Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 14.01.1994) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 14. Januar 1994 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde des Klägers ist in entsprechender Anwendung des § 169 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als unzulässig zu verwerfen, weil Revisionszulassungsgründe nicht hinreichend dargelegt worden sind (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Der Kläger macht in erster Linie geltend, das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) weiche von dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 11. Juni 1980 (BSGE 50, 152 = SozR 5750 Art 2 § 51a Nr 43) ab. Im Urteil des LSG werde die Rechtsauffassung vertreten, der beklagte Rentenversicherungsträger habe den Nachentrichtungsantrag wegen fehlender Mitwirkung des Klägers ohne vorherige Beratung ablehnen dürfen, weil ein Beratungsbedarf des Klägers nicht bestanden habe. Auch sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, den Kläger auf die Folgen der unterbliebenen Mitwirkung hinzuweisen. Demgegenüber lasse das genannte Urteil des BSG die Ablehnung eines Nachentrichtungsantrages nur nach vorheriger Beratung und nach erfolgtem Hinweis auf die Rechtsfolgen unterbliebener Mitwirkung zu.
Mit diesem Vorbringen hat der Kläger eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG nicht hinreichend dargelegt. Um den Revisionsgrund der Divergenz zu bezeichnen (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG), ist es erforderlich, die Entscheidung des BSG, von der das LSG abgewichen sein soll, anzugeben sowie darzulegen, zu welcher spezifischen Rechtsfrage eine Abweichung erfolgt ist, dh in welchem abstrakt formulierten Rechtssatz sich das angefochtene Urteil von welchem Rechtssatz in der Entscheidung des BSG unterscheidet (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 67 mwN). Abzustellen ist bei der Divergenz auf die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung. Hat das BSG seine Rechtsprechung geändert oder modifiziert, so kommt eine Divergenz nur dann in Betracht, wenn durch das angefochtene Urteil des LSG die letzte Entscheidung des BSG in Frage gestellt wird. Das folgt aus dem Zweck der Vorschrift des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, eine einheitliche Rechtsprechung zu wahren (BSG SozR 1500 § 160 Nr 61). In seinem Urteil vom 7. Dezember 1989 (SozR 5750 Art 2 § 51a Nr 77), auf das auch im Urteil des LSG eingegangen wird, hat der erkennende Senat in Fortentwicklung seiner Rechtsprechung im Urteil vom 11. Juni 1980 (aaO) entschieden, daß ein Nachentrichtungsantrag wegen fehlender Mitwirkung des Antragstellers abgelehnt werden kann, wenn dieser sich nicht spätestens zwei Jahre nach der Antragstellung nach dem Stand des Verfahrens erkundigt; in einem solchen Falle ist der Versicherungsträger nicht verpflichtet, den Antragsteller auf die Folgen der unterbliebenen Mitwirkung hinzuweisen. Besteht kein Beratungsbedarf, so ist nach der genannten Entscheidung die Ablehnung des Nachentrichtungsantrags auch ohne vorherige Beratung möglich. Nach den Feststellungen im Urteil des LSG hat der Kläger es jedenfalls nach 1981, also etwa zehn Jahre lang, versäumt, sich um das Schicksal seines Antrags zu kümmern; auch waren nach diesen Feststellungen im vorliegenden Fall Unklarheiten im Versicherungsverlauf oder ein Beratungsbedarf des Klägers für die Beklagte nicht erkennbar. Damit liegt aber dem Urteil des LSG ein Sachverhalt zugrunde, der dem des Urteils des BSG vom 7. Dezember 1989 (aaO) ähnlich ist, sich dagegen von dem Sachverhalt, der dem Urteil des BSG vom 11. Juni 1980 zugrunde lag, erheblich unterscheidet. Unter diesen Umständen hätte der Kläger substantiiert darlegen müssen, daß das Urteil des LSG hinsichtlich der vom Kläger bezeichneten Rechtsfragen von diesem Urteil des BSG, und nicht von einem früheren Urteil des BSG, wie dem vom 11. Juni 1980 (aaO), abweicht. Hierzu hat der Kläger jedoch nichts vorgetragen.
Des weiteren macht der Kläger geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Diese sieht er einmal in der Frage, „ob und unter welchen Voraussetzungen die Verwirkung eines gesetzlich begründeten Antragsrechtes und Leistungsanspruches eintritt und ob sich der Versicherungsträger auch dann auf eine Verwirkung berufen kann, wenn er unter Verletzung des allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsatzes, der in § 66 Abs 3 des Sozialgesetzbuchs – Allgemeiner Teil (SGB I) ausdrücklich normiert ist und sich aus der allgemeinen Beratungs- und Fürsorgepflicht des Versicherungsträgers ergibt, eine Belehrung über die Rechtsfolgen der Unterlassung einer Mitwirkungshandlung unterlassen und versäumt hat.” Zum anderen sei eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auch deshalb anzunehmen, „weil es im Hinblick auf § 67 SGB I einer gerichtlichen Klärung bedarf, ob ein Versicherungsträger die versagte Leistung auch dann noch ablehnen kann, wenn die Mitwirkung von dem Antragsteller nachgeholt wird und die Leistungsvoraussetzungen, wie im vorliegenden Falle, im übrigen vorliegen”.
Mit diesem Vorbringen hat der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht dargelegt. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur dann zu, wenn sich die aufgeworfene konkrete Rechtsfrage nicht auf den Einzelfall beschränkt und die Klärung dazu dienen kann, die Rechtseinheit zu wahren oder die Entwicklung des Rechts zu fördern (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7). Voraussetzung hierfür ist stets, daß eine Rechtsfrage zur Entscheidung ansteht, die klärungsbedürftig (BSG SozR 1500 § 160a Nr 4) ist. Dies ist nicht der Fall, wenn die Rechtsfrage revisionsgerichtlich bereits ausreichend geklärt ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 51).
In dem genannten Urteil des BSG vom 11. Juni 1980 (aaO) ist ua entschieden worden, daß die §§ 66 und 67 SGB I auf das Beitragsnachentrichtungsverfahren nach Art 2 § 51a des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes, der dem Art 2 § 49a AnVNG entspricht, nicht analog anzuwenden sind. Der Kläger hätte daher in der Beschwerdebegründung substantiiert darlegen müssen, inwiefern im vorliegenden Nachentrichtungsverfahren gleichwohl die §§ 66 und 67 SGB I anzuwenden sind. Im Hinblick auf das genannte Urteil des BSG vom 7. Dezember 1989 (aaO) wäre die Darlegung erforderlich gewesen, daß und warum trotz fehlenden Beratungsbedarfs und trotz jahrelanger Untätigkeit des Klägers in dieser Sache das LSG diesem Urteil des BSG nicht hätte folgen dürfen. Zu alledem hat der Kläger jedoch keine Ausführungen gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen