Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Verfahrensfehler. Verletzung rechtlichen Gehörs. Durchführung der mündlichen Verhandlung trotz Befangenheitsantrages nach Ablehnung eines Vertagungsantrages. Erledigung des Ablehnungsgesuchs durch Einlassung des Prozessbevollmächtigten in die Verhandlung. verfassungskonforme Auslegung
Orientierungssatz
Ein Verfahrensfehler iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor, wenn der Kläger nach Ablehnung seines Antrages auf Vertagung zwar in der Nacht vor der mündlichen Verhandlung einen Befangenheitsantrag gestellt hat, jedoch der zur mündlichen Verhandlung erschienene Prozessbevollmächtigte des Klägers sich in Kenntnis des Ablehnungsgesuchs in die Verhandlung eingelassen und ausschließlich Sachantrag gestellt hat. Gem § 60 Abs 1 SGG iVm §§ 43, 47 ZPO hat sich das Ablehnungsgesuch in diesem Fall erledigt.
Normenkette
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3, § 62; GG Art. 103 Abs. 1; SGG § 60 Abs. 1; ZPO §§ 43, 47; GG Art. 19 Abs. 4, Art. 101 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. Mai 2015 wird zurückgewiesen.
Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt T F, F, beizuordnen, wird abgelehnt.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. Umstritten ist in der Sache die Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsverwaltungsakts nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). In dem Bescheid wurde ein Geltungszeitraum vom 13.6. bis zum 12.12.2012 genannt, in dem der Kläger "monatlich mindestens vier Bewerbungen" vorzunehmen habe. Die dagegen erhobene Klage ist beim Sozialgericht (SG) ohne Erfolg geblieben. Mit seiner Berufung zum Hessischen Landessozialgericht (LSG) hat der Kläger sein Begehren, den Eingliederungsverwaltungsakt als rechtswidrig aufzuheben, weiterverfolgt.
Mit Ladung vom 25.2.2015 wurde ein Termin zur mündlichen Verhandlung am 22.5.2015 bestimmt. Mit am 19.5.2015 bei dem LSG eingegangenen Schriftsatz teilte der Klägervertreter mit, der Kläger wolle von seinem Grundrecht auf rechtliches Gehör in einer mündlichen Verhandlung Gebrauch machen, dies sei aber am Freitag, den 22.5.2015 nicht möglich. Mit Schreiben vom 20.5.2015 wurde durch den Vertreter des Vorsitzenden mitgeteilt, dass es bei dem Verhandlungstermin vom 22.5.2015 verbleibe. Am selben Tage, nämlich am 20.5.2015, wies der Kläger in einem privatschriftlichen Schreiben, das um 23.09 Uhr beim LSG einging, auf seine verfahrensrechtlichen Grundrechte hin. Mit einem weiteren privatschriftlichen Schreiben vom 21.5.2015, das um 23.59 Uhr bei dem LSG per Telefax einging, lehnte der Kläger die Richter des zuständigen 7. Senats des Hessischen LSG, namentlich die Richter E, R und Prof. Dr. J. B wegen Besorgnis der Befangenheit ab, da die Richter ihm sein grundrechtgleiches Recht auf rechtliches Gehör gemäß Art 103 Grundgesetz (GG) verweigerten.
Am Terminstag hat der Vorsitzende des Senats des LSG die Sache aufgerufen und die Anwesenheit der Beteiligten festgestellt, für den Kläger war sein Prozessbevollmächtigter erschienen. Der Vorsitzende hat die mündliche Verhandlung eröffnet und dem Prozessbevollmächtigten den Schriftsatz des Klägers vom 21.5.2015 zur Kenntnisnahme überreicht. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat diesen Schriftsatz laut Protokoll ohne weitere Erklärung wieder zu den Gerichtsakten zurückgereicht. Der Sachverhalt wurde vorgetragen, die Beteiligten haben das Wort erhalten und der Sach- und Streitstand ist mit ihnen erörtert worden. Sodann sind die Anträge gestellt, vorgelesen und genehmigt worden.
In dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung verkündeten Urteil hat das LSG ausgeführt, der Senat habe in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung eine Entscheidung treffen können, nachdem der anwaltlich vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung seinen Ablehnungsantrag nicht erneuert und statt dessen in der Sache verhandelt und damit zu erkennen gegeben habe, dass er an seinem Ablehnungsgesuch nicht mehr festhalte. Unabhängig davon sei das vom Kläger selbst verfasste Ablehnungsgesuch auch als rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig zurückzuweisen, worüber die abgelehnten Richter selbst hätten entscheiden dürfen. In der Sache hat das LSG die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 15.2.2013 zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde zum Bundessozialgericht (BSG) und beantragt zugleich Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung der Nichtzulassungsbeschwerde. Er macht in erster Linie Verfahrensmängel (§ 160 Abs 2 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) geltend. Das LSG habe zum einen das rechtliche Gehör gemäß Art 103 GG und § 62 SGG im Hinblick auf die "Berücksichtigungs- und Erwägungspflicht" verletzt, weil es sich nicht mit seiner Rechtsansicht, das SGB II werde den Anforderungen des Art 19 Abs 1 Satz 2 GG nicht gerecht und sei bereits aus diesem Grunde grundgesetzwidrig, auseinandergesetzt habe. Weiterhin rügt der Kläger die Verletzung rechtlichen Gehörs im Hinblick darauf, dass die von ihm als befangen abgelehnten Richter E, R und Prof. Dr. J. B an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hätten, ohne sich zuvor gemäß § 44 Abs 3 Zivilprozessordnung (ZPO) zu dem Antrag dienstlich zu äußern. Im Übrigen macht der Kläger den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend.
II. Die Beschwerde des Klägers ist zurückzuweisen, weil die erhobenen Rügen zum Teil unbegründet und zum Teil unzulässig sind.
Die Revision kann nur aus den in § 160 Abs 2 SGG genannten Gründen - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung (Divergenz), Verfahrensmangel - zugelassen werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des LSG abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG erfordern diese Vorschriften, dass der Zulassungsgrund schlüssig dargetan wird (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 34, 47, 58; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX. Kap, RdNr 177 ff mwN). Anderenfalls ist die Beschwerde schon als unzulässig zu verwerfen.
1. Soweit der Kläger eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) im Hinblick auf den Befangenheitsantrag rügt, ist die Beschwerde unbegründet.
Der Senat des LSG hat zu Recht in der geschäftsplanmäßigen Besetzung mit den Richtern E, R und Prof. Dr. J. B entschieden, obwohl der Kläger persönlich diese mit seinem Telefax, das um 23.59 Uhr am Tag vor der Sitzung beim LSG eingegangen ist, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat. Dieses Befangenheitsgesuch des Klägers hatte sich durch das Verhalten seines Rechtsanwalts erledigt, der sich in Kenntnis des Gesuchs in eine Verhandlung eingelassen und ausschließlich einen Sachantrag gestellt hat.
a) Aufgrund dieser Erledigung des Ablehnungsgesuchs kann eine Entscheidung über die weitere Begründung des LSG, das vom Kläger persönlich gestellte Ablehnungsgesuch sei rechtsmissbräuchlich und im Rahmen einer Selbstentscheidung der abgelehnten Richter als unzulässig zurückzuweisen, dahingestellt bleiben, auch wenn gegen diese Ausführungen Bedenken bestehen mögen, weil ein Selbstentscheidungsrecht der abgelehnten Richter nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nur zulässig ist, wenn es sich um eine echte Formalentscheidung handelt oder ein offensichtlicher Missbrauch des Ablehnungsrechts verhindert werden soll (BVerfG Kammerbeschluss vom 15.6.2015 - 1 BvR 1288/14 - juris RdNr 17).
b) Die Erledigung des Ablehnungsgesuchs des Klägers folgt aus § 60 Abs 1 SGG iVm §§ 43, 47 ZPO. Nach § 43 ZPO kann eine Partei einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat. Die Vorschrift ist ein gegenüber § 295 ZPO speziellerer Heilungstatbestand und trägt dem Umstand Rechnung, dass ein Beteiligter nicht verpflichtet ist, ein Ablehnungsgesuch zu stellen, wenn ein aus seiner Sicht (ggf) bestehender Befangenheitsgrund vorliegt. Auf der anderen Seite soll der Beteiligte mit der Geltendmachung seines Grundes nicht bis zu der (für ihn ggf negativen) Entscheidung des Gerichts warten können (vgl nur Vollkommer in Zöller, ZPO, 30. Aufl 2014, § 43 RdNr 8).
Nach § 47 Abs 1 ZPO hat ein abgelehnter Richter vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub dulden. Der durch das erste Justizmodernisierungsgesetz vom 24.8.2004 (BGBl I 2198) eingeführte Abs 2 lautet: "Wird ein Richter während der Verhandlung abgelehnt und würde die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung der Verhandlung erfordern, so kann der Termin unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden. Wird die Ablehnung für begründet erklärt, so ist der nach Anbringung des Ablehnungsgesuchs liegende Teil der Verhandlung zu wiederholen." Zweck dieser Regelung ist es, nur der Verzögerung dienenden Ablehnungsgesuchen vorzubeugen und eine Vertagung bei letztlich unbegründeter Ablehnung zu vermeiden (vgl Begründung des Gesetzentwurfs: BT-Drucks 15/1508 S 16).
Die übereinstimmenden, aber in sich widerstreitenden Ziele beider genannten Regelungen sind einerseits die Vermeidung von unnötigen Verfahrensverzögerungen zur Gewährleistung eines effektiven und zeitnahen Rechtsschutzes gemäß Art 19 Abs 4 GG und andererseits die Garantie eines unparteilichen Richters nach Art 101 Abs 1 Satz 1 GG (siehe BVerfG Beschluss vom 15.6.2015, aaO - juris RdNr 14 f). Ausgehend von den verfassungsrechtlichen Anforderungen an den gesetzlichen Richter kann die Erledigung eines zuvor vom Kläger persönlich erhobenen Ablehnungsgesuchs aufgrund des nachfolgenden Verhaltens seines Rechtsanwalts nur in eng begrenzten Fallgestaltungen wie der vorliegenden angenommen werden.
Grundsätzlich muss über ein Befangenheitsgesuch, das vor einer Sitzung bei Gericht eingeht, vor Eintritt in die mündliche Verhandlung entschieden werden. Die Vermeidung einer Terminsverlegung bei einem Ablehnungsgesuch, das kurze Zeit vor der mündlichen Verhandlung eingeht und nicht rechtsmissbräuchlich, formelhaft oder nicht begründet ist und eine dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters erfordert (§ 44 Abs 3 ZPO; vgl zu Ausnahmen Vollkommer, aaO, § 44 RdNr 4), zu der zumindest der ablehnenden Partei rechtliches Gehör zu gewähren ist (vgl Vollkommer, aaO, § 46 RdNr 3), ist oftmals praktisch nicht möglich. Zu erreichen ist die Vermeidung einer Terminsverlegung nur unter Einbeziehung des Umstands, dass die Beteiligten zur Durchführung der mündlichen Verhandlung am Sitz des Gerichts erschienen sind und ihnen die entsprechenden Schreiben ausgehändigt werden.
Angesichts dessen kann es nicht beanstandet werden, dass der Vorsitzende des Senats des LSG zur Vermeidung der sonst wohl notwendigen Terminsverlegung die Sache aufgerufen und dem anwaltlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers das Telefax seines Mandanten aus der Nacht zuvor mit dem Ablehnungsgesuch ausgehändigt und damit zur Kenntnis gebracht hat. Erst nach Rückgabe des Telefaxes seitens des Rechtsanwalts an das Gericht ist, wie sich aus der Niederschrift über die Sitzung des Senats des LSG ergibt, dieses in die mündliche Verhandlung mit dem Vortrag des Sachverhalts und der Erörterung des Sach- und Streitstands eingetreten, die schließlich zur Stellung von Sachanträgen seitens der Beteiligten führte. Der Rechtsanwalt des Klägers hat demgemäß in Kenntnis des Ablehnungsgesuchs und des darin geltend gemachten Grundes zur Sache verhandelt, was nicht zwingend gewesen wäre. Indem er es aber getan hat, muss sich der Kläger die Erledigung seines Ablehnungsgesuchs entgegenhalten lassen. Seitens des LSG ist kein inkorrektes Verhalten feststellbar, das dem Kläger sein Ablehnungsrecht beschneiden will, sondern das Bemühen, den Rechtsstreit im Hinblick auf die erfolgte Terminierung an diesem Tag und in Wahrung der Rechte der Beteiligten einschließlich des rechtlichen Gehörs des anwaltlich vertretenen Klägers ohne Verfahrensverzögerung zu Ende zu führen.
2. Soweit der Kläger eine Gehörsverletzung wegen einer mangelnden Befassung des LSG mit seiner - des Klägers - Rechtsansicht rügt, das SGB II werde als grundrechtseinschränkendes Gesetz den sich aus Art 19 Abs 1 Satz 2 GG ergebenden Anforderungen an das Zitiergebot nicht gerecht und sei bereits aus diesem Grunde grundgesetzwidrig, ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht ausreichend dargelegt.
Aus dem Vortrag des Klägers selbst ergibt sich, dass er seine Rechtsansicht in verschiedenen Schriftsätzen verdeutlicht hat, er sich also ausreichend äußern konnte. Soweit der Kläger diesbezüglich beanstandet, das Gericht habe seine Ausführungen nicht in Erwägung gezogen, hat er sich nicht mit der Rechtsprechung des BVerfG auseinandergesetzt, wonach das Gericht sich nicht mit jedem Vorbringen oder jeder Rechtsauffassung befassen muss. Es braucht vielmehr nur auf das für das Verfahren wesentliche und nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserhebliche Vorbringen einzugehen und darf dabei auch rechtliche Ausführungen unerwähnt lassen, die nach seinem Rechtsstandpunkt unerheblich sind (vgl BVerfGE 69, 141, 144; 79, 51, 61; 96, 205, 216).
