Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Urteil vom 19.02.1998) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 19. Februar 1998 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die gegen die Nichtzulassung der Revision im angefochtenen Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) gerichtete Beschwerde ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordern diese Vorschriften, daß der Zulassungsgrund schlüssig dargetan wird (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47 und 58; vgl hierzu auch Krasney/ Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens 2. Aufl, 1997, IX, RdNrn 177 und 179 mwN). Daran mangelt es.
Die Revision kann nur aus den in § 160 Abs 2 SGG genannten Gründen – grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung, Verfahrensmangel – zugelassen werden.
Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. In der Beschwerdebegründung muß nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG diese grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aufgezeigt werden. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, daß die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Es muß eine klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen sein, welche bisher revisionsgerichtlich noch nicht – ausreichend – geklärt ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17). Demgemäß muß der Beschwerdeführer, der die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzulegen hat, dartun, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl Krasney/ Udsching, aaO, IX, RdNrn 65 und 66; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNrn 116 ff).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Es mangelt bereits an der Formulierung einer konkreten abstrakten Rechtsfrage, welcher die Beschwerdeführerin, grundsätzliche Bedeutung beimißt. Die „Frage nach den Grenzen, der den Berufsgenossenschaften nach § 730 RVO (§ 157 SGB VII) eingeräumten Berechtigung als autonomes Recht einen Gefahrtarif festzusetzen” ist zu allgemein gehalten, um sie als Rechtsfrage im og Sinne ansehen zu können; außerdem fehlt es an der Auseinandersetzung mit der insoweit vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung (stellvertretend BSG SozR 2200 § 731 Nr 2; BVerfG SozR 2200 § 734 Nr 2). Auch der Vortrag, die Schaffung einer Tarifstelle Büroteil ohne Berücksichtigung wechselseitiger Beschäftigungen stelle „einen Systembruch dar, der im Lichte des Art 3 GG zu beanstanden” sei, enthält zunächst keine abstrakte Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, sondern lediglich von der Klägerin vorgebrachte Kritik. Jedenfalls fehlt insoweit eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BSG zur Frage der Vereinbarkeit von autonomem Satzungsrecht der Berufsgenossenschaften mit höherrangigem Recht – insbesondere dem Gleichheitssatz – (stellvertretend BSGE 73, 253 = SozR 3-2200 § 809 Nr 2; BSGE 75, 45 = SozR 3-2200 § 727 Nr 1; BSG SozR 2200 § 725 Nr 10) und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Gleichheitssatz, insbesondere eine Darlegung der für eine Gleichbehandlung wesentlichen Sachverhaltsmerkmale unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung (vgl Kummer, aaO, RdNr 146 mwN).
Eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann für eine Zulassung der Revision ausreichend begründet, wenn dargetan wird, mit welchem genau bestimmten entscheidungserheblichen Rechtssatz das angegriffene Urteil des LSG von welcher genau bestimmten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 21, 29 und 45). Dazu genügt es nicht, die Unrichtigkeit der Entscheidung betreffend den Einzelfall darzutun. Entscheidend ist vielmehr die Darlegung der Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen, in der abstrakten Aussage (vgl Krasney/Udsching, aaO, RdNr 196 mwN). Diese Voraussetzungen hat die Beschwerdeführerin nicht iS des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargetan.
Nach ihrem Vortrag soll es zunächst der Rechtsprechung des BSG widersprechen, daß ihre vor dem Sozialgericht Augsburg (SG) gestellten Hilfsanträge (insbesondere) auf Schaffung einer eigenen Tarifstelle für Redakteure unter dem Hinweis auf gefahrtarifliche Grundsätze „völlig unzureichend geprüft und abgelehnt” worden seien, wobei nicht erkennbar sei, welche gefahrtariflichen Grundsätze dem Gericht vorgeschwebt hätten. Hier mangelt es jedenfalls an der Bezeichnung eines abstrakten Rechtssatzes aus einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats oder obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von dem die Entscheidung des LSG abweichen soll.
Auch soweit die Beschwerdeführerin vorträgt, die Ablehnung des Antrages „nach Teil 2 Ziff. 5 Abs 2 zur sog. Bonusgewährung mit dem Hinweis …, es fehle an einem entsprechenden Verwaltungsverfahren und damit an einer Beschwer”, widerspreche der Entscheidung des BSG vom 22. September 1988 – 2 RU 2/88 – (= HV-Info 1988, 2215), kann dies nicht zur Zulassung der Revision führen. Es ist nicht erkennbar, inwiefern die von der Klägerin dargelegten Ausführungen des BSG dem mitgeteilten vom SG gefundenen Ergebnis, bei dem es sich nicht um einen abstrakten Rechtssatz handelt, widersprechen könne.
Auch wenn man davon ausgeht, daß sich die behauptete Abweichung von der og Entscheidung des BSG auf die von der Beschwerdeführerin zuvor dargetanen Ausführungen aus den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils, auf die das LSG Bezug genommen hat, bezieht, ist damit eine Abweichung nicht dargelegt. Es muß dann angenommen werden, die Klägerin legte als abstrakten Rechtssatz aus dem Urteil des SG dar, ein Antrag auf Schaffung einer eigenen Tarifstelle für Redakteure sei abzulehnen, weil vom Gericht nicht verlangt werden könne, daß es rechtsetzende Akte ausspreche und wenn sich das Ermessen der Beklagten nicht derart verengt habe, daß sie gezwungen wäre, eine eigene weitere Tarifstelle neben der Bürotätigkeit für Redakteure zu schaffen. Es ist dann indes nicht ersichtlich, inwiefern die hiermit in Zusammenhang zu bringenden von der Klägerin genannten abstrakten Sätze aus der og Entscheidung des BSG, die Berufsgenossenschaft, welche die Risiken unrichtig eingeschätzt habe, müsse im Gefahrtarif die Gefahrklasse für eine Unternehmensart anders – nach dem individuell gegebenen Grad der Unfallgefahr – bestimmen, wenn ein Mitgliedsunternehmen begründet geltend mache, die Zuteilung einer bestimmten Art von Unternehmen zu einer im Gefahrtarif festgesetzten Gefahrenklasse entspreche nicht dem Grad der durch sie zum Ausdruck gebrachten Unfallgefährdung, in Widerspruch stehen sollten. Den abstrakten Darlegungen hinsichtlich der Verengung des Ermessens stehen keine dem widersprechenden Ausführungen des BSG entgegen. Daß die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit selbst entsprechende neue Tarifstellen anstelle der Berufsgenossenschaften schaffen müßten, geht aus den von der Beschwerdeführerin wiedergegebenen Darlegungen des BSG nicht hervor.
Soweit die Beschwerdeführerin schließlich vorträgt, der Hinweis des SG, es fehle bei der Verpflichtung zur Bonusgewährung an einem entsprechenden Verwaltungsverfahren und damit an einer Beschwer, gehe fehlt, rügt sie lediglich die ihrer Auffassung nach unzutreffende Rechtsanwendung durch das sich auf das erstinstanzliche Urteil beziehende LSG im Einzelfall; damit bezeichnet sie indes keinen Revisionszulassungsgrund.
Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen