Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 14.12.2017; Aktenzeichen L 16 KR 409/14)

SG Duisburg (Entscheidung vom 20.05.2014; Aktenzeichen S 7 KN 885/13 KR)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Dezember 2017 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Beklagte lehnte die Fortzahlung von Krankengeld ab 3.9.2013 ab, weil dem Kläger zunächst bis zum 2.9.2013 (Montag) Arbeitsunfähigkeit (AU) attestiert worden war und er erst am 3.9.2013 erneut seine Ärztin konsultierte. Mit dem dagegen gerichteten Widerspruch reichte der Kläger einen Auszahlschein ein, auf dem seine Ärztin das Datum vom 2.9.2013 auf den 3.9.2013 mit dem Vermerk eines "Versehens" abgeändert hatte. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren verpflichtete das SG die Beklagte, antragsgemäß Krankengeld über den 3.9.2013 zu erbringen. Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen. Für die Feststellung der Dauer der AU sei die interne Überzeugungsbildung der Ärztin ohne eine entsprechend nach außen erfolgte Dokumentation zur Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs nicht ausreichend. Die Feststellung der AU des Klägers sei nicht bis zum 3.9.2013 schriftlich fixiert worden. Auch die Voraussetzungen für einen Ausnahmefall, in welchem eine unterbliebene rechtzeitige Feststellung der (weiteren) AU der Weitergewährung des Krankengeldanspruchs nicht entgegenstehe, seien nicht gegeben (Urteil vom 14.12.2017).

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in vorgenanntem Urteil und beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend dargelegt hat (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl zB BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).

Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Der Kläger hält folgende Fragen für grundsätzlich bedeutsam:

"Stellen die interne, durch den Arzt vorgenommene Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und deren Verkörperung und Manifestierung im Rahmen einer Krankschreibung bzw. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einen einheitlichen Akt dar?

Ist im Falle der Divergenz zwischen Willens- und Überzeugungsbildung des Arztes einerseits und Manifestierung in Form der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung andererseits eine Korrektur möglich?

Ist im Falle der Korrekturmöglichkeit eine solche in entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Anfechtung von Willenserklärungen eine solche auch noch nach Übersendung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an den Erklärungsempfänger, die zuständige Krankenversicherung, möglich?

Ist eine solche Korrektur auch rückwirkend nach dem auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eingetragenen Ende der Arbeitsunfähigkeit möglich?"

Der Kläger hat zu diesen Rechtsfragen die Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dargelegt. Eine prozessordnungskonforme Darlegung der Klärungsbedürftigkeit setzt substantiierte Ausführungen dazu voraus, dass die aufgeworfene Rechtsfrage nicht geklärt ist. Umfang und Intensität der Ausführungen hängen von der aufgeworfenen Rechtsfrage und den jeweiligen Umständen ab, insbesondere auch davon, in welcher Weise es bereits einschlägige Rechtsprechung gibt. Dies setzt regelmäßig eine Auseinandersetzung mit der bereits ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung voraus (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 14c und d mwN). Eine Rechtsfrage ist nicht nur dann bereits hinreichend geklärt, wenn sie höchstrichterlich entschieden ist, sondern auch dann, wenn schon höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte dafür geben, wie die konkret aufgeworfene Frage zu beantworten ist (stRspr; vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17; BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6; BSG Beschluss vom 26.6.2018 - B 5 RE 14/17 B - Juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 30.5.2018 - B 3 P 25/17 B - Juris RdNr 9).

Der Senat hat in seinem Krankengeldurteil vom 11.5.2017 (BSGE 123, 134 = SozR 4-2500 § 46 Nr 8, RdNr 18) ausgeführt:

"dass eine ärztliche 'Feststellung' der AU kein bloßer rein praxisinterner Vorgang ist, der lediglich in den den Patienten betreffenden ärztlichen Behandlungsunterlagen (formlos) festgehalten werden müsste. Dies ergibt sich schon mittelbar aus § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V und ist jedenfalls im - vorliegend betroffenen - Bereich der AU-Feststellung durch Vertragsärzte bezüglich der technischen Ausgestaltung näher geregelt (vgl dazu BSGE 111, 18 = SozR 4-2500 § 46 Nr 4, RdNr 13). Erforderlich ist dafür vielmehr ein Akt mit Außenwirkung, der über eine lediglich irgendwie geäußerte innere Überzeugungsbildung des Arztes hinausgeht und in Form eines entsprechenden Schriftstücks ('Bescheinigung') nach außen hin - vor allem gegenüber der als leistungspflichtig in Anspruch genommenen Krankenkasse - beweissicher zu dokumentieren ist."

Der Beschwerdebegründung fehlt es an jeglicher Auseinandersetzung mit der aufgezeigten Rechtsprechung des BSG. Der Kläger behauptet die Klärungsbedürftigkeit und beruft sich nur allgemein auf die Fehleranfälligkeit von AU-Feststellungen. Insbesondere im Hinblick darauf, dass nach der oben zitierten Rechtsprechung schon geklärt ist, dass ein Akt mit Außenwirkung erforderlich ist, der über die innere Überzeugungsbildung des Arztes hinausgeht und in Form eines Schriftstücks beweissicher zu dokumentieren ist, ist anhand der Darlegungen in der Beschwerdebegründung eine weitere Klärungsbedürftigkeit der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen nicht erkennbar.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI12037967

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