Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. Mai 2000 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
Wegen eines operierten Bandscheibenvorfalls gewährte die Beklagte dem Kläger bis zum 31. März 1996 eine Zeitrente wegen Erwerbsunfähigkeit. Mit Bescheid vom 23. Januar 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 1997 lehnte die Beklagte die Weitergewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente ab. Mit Urteil vom 11. Mai 2000 hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts (SG) im wesentlichen mit folgender Begründung zurückgewiesen: Der Kläger sei seit 1. April 1996 wieder in der Lage, leichte Tätigkeiten mit betriebsüblichen Einschränkungen vollschichtig zu verrichten. Das im Vordergrund stehende Krankheitsbild eines Postnukleotomiesyndroms mit rechtsseitigen Lumboischialgien und Parese der Fußheber und Zehenstrecker sei im Verwaltungsverfahren eingehend gewürdigt worden und Gegenstand des vom SG beigezogenen Gutachtens von Prof. Dr. Kü. … vom 25. Mai 1998 gewesen. Die Parese der Fußheber und Zehenstrecker sei durch entsprechend zugerichtetes Schuhwerk ausgleichbar, wie Dr. Ka. … nachvollziehbar dargelegt habe. Das vom LSG eingeholte Gutachten von Dr. Ne. … habe demgegenüber nicht zu überzeugen vermocht. Der von Dr. N. mitgeteilte Befund sei eher dürftig und weiche nicht wesentlich von früher erhobenen Befunden anderer Ärzte ab. Die subjektiven Beschwerdeangaben des Klägers seien von Dr. Ne. … nach Auffassung des Berufungssenats überbewertet worden. Letztlich weise das Gutachten von Dr. Ne. … einen Mangel auf, der die Leistungsbeurteilung erheblich entwerte, denn Dr. Ne. … habe zur Begründung der Leistungsunfähigkeit einen Bandscheibenvorfall herangezogen, obwohl es sich nach der von ihm veranlaßten Computertomographie lediglich um eine geringe Bandscheibenvorwölbung handele. Eine nochmalige Anhörung des Sachverständigen Dr. Ne. … sowie die Einholung eines neurologischen Obergutachtens seien nicht geboten gewesen, weil die Gesundheitsstörungen und das Leistungsvermögen des Klägers als geklärt anzusehen seien.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger beim Bundessozialgericht (BSG) Beschwerde eingelegt. Er beruft sich auf das Vorliegen von Verfahrensmängeln.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, daß ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) wie bei einer Verfahrensrüge innerhalb einer zugelassenen Revision zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 14, 24, 34, 36). Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, daß und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, daß also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 14, 36; BVerwGE 13, 338, 339; BVerwG NJW 1976, 1705; BVerfG NVwZ 1982, 433, 434; BGH NJW 1987, 24, 42). Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Im Zusammenhang mit der vom Kläger geltend gemachten Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) ist der Darlegungspflicht nur genügt, wenn die Beschwerdebegründung folgende Punkte enthält: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund deren bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung hätten drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweiserhebung, (4) Schilderung, daß und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (BSG SozR 1500 § 160 Nrn 5, 35 und § 160a Nrn 24, 34). Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Indem der Kläger rügt, das LSG sei dem im Termin unter Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 9. Mai 2000 gestellten Beweisantrag auf Anhörung von Dr. Ne. … zu den von Dr. Ni. … erhobenen Einwendungen nicht gefolgt, mag er einen ordnungsgemäßen Beweisantrag bezeichnet haben, doch lassen die Ausführungen in der Beschwerdebegründung nicht hinreichend klar erkennen, daß sich das LSG zu der beantragten Beweiserhebung hätte gedrängt fühlen müssen. Es fehlt bereits an der ausreichenden Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG und der Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweiserhebung. Hierzu wären insbesondere deshalb nähere Ausführungen erforderlich gewesen, weil mit dem Schriftsatz vom 9. Mai 2000 seitens des Klägers verschiedene Punkte als aufklärungsbedürftig benannt wurden, während sich in der Beschwerdebegründung nicht herausgestellt findet, welcher dieser Punkte vom LSG unter Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung als aufklärungsbedürftig hätte angesehen werden müssen. Zudem fehlt es an der Schilderung, daß das LSG bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der Beweisaufnahme zu einer anderen, für den Kläger günstigeren Entscheidung hätte gelangen können. Selbst wenn dem Vorbringen des Klägers zu entnehmen sein sollte, eine Anhörung von Dr. Ne. … hätte ergeben, daß ein Bandscheibenvorfall und nicht eine Bandscheibenvorwölbung vorliege, mangelt es an Ausführungen dazu, inwieweit dieses Beweisergebnis Auswirkung auf die vom LSG getroffene Entscheidung hätte haben können.
