Verfahrensgang

LSG Bremen (Beschluss vom 04.02.2000)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluß des Landessozialgerichts Bremen vom 4. Februar 2000 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die gegen die Nichtzulassung der Revision im angefochtenen Beschluß des Landessozialgerichts Bremen (LSG) gerichtete Beschwerde, mit welcher der Kläger Verfahrensmängel geltend macht, ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordern diese Vorschriften, daß der Zulassungsgrund schlüssig dargetan wird (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47 und 58; vgl hierzu auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl, 1997, IX, RdNrn 177 und 179 mwN). Daran mangelt es.

Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG nicht und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur dann gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Der Beschwerdeführer macht geltend, das LSG sei seinem mit Schriftsatz vom 10. Dezember 1999 gestellten Beweisantrag „nicht näher nachgegangen”, obwohl sich dies „geradezu aufgedrängt hätte”. Der Vortrag in dem genannten Schriftsatz, auf den sich der Beschwerdeführer offenbar bezieht, lautet:

„Denn sowohl das abschließende Gutachten von Dr. med. K. … -C. … vom 03.06.1999 als auch das Gutachten von Dr. B. … vom 10.02.1998 sind jeweils erstellt worden, ohne daß eine angemessene körperliche Untersuchung des Klägers vorangegangen wäre.

Wären derartige ausführliche Untersuchungen vorangegangen, hätte sich ergeben, daß Unfallfolgen nach einer MdE von mindestens 20 % vorhanden wären.

Beweis:

sachverständiges Zeugnis Dr. K. -C.

sachverständiges Zeugnis Dr. B., B.

Sachverständigengutachten.”

Abgesehen davon, daß dieser Vortrag mangels hinreichender Bestimmtheit hinsichtlich des Beweisthemas nicht – wie unerläßlich (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 45; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 210 mwN) – einen Beweisantrag iS des § 118 Abs 1 SGG iVm § 403 der Zivilprozeßordnung (ZPO) darstellt, hat der Beschwerdeführer nicht schlüssig dargelegt, inwiefern sich das Berufungsgericht überhaupt zu der verlangten weiteren Sachaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen (vgl BSG SozR Nr 40 zu § 103 SGG; Kummer, aaO, RdNr 205 mwN). Insbesondere angesichts der im Sachverständigengutachten des Dr. B. … vom 11. Februar 1998 auf Bl 6 ff und im Sachverständigengutachten von Dr. K. … -C. … vom 22. Februar 1999, an das die ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen vom 3. Juni 1999 anknüpft, auf Bl 8 ff wiedergegebenen umfangreichen Befunde hätte sich der Kläger nicht mit der vagen, pauschal wertenden Behauptung, es sei keine „angemessene körperliche Untersuchung” vorangegangen, begnügen dürfen; er hätte vielmehr im einzelnen dartun müssen, welche Untersuchungen im einzelnen aus welchem Grunde noch hätten angestellt werden müssen und welche – bisher nicht berücksichtigten – Funktionsbeeinträchtigungen hierdurch voraussichtlich bewiesen worden wären. Dies hat er indes versäumt.

Es kann hier dahingestellt bleiben, ob § 411 Abs 4 ZPO – wie der Kläger rügt – im sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung findet (so Senatsbeschluß vom 5. Mai 1998 – B 2 U 305/97 B), da sich diese Frage nur stellen würde, wenn der Kläger einen berücksichtigungsfähigen Beweisantrag bezeichnet und schlüssig dargelegt hätte, daß sich das LSG zu der Beweisaufnahme hätte gedrängt fühlen müssen. Dies ist indes nicht geschehen.

Auch soweit der Beschwerdeführer rügt, der angefochtene Beschluß verstoße gegen § 153 Abs 4 SGG, weil weder das Anhörungsschreiben des LSG vom 16. Dezember 1999 noch das Anhörungsschreiben vom 27. Dezember 1999 keine Fristsetzung enthielten, bezeichnet er damit keinen Verfahrensfehler, der zur Zulassung der Revision führen könnte. Nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG sind die Beteiligten vor Erlaß eines die Berufung zurückweisenden Beschlusses gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 SGG „zu hören”. Anhörung bedeutet hier wie bei § 62 SGG und Art 103 Abs 1 des Grundgesetzes, daß ein Beteiligter zum jeweiligen Verfahren herangezogen werden und Gelegenheit haben muß, sich vor Erlaß der Entscheidung zum Prozeßstoff zu äußern und gehört zu werden. Es ist nicht vorgeschrieben, wenn auch zweckmäßig, bei Anhörungen eine Frist für die Abgabe einer Stellungnahme zu setzen (vgl BSG, Beschluß vom 22. Juni 1998 – B 12 KR 85/97 B –; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl, § 153 RdNr 21). Im vorliegenden Verfahren ist der Beschwerdeführer vom LSG letztmalig mit Schreiben vom 27. Dezember 1999 dahingehend benachrichtigt worden, daß das Gericht gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 SGG zu entscheiden gedenke. Er hatte mithin vor der Beschlußfassung am 4. Februar 2000 hinreichend Zeit, um sich zur Frage der Entscheidung durch Beschluß äußern zu können. Daß er dies nicht getan hat, ist unerheblich, da es für die Wirksamkeit der Gewährung des rechtlichen Gehörs nicht darauf ankommt, ob die Beteiligten die ihnen gebotene Gelegenheit einer Anhörung tatsächlich zur Abgabe einer Stellungnahme nutzen (vgl BSG aaO).

Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

SozSi 2001, 328

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