Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 19. Dezember 1996 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger hat dem Beigeladenen die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe
Die gegen die Nichtzulassung der Revision im angefochtenen Urteil gerichtete Beschwerde, mit der der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht, ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordern diese Vorschriften, daß die Zulassungsgründe schlüssig dargetan werden (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47 und 58; vgl hierzu auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl, 1997, IX, RdNrn 177 und 179 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. In der Beschwerdebegründung muß nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aufgezeigt werden. Sie ist gegeben, wenn zu erwarten ist, daß die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Es muß eine über den Einzelfall hinausgehende klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen sein, welche bisher revisionsgerichtlich noch nicht – ausreichend – geklärt ist (s ua BSG SozR 1500 § 160 Nr 17). Demgemäß muß bei der Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache aufgezeigt werden, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht erforderlich erscheint (vgl Krasney/Udsching, aaO, IX, RdNrn 65 ff; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNrn 160 ff). Diesen Anforderungen an die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit genügt der Vortrag des Klägers nicht.
Der Kläger hält für klärungsbedürftig die Rechtsfragen:
- Ob ihm, der für Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) zuständig ist, die Prozeßführungsbefugnis zusteht, den Anspruch des Verletzten aus §§ 548, 539 Abs 1 Nr 9a der Reichsversicherungsordnung (RVO) gegenüber dem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung im eigenen Namen geltend zu machen,
- ob er – der Kläger – berechtigt ist, Klage auf Feststellung zu erheben, daß der Beigeladene bei dem Ereignis vom 24. Oktober 1992 gemäß § 539 Abs 1 Nr 9a RVO unter Unfallversicherungsschutz stand,
- ob hier eine Änderung der Klage iS eines Antrages auf Erstattung der Heilbehandlungskosten gegen den Beklagten sachdienlich ist.
Die Frage zu 1. betrifft die Prozeßführungsbefugnis des Klägers in Form der sog Prozeßstandschaft als Sachurteilsvoraussetzung, um – ausnahmsweise – ein fremdes Recht im eigenen Namen gerichtlich geltend machen zu können. Hier fehlt es an der Angabe des Klägers, inwieweit die von ihm als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage noch einer höchstrichterlichen Klärung bedarf. Denn der Kläger setzt sich nicht mit der bestehenden Rechtsprechung hinsichtlich der Anforderungen an die Zulässigkeit – hier – einer sog gesetzlichen Prozeßstandschaft auseinander (vgl BSGE 5, 168; 11, 295; 13, 122; 16, 44; 22, 181; 23, 168; 25, 66; 33, 64; 34, 289; 37, 28; 38, 94; 38, 98; 50, 262; 52, 281; 56, 279; 60, 222; 61, 137; 61, 180). In der Beschwerdebegründung zu der für grundsätzlich bedeutsam angesehenen Rechtsfrage ist dazu substantiiert vorzutragen, daß das BSG hierzu noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier für maßgebend gehaltene Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht – hinreichend – beantwortet hat (BSG SozR 1500 § 160a Nr 65). Die Rechtsprechung fordert als Voraussetzung der Zulässigkeit einer gesetzlichen Prozeßstandschaft, daß sie auf einer gesetzlichen Grundlage kraft einer speziellen gesetzlichen Ermächtigung beruht. Soweit der Kläger § 65 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) iVm § 1 Abs 1 OEG als Basis für eine Prozeßstandschaft bewertet, hat er nicht aufgezeigt, woraus er den Schluß zieht, daß § 65 BVG die Befugnis erteilt, im eigenen Namen über ein fremdes Recht einen Prozeß zu führen und daß daher dazu eine – weitere – höchstrichterliche Klärung erforderlich ist. Dazu fehlen Ausführungen des Klägers. Soweit er eine Befugnis des Trägers der Versorgung nach dem OEG, ein fremdes Recht im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen, aus dessen Interesse an einer alsbaldigen verbindlichen Entscheidung darüber, welche Leistungsansprüche dem Beigeladenen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zustehen, ableitet, reicht dies nicht für eine gesetzliche Prozeßstandschaft. Erforderlich ist vielmehr, daß dieses Rechtsschutzbedürfnis generell im Gesetz iS einer Vermutung zum Ausdruck kommt (Bley in GesamtKomm, § 70 SGG, Anm 3f, aa).
