Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 1. September 2020 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Mit Beschluss vom 1.9.2020 hat das Bayerische LSG einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 23.12.2020 begründet hat.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen. Die Beschwerdebegründung genügt nicht der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form. Die Klägerin hat darin die als Zulassungsgrund allein geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise bezeichnet.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass iS von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels zunächst die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des Berufungsgerichts ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (stRspr; zB BSG Beschluss vom 27.10.2010 - B 12 KR 2/10 B - juris RdNr 5; jüngst BSG Beschluss vom 9.12.2019 - B 13 R 259/19 B - juris RdNr 4). Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Berufungsgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Den daraus abgeleiteten Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Das gilt schon deswegen, weil die Klägerin den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht ausreichend darstellt (vgl zu dieser Darlegungsanforderung BSG Beschluss vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14 - juris RdNr 3; s auch BSG Beschluss vom 10.10.2017 - B 13 R 234/17 B - juris RdNr 5). Anhand ihres Gesamtvorbringens lässt sich zwar erahnen, dass das LSG nach Zurückverweisung des Rechtsstreits durch das BSG den geltenden gemachten Anspruch auf die nicht näher beschriebenen Teilhabeleistungen verneint hat, weil die medizinischen Voraussetzungen nach seiner Überzeugung nicht vorliegen würden. Zudem wird erkennbar, dass das LSG nach Zurückweisung mehrerer Ablehnungsgesuche letztlich durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG über die Berufung entschieden hat. Darüber hinaus fehlt eine zumindest geraffte Darstellung des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens. Ebenso wenig zeigt die Klägerin auf, welche Tatsachen das LSG insbesondere zu einer erheblichen Gefährdung oder Minderung ihrer Erwerbsfähigkeit iS von § 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI festgestellt hat. Die Klägerin kann die ihr obliegende Sachverhaltsdarstellung nicht durch eine pauschale Bezugnahme auf die Akten des LSG ersetzen. Das gesetzliche Erfordernis, bereits die Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BSG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 Satz 1 SGG) begründen zu lassen, soll das Revisionsgericht entlasten und im wohlverstandenen Interesse aller die sorgfältige Vorbereitung des Verfahrens gewährleisten (BSG Beschluss vom 24.2.1992 - 7 BAr 86/91 - SozR 3-1500 § 166 Nr 4, juris RdNr 3 f; jüngst etwa BSG Beschluss vom 26.1.2018 - B 13 R 309/14 B - juris RdNr 4). Diesem Ziel wird mit der bloßen Bezugnahme auf den Akteninhalt nicht genügt, wenn diese wie vorliegend an die Stelle einer eigenen Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts tritt (BSG Beschluss vom 26.1.2018 - B 13 R 309/14 B - juris RdNr 4). Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sich den maßgeblichen Sachverhalt aus den Akten oder der angegriffenen Entscheidung herauszusuchen (BSG Beschluss vom 31.5.2017 - B 5 R 358/16 B - juris RdNr 8 mwN; BSG Beschluss vom 26.1.2018 - B 13 R 309/14 B - juris RdNr 3 f). Aber auch im Übrigen sind die geltend gemachten Verfahrensmängel nicht hinreichend bezeichnet.
a) Die Klägerin rügt als absoluten Revisionsgrund eine Verletzung ihres grundrechtsgleichen Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG), indem das LSG nach Zurückweisung verschiedener Ablehnungsgesuche unter Mitwirkung der von ihr abgelehnten Richter über ihre Berufung entschieden habe. Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen und - wie im Falle einer Ablehnung eines Befangenheitsantrags durch ein LSG - unanfechtbar sind (§ 177 SGG), unterliegen allerdings grundsätzlich nicht der Beurteilung des Revisionsgerichts (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 557 Abs 2 ZPO). Insoweit kommt ein Verstoß gegen Art 101 Abs 1 Satz 2 GG nur bei willkürlichen Verstößen gegen Verfahrensvorschriften in Betracht (vgl BSG Beschluss vom 5.8.2003 - B 3 P 8/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 1, juris RdNr 9) oder wenn das Gericht Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des gesetzlichen Richters nach Art 101 Abs 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt hat (vgl BSG Beschluss vom 2.11.2007 - B 1 KR 72/07 B - SozR 4-1100 Art 101 Nr 3, juris RdNr 5 mwN). Zur formgerechten Erhebung einer Besetzungsrüge wegen des Vorwurfs der Befangenheit ist daher darzutun, dass die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs durch das Berufungsgericht nicht nur fehlerhaft, sondern greifbar gesetzeswidrig und damit willkürlich gewesen ist. Das wird in der Beschwerdebegründung nicht schlüssig aufgezeigt.
Ausgehend von den dortigen - teilweise nur rudimentären - Ausführungen hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 28.11.2019 ein Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Landessozialgericht Dr. Ziegelmeier gerichtet, der als Berichterstatter bestellt gewesen sei und als Vorsitzender an der späteren Berufungsentscheidung mitgewirkt habe. Dieser habe zuvor die beantragte Verlängerung einer Stellungnahmefrist abgelehnt, auf die voraussichtliche Zurückweisung eines von der Klägerin gestellten Antrags nach § 109 SGG hingewiesen und sodann zur mündlichen Verhandlung geladen. Zu den geltend gemachten Ablehnungsgründen habe er sich nach dem Dafürhalten der Klägerin nicht in der gebotenen Weise geäußert. Zudem habe er selbst an dem Beschluss mitgewirkt, mit dem das gegen ihn gerichtete Ablehnungsgesuch zurückgewiesen worden sei. Daraufhin habe die Klägerin Ablehnungsgesuche gegen den ebenfalls an der Zurückweisung dieses Ablehnungsgesuchs mitwirkenden Präsidenten des LSG K gerichtet, der allerdings nicht an der späteren Berufungsentscheidung mitgewirkt habe, sowie gegen die Richterin am LSG Hohlen. Weiter sei ein Ablehnungsgesuch gegen den Richter am LSG Dr. Ziegelmeier gerichtet worden. Auch in Bezug auf dieses zweite Ablehnungsgesuch, das mit Beschluss vom 29.7.2020 zurückgewiesen worden sei, seien die dienstlichen Äußerungen der betroffenen Richter nach dem Dafürhalten der Klägerin unzureichend gewesen. Dabei konzentriert sich das Beschwerdevorbringen der Klägerin auf die ihres Erachtens vorliegenden Ablehnungsgründe. Sie versäumt es jedoch, eine willkürliche Behandlung ihrer Ablehnungsgesuche durch das LSG aufzuzeigen. Sie legt auch nicht dar - was ausgehend von ihrem Vorbringen allerdings nur für die Zurückweisung des ersten Ablehnungsgesuchs bedeutsam wäre -, inwiefern die Zurückweisung unter Mitwirkung eines abgelehnten Richters vorliegend in greifbar gesetzeswidriger oder willkürlicher Weise erfolgt sein könnte (vgl dazu, dass abgelehnte Richter über ein rechtsmissbräuchliches oder unzulässiges Ablehnungsgesuch mitentscheiden dürfen, etwa Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 60 RdNr 10d mwN).
b) Die Klägerin rügt eine Verletzung ihrer Ansprüche auf den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) und - jedenfalls sinngemäß - auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG), indem das LSG ohne mündlichen Verhandlung durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 SGG über ihre Berufung entschieden habe. Nach dieser Vorschrift kann das Berufungsgericht, außer in den Fällen, in denen erstinstanzlich durch Gerichtsbescheid entschieden worden ist, die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die vom Berufungsgericht danach zu treffende Ermessensentscheidung für ein Vorgehen nach § 153 Abs 4 Satz 1 SGG wird vom Revisionsgericht lediglich darauf geprüft, ob das Berufungsgericht von seinem Ermessen unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe erkennbar fehlerhaften Gebrauch gemacht hat, etwa wenn der Beurteilung sachfremde Erwägungen oder eine grobe Fehleinschätzung zugrunde liegen (vgl zB BSG Beschluss vom 6.8.2019 - B 13 R 233/18 B - juris RdNr 10 mwN; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 499 mwN). Eine solche Ermessensüberschreitung durch das LSG ist nicht dargetan.
Die Klägerin bringt vor, sie habe gegenüber dem LSG zuletzt mit Schriftsatz vom 12.5.2020 deutlich gemacht, dass ihres Erachtens eine Entscheidung im Beschlusswege nach § 153 Abs 4 Satz 1 SGG nicht angezeigt sei. Sie sei gesundheitlich erheblich beeinträchtigt, ua leide sie an starken Schmerzen in der oberen Halswirbelsäule mit Ausstrahlung in beide Arme, wie eine radiologische Untersuchung vom März 2020 bestätigt habe; an einer genetisch bedingten erhöhten Empfindlichkeit gegenüber Umweltbelastungen mit erhöhter Chemikaliensensitivität sowie einem Erschöpfungssyndrom aufgrund einer Neurotransmitterdepletion. Zugleich habe sie dem LSG mitgeteilt, dass sie einen in der mündlichen Verhandlung vom 28.11.2019 - in der der Rechtsstreit vertagt worden sei - gestellten Antrag nach § 109 SGG sowie einen zuvor schriftsätzlich gestellten Antrag auf Anhörung des Sachverständigen B aufrechterhalte. Damit ist nicht schlüssig dargetan, das LSG sei einer groben Fehleinschätzung erlegen oder habe aus anderen Gründen sein Ermessen bei der Entscheidung für ein Vorgehen nach § 153 Abs 4 Satz 1 SGG überschritten. Denn im Kern macht die Klägerin geltend, das LSG habe die Entscheidung nicht aufgrund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse treffen dürfen, und erhebt damit letztlich eine Sachaufklärungsrüge. Deren Darlegungsanforderungen (hierzu sogleich unter c) können nicht durch eine Rüge in anderer Gestalt umgangen werden, weil andernfalls die Beschränkungen, die § 160 Abs 2 Nr 3 SGG für die Sachaufklärungsrüge normiert, im Ergebnis ins Leere liefen (vgl BSG Beschluss vom 6.2.2007 - B 8 KN 16/05 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 12 RdNr 7; BSG Beschluss vom 22.10.2008 - B 5 KN 1/06 B - juris RdNr 15; BSG Beschluss vom 28.9.2010 - B 5 R 202/10 B - juris RdNr 11).
c) Die Klägerin rügt in diesem Zusammenhang zumindest sinngemäß auch einen Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 103 Satz 1 Halbsatz 1 SGG), indem das LSG ihrem im Schriftsatz vom 12.5.2020 gestellten bzw aufrechterhaltenen Beweisantrag - ua gerichtet auf Vernehmung verschiedener Mediziner als sachverständige Zeugen und Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens - nicht gefolgt sei. Für eine solche Sachaufklärungsrüge bestehen spezifische Darlegungsanforderungen. Sie muss folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das Berufungsgericht nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zu weiterer Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des Berufungsgerichts auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das Berufungsgericht mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigen Ergebnis hätte gelangen können (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 5; BSG Beschluss vom 3.12.2012 - B 13 R 351/12 B - juris RdNr 6 mwN; jüngst BSG Beschluss vom 28.11.2019 - B 13 R 169/18 B - juris RdNr 4). Hieran richtet die Klägerin ihr Vorbringen nicht aus.
Sie legt jedenfalls nicht dar, dass sich das LSG ausgehend von seiner insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung zu einer weiteren Sachaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen. Mit ihrem Vorbringen, das LSG habe in der angegriffenen Berufungsentscheidung ausgeführt, sie habe "keine neuen medizinischen Erkenntnisse" vorgebracht, deutet die Klägerin im Gegenteil an, das LSG habe sich in den Entscheidungsgründen mit der Erforderlichkeit weiterer Ermittlungen auseinandergesetzt und diese verneint. Dass und warum dies fehlerhaft gewesen und das LSG zu weiteren Ermittlungen gehalten gewesen sei, wird in der Beschwerdebegründung nicht schlüssig dargetan, schon weil auch in diesem Zusammenhang die vom LSG getroffenen Feststellungen nicht mitgeteilt werden. Der pauschale Vorwurf, die Einschätzung des LSG sei "unzutreffend" gewesen, reicht nicht aus, um den behaupteten Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht darzulegen.
d) Auf die zudem sinngemäß gerügte Verletzung von § 109 SGG kann die Klägerin ihre Beschwerde von vornherein nicht stützen (§ 160 Abs 2 Halbsatz 2 SGG).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14668825 |