Wäre das LSG diesem Antrag nachgekommen, hätte die gute Möglichkeit bestanden, dass Prof. Dr. H. auch anhand der in der Akte vorhandenen radiologischen Bildgebung über die multimorbiden Gelenke zur Überzeugung des Gerichts hätte darlegen können, dass aufgrund der vorhandenen Schmerzen die Notwendigkeit von ein bis zwei betriebsunüblichen Pausen bereits seit Februar 2007 bestehe. Das LSG hätte dann nicht mehr von einem vollschichtigen Leistungsvermögen zu betriebsüblichen Bedingungen ausgehen können. Als weitere Verfahrensmängel rügt der Kläger die Unrichtigkeit und nicht ordnungsgemäße Unterzeichnung des Protokolls über die mündliche Verhandlung vor dem LSG.
II. Die Beschwerde des Klägers ist zulässig und im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht auch begründet.
Der Kläger rügt insbesondere eine Verletzung seines Fragerechts gegenüber einem Sachverständigen (§ 116 S 2, § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO) und damit seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG). Diese Gehörsrüge hat er hinreichend bezeichnet (§ 160a Abs 2 S 3 SGG; zu den Anforderungen im Einzelnen s BSG Beschluss vom 26.5.2015 - B 13 R 13/15 B - Juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 21.4.2016 - B 5 R 366/15 B - JurionRS 2016, 18167 RdNr 9).
Die Rüge ist auch begründet. Das LSG hat den Sachverständigen Prof. Dr. H. zu Unrecht nicht erneut angehört. Darin liegt ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BSG, dass - unabhängig von der nach § 411 Abs 3 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts liegenden Möglichkeit, zur weiteren Sachaufklärung von Amts wegen das Erscheinen des Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung anzuordnen - jedem Beteiligten gemäß § 116 S 2, § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO das Recht zusteht, einem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet (BSG Beschluss vom 27.11.2007 - B 5a/5 R 60/07 B - SozR 4-1500 § 116 Nr 1 RdNr 7; BSG Beschluss vom 24.4.2008 - B 9 SB 58/07 B - SozR 4-1500 § 116 Nr 2 RdNr 5; BSG Beschluss vom 7.8.2014 - B 13 R 439/13 B - Juris RdNr 10; s auch BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 3.2.1998 - 1 BvR 909/94 - NJW 1998, 2273; BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 24.8.2015 - 2 BvR 2915/14 - Juris RdNr 17 ff). Das Fragerecht soll unabhängig davon, ob das Gericht selbst ein Gutachten für erläuterungsbedürftig hält, es dem Antragsteller erlauben, im Rahmen des Beweisthemas die Ausführungen eines Sachverständigen zu hinterfragen, um hierdurch zumindest auf die Grundlagen der als solche nicht überprüfbaren gerichtlichen Beweiswürdigung (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 2 iVm § 128 Abs 1 S 1 SGG) Einfluss nehmen zu können (vgl BSG Beschluss vom 7.8.2014 - B 13 R 439/13 B - Juris RdNr 12).
Sachdienliche Fragen iS von § 116 S 2 SGG liegen immer dann vor, wenn sie sich im Rahmen des Beweisthemas halten und nicht abwegig oder bereits eindeutig beantwortet sind (vgl BSG Beschluss vom 27.11.2007 - B 5a/5 R 60/07 B - SozR 4-1500 § 116 Nr 1 RdNr 10). An der Sachdienlichkeit fehlt es nur, wenn der Antrag auf Anhörung des Sachverständigen rechtsmissbräuchlich gestellt ist, insbesondere wenn die Notwendigkeit einer Erörterung überhaupt nicht begründet wird oder nur beweisunerhebliche Fragen angekündigt werden (vgl BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 29.8.1995 - 2 BvR 175/95 - NJW-RR 1996, 183, 184 mwN zur Rechtsprechung des BGH).
Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 10.1.2014 hilfsweise die Befragung des Sachverständigen Prof. Dr. H. beantragt und gemessen an vorstehenden Anforderungen sachdienliche Fragen an den Sachverständigen angekündigt. Er durfte es trotz bereits eingeholter schriftlicher Ergänzungen vom 5.2.2013 und 18.4.2013 zu dem Gutachten vom 11.1.2013 im Hinblick auf deren Relativierung durch das Gericht erstmals in der mündlichen Verhandlung für erforderlich halten, durch eine erneute Befragung des Sachverständigen weiter aufzuklären, ob dessen Beurteilung dahin geht, er könne noch an fünf Tagen in der Woche regelmäßig mit betriebsüblichen Pausen arbeiten oder ob und weshalb aus medizinischer Sicht zwei zusätzliche Arbeitspausen von je 30 Minuten Dauer erforderlich sind.
Das LSG ist dem Antrag auf Befragung des Sachverständigen nicht gefolgt, obwohl es selbst angenommen hat, dass die Erforderlichkeit der Beachtung zusätzlicher betriebsunüblicher Pausen in der ergänzenden schriftlichen Stellungnahme des Prof. Dr. H. vom 5.2.2013 noch nicht widerspruchsfrei geklärt war. Es hat einerseits die vom Kläger angegebenen Schmerzempfindungen, die der Sachverständige zur Begründung der Notwendigkeit zusätzlicher Pausen angeführt hatte, als glaubhaft angesehen. Andererseits hat es gerade die von Prof. Dr. H. mitgeteilte Beobachtung, der Kläger habe problemlos die Fahrt zur Begutachtung 2,5 Stunden lang fortgesetzt sitzend zurücklegen können, als Beleg dafür angeführt, dass der Einschätzung des Gutachters hinsichtlich zusätzlich erforderlicher Pausen nicht zu folgen sei. In diesem Zusammenhang hat das LSG zudem auf die den Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst zugestandenen Verteilzeiten (Kurzpausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden) verwiesen, ohne zuvor beim Sachverständigen nachzufragen, ob die von ihm für erforderlich gehaltenen 30-Minuten-Pausen ohne negative Auswirkungen auf das Leistungsvermögen des Klägers überhaupt derart "verteilt" werden können. Schließlich lässt auch die vom LSG gegebene Begründung für die Ablehnung des Beweisantrags ("Zu der Frage … hat der Sachverständige Prof. Dr. H. in seinem Gutachten vom 11.01.2013 und ergänzend unter Ausführungen zu diesen Feststellungen" - Urteilsumdruck S 17 unten) nicht erkennen, dass die vom Kläger angesprochene Frage zusätzlicher Pausen bereits durch die schon vorliegenden Stellungnahmen des Prof. Dr. H. hinreichend klar beantwortet war.
Damit hat das LSG das Recht des Klägers auf Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. H. verletzt. Es hätte den bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrechterhaltenen und im Urteil wiedergegebenen Hilfsantrag, den genannten Sachverständigen zur Erforderlichkeit zusätzlicher Pausen anzuhören, nachkommen müssen. Denn dies war auch nach der Rechtsauffassung des LSG entscheidungserheblich dafür, ob der Kläger unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Auf dem aufgezeigten Verfahrensmangel kann die Entscheidung des LSG beruhen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das LSG nach weiterer Befragung des Prof. Dr. H. zu einer anderen Beweiswürdigung hinsichtlich der Erforderlichkeit zusätzlicher Pausen (und damit hinsichtlich des Eintritts von Erwerbsminderung zu einem Zeitpunkt, zu dem die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung noch vorlagen) gekommen wäre bzw insoweit zusätzliche Sachaufklärung für notwendig gehalten hätte.
Da die Beschwerde bereits aus den dargelegten Gründen erfolgreich ist, bedarf es keiner Entscheidung des Senats zu den weiteren vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen.
Der Senat macht von der bei Vorliegen eines Verfahrensmangels eröffneten Möglichkeit Gebrauch, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 160a Abs 5 SGG).
Die Entscheidung über die Kosten unter Einbeziehung der Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.
Fundstellen