Der Kläger beruft sich hinsichtlich der Rechtsfrage, ob dem Träger der Versorgung nach dem OEG eine eigene Klagebefugnis iS einer gesetzlichen Prozeßstandschaft zusteht auf Entscheidungen des BSG (BSGE 34, 289; 61, 180) zur eigenen Klagebefugnis der Krankenkasse für einen Ersatzanspruch nach § 19 BVG. Damit legt er aber die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage nicht schlüssig dar. Wenn das BSG zwar die als rechtlich bedeutsam angesehene Frage noch nicht ausdrücklich entschieden hat, es sich aber – den Vortrag des Klägers als richtig unterstellt – bei § 19 BVG um eine dem § 65 BVG iVm § 1 Abs 1 OEG vergleichbare Regelung handelt und zu der vergleichbaren Regelung schon höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte dafür ergeben, wie die konkret aufgeworfene Frage zu beantworten ist, so ist eine die Bedeutung einer Norm betreffende Rechtsfrage nicht mehr klärungsbedürftig (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8).
Ungeachtet dessen hat der Kläger die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage schon deshalb nicht schlüssig vorgetragen, weil er bezüglich der Tatbestandswirkung von einem unzutreffenden Ansatz ausgeht. Denn es handelt sich entgegen der Ansicht des Klägers bei der für den Träger der Versorgung nach dem OEG maßgebenden Ruhensbestimmung des § 65 BVG iVm § 1 Abs 1 OEG nicht um eine mit der eigenen Klagebefugnis der Krankenkasse bei einem Erstattungsanspruch vergleichbare Regelung. Die Rechtsprechung des BSG zum eigenen Klagerecht der Krankenkasse unabhängig vom Tätigwerden des Geschädigten bei einem Ersatzanspruch gemäß § 19 BVG beruht auf dem Umstand, daß dem Anerkennungsbescheid nach dem BVG zugleich „Tatbestandswirkung” für eine Erstattung nach § 19 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 BVG „anerkannte Schädigungsfolgen”) zukommt (BSGE 34, 289; 52, 281; 61, 180; BSG Urteil vom 27. Januar 1982 – USK 82124). Daß auch § 65 BVG iVm § 1 Abs 1 OEG eine derartige Tatbestandswirkung zukommen soll, hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Es ist nicht ersichtlich, woraus er sie ableitet. Vielmehr hat die bindende oder rechtskräftige Versagung der Leistung des Unfallversicherungsträgers im Gegensatz zur Regelung des § 19 BVG keine bindende Wirkung gegenüber dem Träger der Versorgung nach dem OEG, auch wenn in diesem Bescheid über eine Voraussetzung für den Erstattungsanspruch entschieden wird (BSG SozR 1300 § 104 Nr 6; KassKomm-Kater, § 103 SGB X, Anm RdNrn 45 ff und 54 ff mwN).
Damit ist für den vorliegenden Rechtsstreit die vom Kläger als grundsätzlich bedeutsam angesehene Frage zu 1. nicht als klärungsbedürftig iS einer grundsätzlichen Bedeutung dargelegt.
Hinsichtlich der Rechtsfragen zu 2. und 3., denen ebenfalls grundsätzliche Bedeutung beigemessen wird, hat der Kläger nicht aufgezeigt, ob und inwieweit zu den von ihm aufgeworfenen Fragen durch die Rechtsprechung des BSG bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen diese für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits noch einer weiteren Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung durch das Revisionsgericht notwendig erscheinen (vgl Krasney/Udsching, aaO, RdNrn 65 ff; Kummer, aaO, RdNrn 116 ff). Im übrigen ist es hinsichtlich der Rechtsfrage zu 2. bezüglich der Zulässigkeit einer Klage auf Feststellung unverständlich, daß der Kläger dieser Frage noch grundsätzliche Bedeutung beimessen will. Denn das BSG hat die Zulässigkeit der Feststellungsklage bejaht (BSG SozR 3-2200 § 541 Nr 2). Diesen Rechtsstreit hat der Kläger selbst als Feststellungskläger geführt.
Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen