Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. Dezember 2022 wird als unzulässig verworfen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 900 Euro festgesetzt.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten über die Verjährung von Ansprüchen auf Aufwandspauschalen.
Das klagende Krankenhaus (im Folgenden: Krankenhaus) behandelte im Jahr 2016 drei bei der beklagten Krankenkasse (KK) Versicherte aufgrund unterschiedlicher Erkrankungen jeweils stationär. Die beklagte KK beglich die Rechnungen zunächst, beauftragte sodann aber jeweils den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer Abrechnungsprüfung. Der MDK kam in allen Fällen zu dem Ergebnis, dass keine Beanstandungen vorlägen. Die Klägerin forderte von der Beklagten daraufhin im November bzw Dezember 2016 in allen Fällen die Zahlung einer Aufwandspauschale iHv jeweils 300 Euro. Die Beklagte lehnte die Zahlung der Aufwandspauschale in allen Fällen ab, weil die Klägerin in ihrem Datensatz die Pflegestufe der bzw des Versicherten nicht angegeben habe, obwohl diese Zusatzangabe seit Januar 2016 zwingend vorgeschrieben sei. Das Krankenhaus hat am 7.12.2020 Klage erhoben. Die KK hat die Verjährung des Klageanspruchs eingewandt.
Das SG hat die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 900 Euro nebst Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins verurteilt (Urteil vom 20.1.2022). Die Klägerin habe das Prüfverfahren nicht durch eine nachweislich fehlerhafte Abrechnung veranlasst. Es sei nicht ersichtlich, dass die KK die fehlenden Angaben zum Anlass für ihre Überprüfungen genommen habe. Bei einem Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale sei die vierjährige Verjährungsfrist in § 45 SGB I als speziellere sozialrechtliche Norm vorrangig anzuwenden. Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Die Ansprüche auf Zahlung der Aufwandspauschalen seien in allen drei Fällen entstanden, nicht untergegangen und darüber hinaus auch noch durchsetzbar. Es greife die vierjährige Verjährungsfrist als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsprinzips des Sozialrechts. Die Rechtsansicht der KK, wonach die Aufwandspauschale eine Art des Aufwendungsersatzes (iS des § 670 BGB) und deshalb die dreijährige Verjährung des bürgerlichen Rechts einschlägig sei, verfange nicht. Ausgehend hiervon könne offenbleiben, ob ein Anspruch auf eine Aufwandspauschale bereits mit Abschluss des Prüfverfahrens entstehe oder aber erst dann, wenn eine Minderung des Abrechnungsbetrages unterbleibe. Denn in jedem Fall hätten die Verjährungsfristen mit Ablauf des Jahres 2016 begonnen und wären damit bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen gewesen (Urteil vom 7.12.2022).
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.
II
Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Maßstabs BVerfG vom 14.4.2010 - 1 BvR 2856/07 - SozR 4-1500 § 160a Nr 24 RdNr 5 f mwN).
Die beklagte KK formuliert die Rechtsfrage,
"ob der Anspruch auf die Aufwandspauschale nach § 275c Abs 1 Satz 2 SGB V der allgemeinen Verjährungsfrist eines allgemeinen Rechtsprinzips des Sozialrechts oder der allgemeinen Verjährungsfrist entsprechend § 195 BGB unterliegt".
Zudem sei die "Frage nach dem Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs, mithin wann der Lauf der Verjährungsfrist beginnt", klärungsbedürftig.
Das Vorbringen der KK genügt den Darlegungsanforderungen nicht.
Die KK hat die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage nicht ausreichend dargetan. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie bereits höchstrichterlich entschieden ist. Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rspr und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG vom 22.2.2017 - B 1 KR 73/16 B - juris RdNr 8 mwN; vgl zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit eines entsprechenden Maßstabs BVerfG ≪Kammer≫ vom 12.9.1991 - 1 BvR 765/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 6 S 10 f = juris RdNr 4). Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, obwohl das BSG sie noch nicht ausdrücklich behandelt hat, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sodass eine weitere Klärung oder Fortentwicklung des Rechts nicht mehr zu erwarten ist (stRspr; vgl zB BSG vom 16.4.2012 - B 1 KR 25/11 B - juris RdNr 7 mwN). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Revisionsgericht schon eine oder mehrere Entscheidungen getroffen hat, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der Frage geben (vgl BSG vom 16.4.2018 - B 8 SO 2/18 B - juris RdNr 9 mwN).
Die KK richtet ihre Beschwerdebegründung hieran nicht aus. Sie legt nicht dar, warum mit Blick auf die vom LSG ausdrücklich herangezogene Rspr des BSG noch weiterer Klärungsbedarf bestehen soll. Danach ist die vierjährige Verjährung gerade Ausdruck eines allgemeinen Rechtsprinzips des Sozialrechts (so zum Vergütungsanspruch des Krankenhauses BSG vom 21.4.2015 - B 1 KR 11/15 R - juris RdNr 13 f mwN; zum Anspruch der KK auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Vergütung BSG vom 23.6.2015 - B 1 KR 26/14 R - juris RdNr 44 mwN; zum Anspruch der KK auf Erstattung einer zu Unrecht gezahlten Aufwandspauschale BSG vom 18.6.2014 - B 3 KR 10/13 R - juris RdNr 12).
Hinsichtlich der weiter aufgeworfenen Frage nach dem Beginn des Laufs der Verjährungsfrist legt die KK die (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) nicht dar. Insoweit wäre darzustellen gewesen, dass das BSG im angestrebten Revisionsverfahren überhaupt über die aufgeworfene Frage entscheiden müsste, die Frage also entscheidungserheblich ist (vgl BSG vom 13.1.2017 - B 12 R 23/16 B - juris RdNr 20; vgl zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Maßstabs BVerfG vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 14 = juris RdNr 8). Dies ist allerdings - wie auch das LSG ausgeführt hat - bei Geltung der vierjährigen Verjährungsfrist nicht der Fall.
2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG.
Fundstellen
Dokument-Index HI15999646 |