Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 23.10.1998)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. Oktober 1998 wird verworfen.

Der Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht in der durch die §§ 160 Abs 2 und 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) festgelegten Form begründet worden. Der Beschwerdeführer legt weder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache noch einen Verfahrensfehler hinreichend dar. Das Rechtsmittel ist deshalb entsprechend § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 1 und 5; BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 30).

1. Die Beschwerde ist unzulässig, soweit sich der Kläger auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG beruft.

a) Der Kläger sieht als klärungsbedürftig an, ob der Empfänger von Kindergeld mit Zählkindvorteil „grob fahrlässig handelt, wenn er aufgrund des abgebrochenen Kontakts zu seinem Kind von diesem keine Nachweise über den Stand der Ausbildung erhält”. Damit hat er keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung bezeichnet. Die Frage, ob das Verhalten eines Leistungsempfängers, das als Verstoß gegen die sich aus § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I) ergebende Mitwirkungspflicht gewertet worden ist, unter den gegebenen Umständen als schuldlos, fahrlässig, grob fahrlässig oder vorsätzlich einzustufen ist, betrifft die tatrichterliche Würdigung im konkreten Einzelfall, nicht die Anwendung eines klärungsbedürftigen allgemeinen Rechtssatzes.

Soweit der Kläger mit seiner Frage darlegen möchte, das Berufungsgericht habe bereits die Verletzung der Mitwirkungspflicht zu Unrecht angenommen, fehlt es ebenfalls an der erforderlichen Bezeichnung einer allgemeinen, von den besonderen Gegebenheiten des vorliegenden Einzelfalls unabhängigen Rechtsfrage zum Bestehen und den Grenzen der Erkundigungs- und Mitteilungspflicht eines Leistungsempfängers (hier: kindergeldbeziehender Elternteil) bei ansonsten fehlendem Kontakt zu der Person, von deren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Leistung dem Grunde oder der Höhe nach abhängt.

b) Auch die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen im Zusammenhang mit den vom Landessozialgericht (LSG) verneinten Voraussetzungen eines atypischen Falls reichen über den konkreten Einzelfall nicht hinaus. Der Kläger formuliert hierzu keine Rechtsfrage, die eine höchstrichterliche Entscheidung zu den allgemeinen Anforderungen an einen atypischen Fall ermöglichen würde, sondern kritisiert fallbezogen das LSG-Urteil. Die Feststellung, ein konkreter Fall sei typisch oder atypisch, ist ebenfalls dem Tatsachengericht vorbehalten und daher der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht zugänglich.

2. Die Beschwerde ist ebenfalls unzulässig, soweit der Kläger den Verfahrensfehler der Verletzung des rechtlichen Gehörs und der Verletzung der Amtsermittlungspflicht geltend macht (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG iVm § 62 SGG bzw § 103 SGG). Beides steht im Zusammenhang mit der Annahme des LSG, es handele sich hier – im Gegensatz zur Auffassung des Sozialgerichts – nicht um einen atypischen Fall. Die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) kann nur dann zur Zulassung der Revision führen, wenn der Beschwerdeführer zunächst einen Beweisantrag benennt, dem das LSG nicht nachgegangen ist. Dieser Beweisantrag muß sich – sofern wie hier eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat – aus dem Sitzungsprotokoll oder dem Tatbestand des angefochtenen Urteils ergeben (BSG SozR 1500 § 160 Nr 64); sofern er in einem vorbereitenden Schriftsatz enthalten ist, muß er ausdrücklich aufrechterhalten worden sein. Auf solche Beweisanträge nimmt die Beschwerde nicht Bezug. Im übrigen legt sie nicht dar, daß das LSG – von seiner Rechtsauffassung ausgehend (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 34) – diese Beweise hätte erheben müssen. Das wäre nur der Fall gewesen, wenn es für das LSG entscheidungserheblich gewesen wäre, ob die Großmutter des Kindes Kontaktversuche zum Kind behindert hat und dies dem Arbeitsamt bekannt war. Der Kläger legt aber nur dar, daß aus seiner Sicht diese Tatsachen von Bedeutung sind und deshalb vom LSG hätten berücksichtigt werden müssen. Damit ist eine Verletzung der Amtsaufklärungspflicht nicht schlüssig dargetan. Auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs wird daraus nicht ersichtlich. Aus dem Umstand, daß das LSG in den Urteilsgründen nicht im einzelnen auf dieses Vorbringen eingegangen ist, ist nicht zu folgern, daß es dieses Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen hat. Für eine Behinderung des Sachvortrags des Klägers bietet das Beschwerdevorbringen keine Anhaltspunkte. Ein Begründungsmangel ist ebenfalls nicht zu erkennen; die Begründungspflicht des Gerichts geht nicht so weit, daß es auch zu jeder Einzelheit eines Vorbringens Stellung nehmen müßte, die es nicht für erheblich hält.

Da die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig ist, konnte auch dem Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe mangels Erfolgsaussicht nicht stattgegeben werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1175355

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