Weiter beanstandet der Kläger, das LSG habe es unterlassen, ein zusätzliches orthopädisches und neurologisches Gutachten einzuholen. Insoweit lassen die Ausführungen des Klägers bereits nicht erkennen, daß es sich um einen prozeßordnungsgemäßen Beweisantrag (vgl hierzu BSG SozR 1500 § 160 Nr 45) gehandelt habe. Hierzu wäre die Darlegung erforderlich gewesen, über welche im einzelnen bezeichneten Punkte (vgl § 403 der Zivilprozeßordnung; siehe hierzu auch Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 214) Beweis erhoben werden sollte und daß es sich nicht nur um eine Beweisanregung gehandelt habe; denn anders als eine Beweisanregung (Beweisantritt) hat nur ein echter Beweisantrag die Warnfunktion, die es rechtfertigt, einen Revisionszulassungsgrund anzunehmen, wenn das LSG dem Antrag zu Unrecht nicht gefolgt ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9; BSG, Beschluß vom 15. März 1999 – B 4 RA 199/98 B). Des weiteren läßt das Beschwerdevorbringen weder deutlich werden, welche Tatsachen durch den vermeintlichen Beweisantrag geklärt werden sollten, noch, welches Ergebnis von der angeblich zu Unrecht unterlassenen Beweisaufnahme zu erwarten gewesen wäre. Schließlich mangelt es wiederum an der Schilderung, weshalb die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Einholung eines orthopädischen und neurologischen Gutachtens beruhen könne.
Weiter rügt der Kläger einen eventuellen Verstoß des LSG gegen § 128 Abs 1 Satz 2 SGG. Allerdings hält er – was nicht ausreicht – einen diesbezüglichen Verfahrensmangel für lediglich möglich, ohne das Vorliegen eines entsprechenden Verfahrensmangels ausdrücklich zu behaupten und zu bezeichnen. Auch geht aus seiner Beschwerdebegründung nicht hinreichend klar hervor, welche entscheidungserheblichen Sachverhalte vom Berufungsgericht in dem angefochtenen Urteil nicht behandelt worden sein sollen. Soweit der Kläger beanstanden wollte, das LSG habe das Gutachten von Dr. Ne. … nicht berücksichtigt, ergibt sich aus seinem eigenen Vorbringen, daß sich das LSG durchaus mit diesem Gutachten auseinandergesetzt und es dem Gutachten von Dr. Kü. … gegenübergestellt hat. Daß das LSG, wie der Kläger offensichtlich meint, das Gutachten von Dr. Ne. … ggf nicht richtig bzw unvollständig gewürdigt hat, kann nicht zur Zulassung der Revision führen, weil nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG die Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf eine Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) gestützt werden kann.
Schließlich kann der Kläger mit der Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 des Grundgesetzes) keinen Erfolg haben. Ein derartiger Verfahrensmangel liegt ua dann vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (vgl BVerfGE 25, 137, 140) oder sein Urteil auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützt, zu denen sich die Beteiligten nicht haben äußern können (vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 12). Zur Begründung eines entsprechenden Revisionszulassungsgrundes ist nicht nur der Gehörverstoß selbst zu bezeichnen, sondern auch darzutun, welches Vorbringen dadurch ggf verhindert worden ist und inwiefern die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 36; Kummer aaO RdNr 233). In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, daß ein Verstoß gegen § 62 SGG nicht geltend gemacht werden kann, wenn der Beteiligte von gegebenen prozessualen Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen, keinen Gebrauch gemacht hat (vgl Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar, 6. Aufl, 1998, § 62 RdNr 11c). Er hat daher darzulegen, daß er seinerseits alles getan habe, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 22).
Den sich hieraus ergebenden Darlegungserfordernissen ist der Kläger nicht gerecht geworden. Er trägt vor, ihm sei nicht die Möglichkeit eingeräumt worden, zu den Einwendungen der Beklagten Stellung zu nehmen. Dieses Vorbringen steht bereits in Widerspruch zu anderen Ausführungen in der Beschwerdebegründung, wonach die Einwendungen der Beklagten gegen das Gutachten von Dr. Ne. … ihn zur Stellung von entsprechenden Beweisanträgen bewogen haben. Der weitere Vorwurf des Klägers, das LSG hätte vor seiner Entscheidung darauf hinweisen müssen, daß es den Sachverhalt für geklärt halte, läßt Darlegungen dazu vermissen, weshalb er durch das LSG an der Stellung entsprechender Beweisanträge gehindert worden sei. Im übrigen hat der Kläger in keiner Weise dargetan, daß das Berufungsurteil auf der vermeintlichen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör beruhen könne.
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 1, 5; BVerfG SozR 1500 § 160 Nr 30).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen