Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 20.07.2017; Aktenzeichen L 7 AS 2130/14)

SG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 10.04.2014; Aktenzeichen S 18 AS 6253/11)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. Juli 2017 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG).

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision ua zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2). Beide vorliegend geltend gemachten Zulassungsgründe hat der Kläger in der Begründung der Beschwerde nicht schlüssig dargelegt oder bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die Revisionszulassung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG prüfen zu können (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 181). Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl Krasney/Udsching, aaO, IX. Kap, RdNr 65 f). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16).

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet sie die Frage:

"Kann für den in einer eheähnlichen Gemeinschaft (Bedarfsgemeinschaft) lebende, leistungsfähige Partner eine Einstandspflicht für den bedürftigen Partner nach SGB II wie in einer Ehe angeordnet werden, solange keine (wenigstens teilweise) Gleichstellung zwischen der ehelicher Gemeinschaft und der Ehe erfolgt ist?"

Zur Darlegung von deren Klärungsbedürftigkeit hätte es einer Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BSG zur Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c, Abs 3a SGB II (vgl nur BSG vom 23.8.2012 - B 4 AS 34/12 R - BSGE 111, 250 = SozR 4-4200 § 7 Nr 32; BSG vom 12.10.2016 - B 4 AS 60/15 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 51; vgl zu § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c, Abs 3a SGB II auch BVerfG ≪Kammer≫ vom 5.5.2009 - 1 BvR 255/09 - juris RdNr 5) und damit bedurft, in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung dieser Rechtsprechung zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint. Daran fehlt es. Die Wertung in der Beschwerdebegründung, dass wegen einer Untätigkeit des Gesetzgebers, der das Gebot des BVerfG einer Angleichung von eheähnlicher Gemeinschaft und Ehe missachtet habe, sämtliche Fassungen des § 7 SGB II mit Art 3 Abs 1 GG nicht vereinbar seien, ersetzt nicht die erforderliche substantielle Auseinandersetzung mit den einschlägigen oberstgerichtlichen Entscheidungen und die Darlegung, dass sich aus diesen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8).

Für die Bezeichnung der hier geltend gemachten Abweichung (Divergenz) vom BVerfG ist aufzuzeigen, mit welcher genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angefochtene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage des BVerfG abweicht. Daran fehlt es, weil schon kein eigener Rechtssatz des LSG benannt, sondern ausgeführt wird, dass das LSG einen Rechtssatz des BSG unter Verkennung dessen Inhalts zugrunde gelegt habe. Aufgezeigt wird hiermit auch nicht, dass das LSG den Kriterien widersprochen hat, die das BVerfG aufgestellt hat, und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (vgl zu dieser Anforderung BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29, 54 und 67; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 196 mwN).

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11554090

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