Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. September 2017 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
Mit Urteil vom 27.9.2017 hat das LSG Baden-Württemberg einen Anspruch der Klägerin auf Witwenrente verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie rügt den Verfahrensmangel der Verletzung des rechtlichen Gehörs und macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung vom 4.12.2017 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil sie die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der nach § 160a Abs 2 S 3 SGG gebotenen Weise dargetan hat.
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht iS von § 160a Abs 2 S 3 SGG zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine konkrete, aus sich heraus verständliche Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr, zB BSG Beschluss vom 2.5.2017 - B 5 R 401/16 B - Juris RdNr 6 mwN.).
Die Klägerin bezeichnet folgende Fragen als grundsätzlich bedeutsam:
"1. Ist für die Klärung der Frage, wer Witwer auch nach deutschem Recht ist, das seit 1964 vereinbarte deutsch-türkische Sozialversicherungsabkommen zu berücksichtigen?
2. Wenn nach diesem Abkommen ein türkischer Staatsbürger in der Türkei die Witweneigenschaft erfüllt, haben die deutschen Behörden diese Feststellungen ohne eigenes Prüfungsrecht zu akzeptieren?"
Bereits die erste Darlegungsanforderung für eine Grundsatzrüge ist nicht hinreichend erfüllt, weil keine abstrakten Rechtsfragen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer bestimmten Rechtsvorschrift des Bundesrechts mit höherrangigem Recht formuliert werden. Die Klägerin lässt nämlich offen, im Hinblick auf welche Regelung des deutsch-türkischen Sozialversicherungsabkommens Fragen zur Witweneigenschaft nach deutschem Recht auftreten könnten. Außerdem wird nicht konkretisiert, aus welcher Norm sich eine Bindung des deutschen Rentenversicherungsträgers an das türkische Recht betreffend die Witweneigenschaft ergeben sollte und deren Auslegung oder Anwendungsbereich in Bezug hierauf umstritten sein könnte.
Auch die Klärungsbedürftigkeit ist nicht hinreichend dargelegt. Denn eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist bzw sich dafür ausreichende Anhaltspunkte aus höchstrichterlichen Entscheidungen ergeben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung auch unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zum Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu dem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebenden Fragen noch nicht beantwortet sind (Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 183 mwN).
Es wäre daher nicht nur eine Auseinandersetzung mit dem Wortlaut des Abkommens veranlasst gewesen, das zur Rentenversicherung insbesondere Regelungen über die Berücksichtigung von Versicherungszeiten trifft (Art 27 ff des Abkommens) und eine Gleichstellung von Sachverhalten (vgl etwa Art 10 des Abkommens zur Einschränkung von Leistungen) nur in bestimmten Ausnahmefällen vorsieht. Darüber hinaus hätte die Klägerin darlegen müssen, dass sich nicht bereits aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl etwa das bereits vom LSG zitierte Urteil des Senats vom 13.1.1999 - B 13 RJ 17/98 R - BSGE 83, 200 = SozR 3-2600 § 46 Nr 2) hinreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung ihrer Fragen ergeben.
2. Ein Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) liegt ua vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 19 S 33 mwN) oder sein Urteil auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützt, zu denen sich die Beteiligten nicht haben äußern können (vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 12 S 19).
Dementsprechend sind insbesondere Überraschungsentscheidungen verboten (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2107, § 62 RdNr 8b mwN). Zur Begründung eines entsprechenden Revisionszulassungsgrundes ist nicht nur der Verstoß gegen diesen Grundsatz selbst zu bezeichnen, sondern auch darzutun, welches Vorbringen ggf dadurch verhindert worden ist und inwiefern die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160a Nr 36). Außerdem ist Voraussetzung für den Erfolg einer Gehörsrüge, dass der Beschwerdeführer darlegt, seinerseits alles getan zu haben, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 22 S 35; vgl auch BSGE 68, 205, 210 = SozR 3-2200 § 667 Nr 1 S 6).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin rügt, das LSG habe eine Abwägung zur Frage der Gestaltungswirkung des deutschen Scheidungsurteils bei fehlendem Anerkenntnisverfahren in der Türkei durchgeführt und dabei unzutreffend unterstellt, dass die Beschwerdeführerin keine Unterhaltsansprüche gestellt habe. Sie legt jedoch nicht dar, warum die Entscheidung des LSG nach dessen Rechtsauffassung anders hätte ausfallen können, wenn es die im Beschwerdeverfahren beigefügten Unterlagen über den Kindes- bzw den "Geschiedenen-"unterhalt berücksichtigt hätte.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die nicht formgerecht begründete Beschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11650428 |