Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Beiordnung eines Notanwalts. Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung

 

Orientierungssatz

1. Die Beiordnung eines so genannten Notanwalts (§ 78b ZPO) setzt neben dem Antrag des Beteiligten voraus, dass der Beteiligte einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

2. Von einer Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung ist auszugehen, wenn sich aus den Akten kein Grund ergibt, der die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte (vgl BFH vom 11.5.2007 - III S 37/06 (PKH) = BFH/NV 2007, 1527; BAG vom 28.12.2007 - 9 AS 5/07 = BAGE 125, 230 = NJW 2008, 1339).

 

Normenkette

SGG § 202; ZPO § 78b Abs. 1

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 10.10.2007; Aktenzeichen L 12 AL 252/04)

SG Duisburg (Urteil vom 23.08.2004; Aktenzeichen 27 AL 112/04)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Oktober 2007 - L 12 AL 252/04 - Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird abgelehnt.

Der Antrag, ihm für das Beschwerdeverfahren einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten in der Hauptsache darüber, ob dem Kläger ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 14.000,00 DM (= 7.158,09 Euro) nebst 4 % Zinsen seit dem 11. Dezember 1985 zusteht.

1. Dem Kläger steht Prozesskostenhilfe nicht zu, da seine Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫, § 114 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫). In einer Nichtzulassungsbeschwerde wird sich keiner der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Gründe, die zur Zulassung der Revision führen können, mit Aussicht auf Erfolg darlegen oder bezeichnen lassen.

1.1 Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Nach den für die Behandlung von Zulassungsgründen maßgebenden tatsächlichen Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) und dessen Rechtsausführungen zu der hier erhobenen Leistungsklage ist nicht ersichtlich, dass eine Beschwerde Rechtsfragen aufwerfen könnte, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig sind (vgl ua BSG SozR 3-1500 § 160a Nrn 23, 60 und 65). An einer grundsätzlichen Bedeutung fehlt es, weil im Verfahren - auch unter Berücksichtigung des umfangreichen Vorbringens des Klägers und der Schriftsätze seines (damaligen) Prozessbevollmächtigten - in erster Linie tatsächliche Vorgänge aus dem Jahr 1985 und deren Würdigung streitentscheidend waren.

1.2 Die Entscheidung des LSG weicht auch nicht von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Insoweit folgt schon aus dem in erster Linie auf tatsächlichen Grundlagen beruhenden Streitstoff, dass eine Divergenz, die einen Unterfall der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache darstellt, nicht vorliegt.

1.3 Schließlich ist nicht ersichtlich, dass in einer Nichtzulassungsbeschwerde ein Verfahrensmangel geltend gemacht werden könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Hierbei ist mit Rücksicht auf den Inhalt der Entscheidung des LSG zu beachten, dass kraft ausdrücklicher Regelung in § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ein geltend gemachter Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Entscheidung nach freier, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnener Überzeugung) gestützt werden kann. Auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) kann eine Verfahrensrüge nur gestützt werden, wenn der geltend gemachte Verfahrensmangel sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Gründe nicht gefolgt ist. Hierzu muss dargelegt werden, dass der Beweisantrag im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zumindest aufrecht erhalten worden ist (vgl Meyer-Ladewig, 8. Aufl 2005, § 160 RdNr 18 b mwN). Ein derartiges Vorbringen wird ausweislich der Sitzungsniederschrift über die öffentliche Sitzung vom 10. Oktober 2007, in der das LSG drei Zeugen gehört hat, nicht möglich sein.

2. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vor, so entfällt damit zugleich auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 73a SGG.

Als Rechtsgrundlage für die Beiordnung eines Rechtsanwalts außerhalb des Prozesskostenhilfeverfahrens kommt zwar grundsätzlich die nach § 202 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbare Vorschrift über die Beiordnung eines so genannten Notanwalts (§ 78b ZPO) in Betracht. Die Beiordnung setzt neben dem Antrag des Beteiligten voraus, dass der Beteiligte einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Es ist schon zweifelhaft, ob im Fall des Klägers die von der Rechtsprechung zum Merkmal des "Nicht-Findens" entwickelten Voraussetzungen erfüllt sind (BGH, Beschluss vom 25. Januar 2007 - IX ZB 186/06; BSG, Beschluss vom 16. Oktober 2007 - B 6 KA 3/07 S, jeweils dokumentiert in juris). Jedenfalls erscheint die beabsichtigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision aussichtslos. Von einer Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung ist auszugehen, wenn sich aus den Akten kein Grund ergibt, der die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte (BFH, Beschluss vom 11. Mai 2007 - III S 37/06 ≪PKH≫, BFH/NV 2007, 1527; BAG, Beschluss vom 28. Dezember 2007 - 9 AS 5/07). Zulassungsgründe sind - wie bereits ausgeführt worden ist - nicht ersichtlich.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2878803

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