3. Die Voraussetzungen des geltend gemachten Zulassungsgrunds der Divergenz sind ebenfalls nicht ausreichend dargelegt, insofern ist die Beschwerde bereits unzulässig (§ 160a Abs 2 und Abs 4 Satz 1 Halbs 2 SGG).
Eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann hinreichend dargetan, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 21, 29 und 54). Eine Divergenz liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG aufgestellt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien ausdrücklich widersprochen und andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (vgl Krasney/Udsching, aaO, IX. Kap, RdNr 196 mwN; BSG SozR 1500 § 160a Nr 29).
Es fehlt vorliegend bereits an der Herausarbeitung eines Rechtssatzes, dem das LSG widersprochen haben soll. Der Kläger hat ausgeführt, das BSG habe in seinem Urteil vom 26.10.1989 (9 RV 7/89 - SozR 3100 § 81c Nr 1) die Auffassung vertreten, dass für die Teilrechtswidrigkeit § 40 Abs 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch heranzuziehen sei. Dagegen führe das LSG in seinem Urteil vom 22.5.2015 auf Seite 6 aus, soweit der Kläger rüge, der Eingliederungsverwaltungsakt enthalte nur pauschal Rechtsfolgenbelehrungen, verkenne er, dass eine nicht ausreichende oder nicht hinreichend konkrete Rechtsfolgenbelehrung allenfalls Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit eines nachfolgenden Sanktionsbescheids haben könne, nicht jedoch die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsakts selbst berühre. Insoweit bleibt offen, inwiefern das LSG sich bei der Beurteilung des vorliegenden konkreten Sachverhalts ausdrücklich von der zitierten Entscheidung des BSG abgewandt haben und welche sich widersprechenden Maßstäbe es damit aufgestellt haben soll.
Soweit der Kläger weiterhin Divergenz in Bezug auf die Frage der Geltungsdauer eines Eingliederungsverwaltungsakts geltend macht, fehlt es an der genauen Bezeichnung eines Rechtssatzes in dem in Bezug genommenen Urteil des BSG vom 14.2.2013 (B 14 AS 195/11 R - BSGE 113, 70 = SozR 4-4200 § 15 Nr 2) und die wiederum mangelnde Bezeichnung eines Rechtssatzes in dem Urteil des LSG. Dieses hat in seinem Urteil lediglich auf Seite 17 Ausführungen zum Geltungsbeginn gemacht, zur Geltungsdauer dagegen nicht Stellung genommen.
4. Die Beschwerdebegründung des Klägers wird auch den Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht gerecht. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Nach den sich aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG ergebenden Anforderungen muss ein Beschwerdeführer dazu anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen erwarten lässt (vgl Krasney/Udsching, aaO, IX. Kap, RdNr 63 ff).
Der Kläger hat folgende Rechtsfragen formuliert:
1. "Ob das SGB II im Hinblick auf die Einschränkung von Grundrechten mit dem Grundgesetz vereinbar ist, insbesondere, ob durch dieses das Zitiergebot des Art 19 Abs 1 Satz 2 GG gewahrt wird."
2. "Ob ein erwerbsfähiger Arbeitslosengeld II-Bezieher im Rahmen von Eingliederungsvereinbarung oder Eingliederungsverwaltungsakt dazu verpflichtet werden kann, einerseits Bewerbungsbemühungen zu entfalten und andererseits an einer Arbeitsgelegenheit teilzunehmen."
Zu der ersten Frage hat der Kläger zwar eine Reihe von Gerichtsentscheidungen zitiert, aber nicht dargelegt, dass die von ihm vertretene Rechtsauffassung, das SGB II sei im Hinblick auf die Einschränkung von Grundrechten mit dem Grundgesetz unvereinbar, in Rechtsprechung und Literatur ernsthaft vertreten wird. Die bloße Behauptung der Verfassungswidrigkeit des SGB II reicht für die Begründung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache nicht aus, vielmehr hätte unter Auswertung der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden müssen (s Krasney/Udsching, aaO, IX. Kap, RdNr 132 ff mwN).
Bezüglich der zweiten Rechtsfrage fehlt es an der Darlegung der grundsätzlichen Klärungsfähigkeit angesichts der zur Beantwortung der Frage notwendigen Einzelfallprüfung sowohl hinsichtlich des Umfangs der Bewerbungsbemühungen als auch der Art und des Umfangs der Arbeitsgelegenheit.
5. PKH gemäß § 73a SGG iVm § 114 ZPO ist dem Kläger nicht zu bewilligen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Da der Kläger keinen Anspruch auf PKH hat, ist auch der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 73a SGG iVm § 121 ZPO) abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen