Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 13. Januar 2022 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der 1947 geborene Kläger ist bei der beklagten Krankenkasse (KK) versichert und verfügte über eine Reisekrankenversicherung ohne Selbstbeteiligung bei der Europäische Reiseversicherung AG, die medizinisch notwendige Heilbehandlungen im Ausland wie stationäre Behandlungen im Krankenhaus einschließlich Operationen abdeckte.
Während eines Aufenthaltes in Spanien wurde der Kläger dort wegen der Diagnose I25.4 (Koronararterienaneurysma) in der Zeit vom 16. bis 18.7.2017 in einem Krankenhaus stationär behandelt. Die private Reisekrankenversicherung erstattete dem Kläger Behandlungskosten in Höhe von 6538,29 Euro. Am 16.11.2017 unterzeichnete der Kläger folgende Erklärung: "Meine Forderung aus diesem Leistungsfall gegen andere Kostenträger trete ich an die Europäische Reiseversicherung AG ab. Die Abtretung gilt bis zur Höhe des gezahlten Betrages." Die KK lehnte den Antrag des Klägers vom 25.7.2019, ihm "die im Zusammenhang mit dem Krankheitsfall in Spanien in der Zeit vom 16. bis zum 18. Juli 2017 entstandenen erstattungsfähigen Krankenbehandlungskosten durch Zahlung an die Europäische Reiseversicherung AG zu erstatten" ab (Bescheid vom 31.7.2019, Widerspruchsbescheid vom 30.10.2019). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 1.12.2020). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger sei trotz der Abtretung klagebefugt, habe jedoch keinen Anspruch auf Kostenerstattung. Ein solcher Anspruch setze voraus, dass dem Versicherten aufgrund des Behandlungsfalles tatsächlich Kosten entstanden seien. Dies sei nicht der Fall, da die Kosten für die Krankenhausbehandlung im Ausland bereits im Jahr 2017 durch die Reisekrankenversicherung ausgeglichen worden seien. Bei zwei sich deckenden Leistungsansprüchen gegen eine private und eine gesetzliche Krankenversicherung erlösche nach der Rspr des BSG der Anspruch aus dem GKV-System, wenn der Versicherte die privat versicherte Leistung gewählt und seinen Behandlungsbedarf mit der Leistung gedeckt habe. Ein Ausgleich zwischen beiden Versicherungsträgern finde nicht statt (BSG vom 11.9.2018 - B 1 KR 7/18 R). Die in der Auslandsreisekrankenversicherung enthaltene Subsidiaritätsklausel, wonach die Leistungspflicht eines Dritten oder die Beanspruchung einer Entschädigung aus anderen Versicherungsverträgen der Leistungspflicht der Auslandskrankenversicherung vorgehe, entfalte keine Wirkung, weil die GKV nicht "Dritter" im Sinne dieser Vorschrift sei. Die von der privaten Versicherung angenommene vorrangige Leistungspflicht des Sozialleistungsträgers bestehe gerade nicht (Beschluss vom 13.1.2022).
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG.
II
Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
1. Wer sich - wie hier der Kläger - auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Maßstabs BVerfG vom 14.4.2010 - 1 BvR 2856/07 - SozR 4-1500 § 160a Nr 24 RdNr 5 ff mwN). Diesen Anforderungen genügt das Beschwerdevorbringen nicht.
Der Kläger formuliert als Rechtsfrage,
"ob eine privatrechtliche Subsidiaritätsklausel gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung ihre Rechtswirkung entfalten kann, wenn die gesetzliche Krankenversicherung zum Zeitpunkt der Heilbehandlung erstattungspflichtig gewesen wäre".
Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie bereits höchstrichterlich entschieden ist. Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG vom 22.2.2017 - B 1 KR 73/16 B - juris RdNr 8 mwN; vgl zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit eines entsprechenden Maßstabs BVerfG ≪Kammer≫ vom 12.9.1991 - 1 BvR 765/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 6 S 10 f = juris RdNr 4). Dem wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht. Im Wesentlichen beruft der Kläger sich darauf, in der vom LSG zitierten Entscheidung des Senats habe der Klage keine Subsidiaritätsklausel zu Grunde gelegen. Eine Rechtsfrage ist jedoch nicht klärungsbedürftig, obwohl das BSG sie noch nicht ausdrücklich behandelt hat, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sodass eine weitere Klärung oder Fortentwicklung des Rechts nicht mehr zu erwarten ist (stRspr; vgl zB BSG vom 16.4.2012 - B 1 KR 25/11 B - juris RdNr 7 mwN).
Nach der Rechtsprechung des Senats - auf die das LSG auch im Einzelnen Bezug genommen hat - erlischt bei sich in medizinischer Hinsicht überschneidenden Leistungsansprüchen eines Versicherten gegen seine KK einerseits und seinen privaten Krankenversicherer andererseits durch eine Leistung der privaten Krankenversicherung der tatsächliche Bedarf des Versicherten. Der private Versicherer erfüllt mit seiner Leistung jedoch nicht die Schuld der KK, diese nicht mit ihrer Leistung die Schuld des privaten Versicherers. Soweit die KK ihre Leistung aus dem System nicht verweigert, aber der Versicherte die privat versicherte Leistung als eine der ihm möglichen Leistungen wählt, entfällt sein Anspruch aus dem GKV-System. Ein Ausgleich findet nicht statt. Dies hat der Senat aus dem abschließenden Charakter der Regelungen der GKV zu den leistungsrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen KKn, Versicherten und Leistungserbringern abgeleitet, in die Dritte nur einbeziehbar sind, soweit das Gesetz Öffnungen vorsieht (vgl BSG vom 11.9.2018 - B 1 KR 7/18 R - BSGE 126, 277 = SozR 4-7610 § 812 Nr 8, RdNr 11 ff, 33).
Der Kläger legt nicht dar, inwiefern angesichts dessen noch Klärungsbedarf hinsichtlich der Rechtswirkungen einer in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der privaten Krankenversicherung geregelten und in den privatrechtlichen Versicherungsvertrag einbezogenen Subsidiaritätsklausel besteht. Er legt nicht dar, inwiefern die gestellte Frage nach dem Stand der vorgenannten Rechtsprechung nicht ohne Weiteres zu beantworten sein soll. Soweit der Kläger - gestützt auf die zitierte Entscheidung des SG Hannover vom 28.7.2020 (S 67 KR 313/19) - meint, die private Reisekrankenversicherung sei aufgrund der Subsidiaritätsklausel nur vorläufig zur Leistung verpflichtet, setzt er sich nicht damit auseinander, weshalb eine privatautonom zwischen Versichertem und Versicherer vereinbarte Subsidiaritätsklausel diese Beurteilung auch im Verhältnis zur beklagten KK rechtfertigen sollte, geschweige denn, dass und ggf auf welcher krankenversicherungsrechtlichen Grundlage eine solche Klausel innerhalb des GKV-Systems beachtlich sein sollte. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beantwortung der aufgeworfenen Frage über die Anwendung der bestehenden Rechtssätze auf den konkreten Sachverhalt hinausgeht.
2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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Fundstellen
Dokument-Index HI15741864 |