Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Bedürftigkeit. Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Form. PKH-Formularverordnung. Beschwerdefrist. Vorhandene Mittel. Lebensunterhalt. Angaben zu Wohnkosten
Leitsatz (redaktionell)
1. Zur Darlegung seiner Bedürftigkeit hat sich der Beteiligte grundsätzlich der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form zu bedienen, d.h. er muss das mit dem durch die PKH-Formularverordnung vom 6.1.2014 (BGBl I 34) eingeführte Formular bis zum Ablauf der Beschwerdefrist einreichen.
2. Wird PKH von Personen beantragt, die nach ihren Angaben keine Sozialhilfe beziehen, muss im Einzelnen dargelegt und glaubhaft gemacht werden, wie von den vorhandenen Mitteln der Lebensunterhalt finanziert wird.
3. Es bestehen erhebliche Zweifel an der Bedürftigkeit, solange die Kläger nicht bereit sind anzugeben, wo sie wohnen, sondern sämtliche Angaben zu Wohnkosten verweigern und damit eine nachvollziehbare Darstellung dieses ganz erheblichen Teils der Lebenshaltungskosten fehlt.
Normenkette
SGG § 73a; ZPO §§ 114, 117 Abs. 2, 4, § 121
Verfahrensgang
SG Koblenz (Entscheidung vom 23.07.2018; Aktenzeichen S 16 SO 104/17) |
LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 04.12.2018; Aktenzeichen L 4 SO 113/18) |
Tenor
Die Anträge der Kläger, ihnen für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 4. Dezember 2018 - L 4 SO 113/18 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt Dr. G. beizuordnen, werden abgelehnt.
Die Beschwerden der Kläger gegen das bezeichnete Urteil werden als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Kläger, die nach ihren Angaben seit Februar 2015 in H./Österreich nahe der Grenze zur Slowakischen Republik leben, machen vorliegend Ansprüche auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) geltend, die der Beklagte, in dessen Zuständigkeitsbereich sie zuletzt im Bundesgebiet gewohnt haben, abgelehnt hat. Die im Juni 2017 nur von der Klägerin erhobene Leistungsklage hat keinen Erfolg gehabt; das Sozialgericht (SG) Koblenz und das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz haben die Klage als unzulässig angesehen, weil eine echte Leistungsklage vorliegend nicht statthaft sei (Gerichtsbescheid des SG vom 23.7.2018; Urteil des LSG vom 4.12.2018). Die Berufung des Klägers sei unzulässig, weil er durch den Gerichtsbescheid des SG nicht beschwert sei.
Die Kläger haben hiergegen beim Bundessozialgericht (BSG) Beschwerden eingelegt und zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und die Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. G. beantragt.
II
Voraussetzung der Bewilligung von PKH und der damit verbundenen Beiordnung eines Rechtsanwalts ist neben den erforderlichen Erfolgsaussichten in der Sache, dass der Beteiligte nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann (vgl § 73a Abs 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫, § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫). Die notwendige Prüfung kann der Senat mangels nachvollziehbarer Angaben der Kläger zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht durchführen, sodass die Bewilligung von PKH ohne Prüfung der Erfolgsaussichten abzulehnen ist.
Zur Darlegung seiner Bedürftigkeit hat sich der Beteiligte nach der Rechtsprechung des BSG und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes grundsätzlich der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Erklärung) in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs 1 SGG, § 117 Abs 2 und 4 ZPO) zu bedienen, dh er muss das mit dem durch die PKH-Formularverordnung vom 6.1.2014 (BGBl I 34) eingeführte Formular bis zum Ablauf der Beschwerdefrist einreichen (BSG SozR 1750 § 117 Nr 1 und 3; BSG Beschluss vom 3.4.2001 - B 7 AL 14/01 B; BGH VersR 1981, 884; BVerfG SozR 1750 § 117 Nr 2 und 6; BVerfG NJW 2000, 3344). Wird PKH von Personen beantragt, die nach ihren Angaben keine Sozialhilfe beziehen, muss im Einzelnen dargelegt und glaubhaft gemacht werden, wie von den vorhandenen Mitteln der Lebensunterhalt (hier für zwei Personen) finanziert wird (zuletzt etwa Bundesgerichtshof ≪BGH≫ Beschluss vom 16.11.2017 - IX ZA 21/17 - NJW-RR 2018, 190 RdNr 7 mwN). Hieran fehlt es. Die Kläger haben sich zwar des Formulars bedient, aber keine lückenlosen Angaben im Formular gemacht. Sie haben (unter Bezugnahme auf ein früheres Verfahren) lediglich angegeben, verschiedene Rentenleistungen von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bayern Süd, der DRV Bund und der slowakischen Sociálna Poistovna in Höhe von insgesamt 589,12 Euro monatlich zu erhalten. Zwar hat der Senat die (auch in der Vergangenheit unvollständigen) Angaben der Kläger (bei gleichzeitiger Vorlage von Kontoauszügen) zuletzt im August 2018 für die Bewilligung von PKH ausreichen lassen. Es ist mittlerweile von den Klägern aber klargestellt worden, dass die Anschrift der Caritas in H. von ihnen nur zum Zwecke der Zustellung genannt worden ist; die ursprüngliche Annahme des Gerichts, hier würden die Kläger auch wohnen (und sei es in einer Notunterkunft oä), hat sich damit als falsch erwiesen. Es bestehen jedoch erhebliche Zweifel an der Bedürftigkeit, solange die Kläger nicht bereit sind anzugeben, wo sie wohnen, sondern sämtliche Angaben zu Wohnkosten verweigern und damit eine nachvollziehbare Darstellung dieses ganz erheblichen Teils der Lebenshaltungskosten fehlt. Darauf hat das Gericht sie hingewiesen und im Einzelnen nachgefragt, ob sie obdachlos sind oder wo sonst sie - ohne hierfür Kosten zu zahlen - leben (Schreiben vom 16.4.2019). Eine nachvollziehbare Antwort ist nicht gegeben worden; die Kläger haben lediglich ihre Auffassung zu den Erfolgsaussichten in der Hauptsache wiederholt (Schreiben vom 3.5.2019). Der vage Hinweis am Schluss des Antwortschreibens, dass Hilfe von "Verwandten, Bekannten in mehreren EU-Ländern" erfolgt, ist nicht ausreichend konkret. Ohne nähere Angaben über den Umfang solcher Leistungen Dritter und die Dauer, also seit wann diese geleistet werden, kann die Bedürftigkeit nicht geprüft werden. Der Aufforderung, die Kontoauszüge nunmehr für das erste Quartal 2019 vorzulegen, sind die Kläger ebenfalls nicht nachgekommen. Es ist weder ersichtlich noch von den Klägern dargetan, dass sie an den notwendigen Angaben ohne Verschulden gehindert waren. Ihre fehlerhafte Rechtsansicht, weitere Angaben seien in ihrem Fall nicht notwendig, kann ihr Versäumnis nicht entschuldigen.
Da den Klägern keine PKH zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.
Die von den Klägern selbst eingelegten Beschwerden entsprechen nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Sie können beim BSG wirksam nur durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt werden (§ 73 Abs 4 SGG). Darauf sind die Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils hingewiesen worden. Die Entscheidung erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13287099 |