Verfahrensgang
LSG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 25.02.1998) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 25. Februar 1998 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung von Kindergeld (Kg) für einen Zeitraum, in dem seine Tochter D … (D) als sog Au-pair-Mädchen im Ausland beschäftigt war und zur Vervollständigung ihrer Englischkenntnisse eine Sprachschule besuchte. Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, auch für diesen Zeitraum Kg weiter zu gewähren, das Landessozialgericht (LSG) hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der die Kg-Bewilligung teilweise aufhebende Bescheid der Beklagten – es verblieben noch zwei weitere berücksichtigungsfähige Kinder – sei rechtmäßig, weil sich die Tochter D des Klägers während des streitigen Zeitraums nicht in Schul- oder Berufsausbildung befunden habe. Eine Beschäftigung als sog Au-pair-Mädchen im Ausland sei allein keine Berufsausbildung. Der Erwerb der an einer Sprachschule vermittelten Sprachkenntnisse sei keine notwendige Voraussetzung für die Ausbildung zur Hotelfachfrau. Kg könne auch nicht wegen Fehlens eines Ausbildungsplatzes gewährt werden, weil D für ihre Au-pair-Tätigkeit Sachbezüge von wenigstens 400 DM bezogen habe. Das LSG hat die Revision nicht zugelassen.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht in der durch §§ 160 Abs 2 und 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) festgelegten Form begründet worden ist. Sie ist deshalb entsprechend § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (vgl BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 30). Der Beschwerdeführer weist zwar auf Zulassungsgründe hin, die in § 160 Abs 2 SGG genannt sind. Er behauptet, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG und sie weiche iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) ab. Damit sind diese Zulassungsgründe aber nicht so dargelegt und bezeichnet, wie § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dies verlangt.
1. Zur Begründung der Grundsätzlichkeit der Rechtssache muß erläutert werden, daß und warum in dem angestrebten Revisionsverfahren eine Rechtsfrage erheblich sein würde, die über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat und klärungsbedürftig ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 13). Hinsichtlich der vom Kläger unter 1. bezeichneten Rechtsfrage fehlt es deshalb an der hinreichenden Darlegung der Klärungsbedürftigkeit, weil das BSG zu der von ihm bezeichneten Frage, ob einer Berufsausbildungsverordnung „Normcharakter” zukommt und ob auch für die Notwendigkeit einer Zusatzqualifikation allein auf die Ausübungs- und Zugangsvoraussetzungen in einer Berufsausbildungsverordnung abgestellt werden darf, bereits mehrere Entscheidungen getroffen hat. Der Kläger führt zwar die Urteile des BSG vom 12. Dezember 1984 (10 RKg 12/84 = SozR 5870 § 2 Nr 39) und vom 29. Januar 1985 (10 RKg 16/84 = SozR 5870 § 2 Nr 41) auf und er begründet die Notwendigkeit einer erneuten Prüfung der genannten Rechtsfragen mit geänderten Voraussetzungen auf dem Ausbildungsmarkt. Das reicht jedoch nicht aus. Zwar kann auch eine bereits entschiedene Rechtsfrage erneut klärungsbedürftig werden, insbesondere wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse in dem zugrundeliegenden Lebensbereich grundlegend geändert haben (vgl Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 123). Der Kläger hat jedoch unberücksichtigt gelassen, daß die genannte Rechtsprechung vom BSG zuletzt noch in der Entscheidung vom 22. November 1994 (10 RKg 17/92 = SozR 3-5870 § 2 Nr 29) bestätigt worden ist. Der Kläger hätte unter diesen Umständen darlegen müssen, daß an dieser neuesten Rechtsprechung des BSG seither in der Instanzrechtsprechung oder im Schrifttum Kritik geäußert worden ist oder zumindest, daß sich seit dem die Anforderungen an Zusatzqualifikationen als Voraussetzung für den Erwerb eines Ausbildungsplatzes deutlich geändert haben. Ferner hätte sich der Kläger insbesondere mit den Urteilen des BSG vom 17. Mai 1989 (10 RKg 5/88) und 22. Juni 1994 (10 RKg 30/93 = SozR 3-5870 § 2 Nr 26) auseinandersetzen müssen, die sich speziell mit der Teilnahme an Sprachkursen im Ausland als Berufsausbildungsvoraussetzung beschäftigt haben. Schließlich wäre darzulegen gewesen, inwiefern die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage nicht nur für das ausgelaufene Recht, sondern auch für das ab 1996 völlig neu konzipierte Kg-Recht weiterhin von Bedeutung ist.
2. Der Kläger hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auch nicht bei der von ihm unter 2. aufgeführten Rechtsfrage hinreichend dargelegt. Als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sieht der Kläger an, ob bei der Berechnung des für die Gewährung von Kg maßgebenden Einkommens Sachbezüge stets pauschal entsprechend der jeweils geltenden Sachbezugsverordnung in Ansatz zu bringen sind, ohne daß im Einzelfall zu ermitteln ist, in welchem Umfang freie Verpflegung und Unterkunft in Anspruch genommen wurden und ob Aufwendungen für die Berufsausbildung vom Einkommen abzusetzen sind. Nach den Feststellungen des LSG waren bei der Tochter des Klägers Sachbezüge in Höhe von 505 DM sowie ein monatliches Taschengeld von 40 Pfund zu berücksichtigen. Das SG hatte hieraus Gesamteinkünfte in Höhe von 613 DM ermittelt. Nach dem Beschwerdevorbringen des Klägers soll hiervon jedoch nur ein Betrag von weniger als 400 DM zu berücksichtigen sein, weil das LSG Ausbildungskosten von D zu Unrecht nicht abgesetzt habe; insoweit macht der Kläger zusätzlich Divergenz geltend (Abweichung vom Urteil des BSG vom 22. November 1994, 10 RKg 17/92 = SozR 3-5870 § 2 Nr 29). Darüber hinaus müsse der für Sachbezüge angesetzte Betrag von 505 DM gekürzt werden, weil die Tochter des Klägers freie Kost nur teilweise in Anspruch genommen habe. Die Frage, ob bei nur teilweiser Inanspruchnahme von Sachbezügen Absetzungen von den in der Sachbezugsverordnung festgesetzten Beträgen vorzunehmen seien, sei von grundsätzlicher Bedeutung und vom BSG bislang nicht geklärt.
Auch insoweit bezieht sich der Kläger nur auf abgelaufenes Recht. Außerdem legt er nicht die Entscheidungserheblichkeit der Frage dar. Soweit er nur eine teilweise Inanspruchnahme von Sachbezügen geltend macht, weicht er vom festgestellten Sachverhalt ab, was im Beschwerdeverfahren grundsätzlich unbeachtlich ist.
Die Einkommensgrenze von 400 DM war in der bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Fassung des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) in § 2 Abs 4 geregelt. Danach wurden Kinder auch berücksichtigt, die das 16., aber noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet haben, wenn sie im Geltungsbereich des BKGG ua eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen können. Dies galt allerdings nicht für Kinder, die monatlich wenigstens 400 DM aus einer Erwerbstätigkeit nach Verminderung um Steuern und gesetzliche Abzüge bezogen (Abs 4 Satz 2). Das BKGG in der seit dem 1. Januar 1996 geltenden Fassung sowie das seither für alle unbeschränkt Steuerpflichtigen geltende Kg-Recht des Einkommensteuergesetzes – EStG – (§ 62 ff EStG) sehen für Kinder, die keinen Ausbildungsplatz haben, zwar eine entsprechende Regelung vor (§ 2 Abs 2 Satz 1 Nr 3 BKGG); die Einkommensanrechnung in § 2 Abs 2 Satz 2 BKGG nF (entsprechend § 32 Abs 4 Satz 8 EStG nF) hat sich aber wesentlich geändert. Der Kläger hätte deshalb darlegen müssen, daß die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage nach wie vor von grundsätzlicher Bedeutung ist. Aber auch für das ausgelaufene Recht legt der Kläger schon nicht dar, daß das BSG in einem Revisionsverfahren die Frage der Einkommensanrechnung entscheiden müßte. Nach den Feststellungen des LSG ist schon nicht erkennbar, daß D während ihres Englandaufenthaltes weiterhin einen Ausbildungsplatz in Deutschland gesucht hat, so daß es schon an der Grundvoraussetzung für einen Kg-Anspruch gefehlt haben dürfte.
Nach allem hat der Kläger auch den Zulassungsgrund der Divergenz nicht hinreichend dargelegt. Denn er hat auch insoweit nicht aufgezeigt, daß das angefochtene Urteil auf dem von ihm benannten abweichenden Rechtssatz beruht.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen