Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 02.05.2018; Aktenzeichen S 31 KR 655/17) |
Hessisches LSG (Urteil vom 25.02.2021; Aktenzeichen L 8 KR 281/18) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Februar 2021 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin begehrt nach Zulassung als Syndikusrechtsanwältin die rückwirkende Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für ihre Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 3 für den Zeitraum vom 1.10.2011 bis zum 21.3.2016.
Die Klägerin führte vor dem SG Frankfurt (Main) unter dem Aktenzeichen S 31 R 616/12 einen Rechtsstreit über die im November 2011 beantragte Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für ihre seit Oktober 2011 ausgeübte Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 3. Das SG ordnete mit Beschluss vom 27.8.2013 das Ruhen des Verfahrens an. Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusrechtsanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21.12.2015 (BGBl I 2517) beantragte die Klägerin am 22.3.2016 bei der Rechtsanwaltskammer die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin. Mit Schreiben vom 24.3.2016 (Gründonnerstag) informierte ihr Prozessbevollmächtigter hierüber das SG und teilte mit, es sei sinnvoll, das Verfahren weiter ruhen zu lassen (Eingang beim SG: 29.3.2016 - Osterdienstag). Er führte zudem aus, nach seiner Ansicht sei aufgrund des Antrags vom November 2011 auch der "Antrag auf rückwirkende Befreiung" nach § 231 Abs 4b SGB VI bereits als gestellt anzusehen. "Rein vorsorglich" werde sowohl der Antrag auf Befreiung nach § 6 SGB VI als auch der Antrag auf rückwirkende Befreiung gemäß § 231 Abs 4b SGB VI für die weiterhin ausgeübte Tätigkeit der Klägerin formlos erneut gestellt. Das SG leitete diesen Schriftsatz mit Begleitschreiben vom 5.4.2016 an die Beklagte weiter (Eingang dort am 8.4.2016). Diese befreite die Klägerin von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für ihre Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 3 für die Zeit ab dem 22.3.2016 (Bescheide vom 21.2.2017 und vom 18.7.2017). Für den davor liegenden Zeitraum lehnte die Beklagte eine Rückwirkung der Befreiung ab, weil der entsprechende Antrag nicht bis zum Ablauf des 1.4.2016 bei ihr eingegangen sei. Der Eingang beim SG sei nicht fristwahrend (Bescheid vom 31.5.2017, Widerspruchsbescheid vom 7.11.2017).
Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat ausgeführt, die Klägerin habe entgegen der ausdrücklichen Bestimmung, dass für eine Rückwirkung der Befreiung nach der Übergangsvorschrift des § 231 Abs 4b SGB VI ein gesonderter Antrag gestellt werden müsse, bis zu dem im Gesetz vorgegebenen Datum 1.4.2016 beim zuständigen Versicherungsträger keinen Antrag auf rückwirkende Befreiung gestellt. Der geltend gemachte Anspruch auf rückwirkende Befreiung nach § 231 Abs 4b SGB VI sei zu unterscheiden vom Anspruch auf Befreiung nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI; ein Fall des § 96 SGG liege nicht vor. Ein neuer Antrag auf rückwirkende Befreiung als Syndikusrechtsanwältin sei aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen der Befreiung als angestellte Rechtsanwältin bei der Beigeladenen zu 3 einerseits und als Syndikusrechtsanwalt andererseits erforderlich gewesen. Eine fristwahrende Antragstellung beim SG könne nicht nach § 16 Abs 2 Satz 2 SGB I fingiert werden (Urteil vom 25.2.2021).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Gründe für die Zulassung der Revision iS des § 160 Abs 2 SGG werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr, zB BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 4 mwN; aus jüngster Zeit Senatsbeschluss vom 6.4.2021 - B 5 RE 16/20 B - juris RdNr 5). Diese Anforderungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl BVerfG ≪Kammer≫; Beschluss vom 14.4.2010 - 1 BvR 2856/07 - SozR 4-1500 § 160a Nr 24 RdNr 5 ff).
Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. In der Beschwerdebegründung muss deshalb unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG bzw des BVerfG zu dem Problemkreis substantiiert vorgebracht werden, dass zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile und Beschlüsse die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist (vgl ua Senatsbeschluss vom 6.4.2021 - B 5 RE 16/20 B - juris RdNr 6 mwN).
Die Klägerin formuliert als Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung:
"Frage 1: War während eines laufenden Verwaltungs- und/oder Gerichtsverfahrens bezüglich einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht vor Einführung des § 231 Abs. 4b SGB VI ein erneuter Antrag auf rückwirkende Befreiung beim zuständigen Leistungsträger nach § 231 Abs. 4b S. 6 SGB VI erforderlich, wenn durchgehend dieselbe Tätigkeit ausgeübt wurde, für die nach dem 01.01.2016 die Zulassung zur Syndikusanwaltschaft (§§ 46 ff. BRAO) erfolgte?"
"Frage 2: Stünde diesem Antrag, falls erforderlich, der Eingang des Begehrens auf rückwirkende Befreiung bei Gericht im anhängigen Verfahren gleich?"
2. Die Klägerin hat die Klärungsbedürftigkeit der von ihr aufgeworfenen Fragen nicht ausreichend aufgezeigt.
a) Ihre erste Frage befasst sich damit, ob "ein erneuter Antrag auf rückwirkende Befreiung" erforderlich ist, wenn bereits vor Einführung des § 231 Abs 4b SGB VI zum 1.1.2016 ein Verwaltungs- und/oder Gerichtsverfahren zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht anhängig gemacht wurde, das am Stichtag 1.4.2016 noch nicht abgeschlossen war und durchgehend dieselbe Tätigkeit ausgeübt wurde, für die die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin erteilt worden ist. Die Klägerin wendet sich damit gegen die aus ihrer Sicht geäußerte "Auffassung der Vorinstanzen", dass sie verpflichtet gewesen sei, "einen erneuten Befreiungsantrag" für die von ihr durchgehend ausgeübte Tätigkeit zu stellen, und führt im Folgenden - auch mit ausführlichen Zitaten aus den Gesetzesmaterialien - umfangreich aus, dass das im Widerspruch zum Zweck des § 231 Abs 4b SGB VI stehe. Das Ziel einer möglichst kontinuierlichen Versicherungsbiografie dürfe "nicht durch eine formalistische Aufspaltung in zwei durch gesonderte Antragstellung einzuleitende Verwaltungsverfahren unterlaufen werden".
Die Klägerin befasst sich bereits nicht mit dem für die Auslegung einer Norm zunächst maßgeblichen Wortlaut der Vorschrift in den Sätzen 1 und 6 ("auf Antrag" bzw "der Antrag auf rückwirkende Befreiung nach den Sätzen 1 und 2"; vgl dazu den Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte, BT-Drucks 18/5201 S 46 f - zu Art 5, zu Nr 2). Das wäre jedoch erforderlich gewesen, um aufzuzeigen, dass sich die aufgeworfene Rechtsfrage überhaupt ernsthaft stellt (zur Unsicherheit, "worauf die Fragestellung zielt", s auch die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Helling-Plahr ua und der Fraktion der FDP, BT-Drucks 19/13808 S 6 - zu Frage 5).
Die Beschwerdebegründung hätte sich auch damit auseinandersetzen müssen, dass die Übergangsvorschrift des § 231 Abs 4b SGB VI die Möglichkeit eröffnete, auf Antrag die Wirkung der Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt rückwirkend zu verlängern, der im November 2011 gestellte Antrag und das anschließende Verfahren hingegen eine Befreiung als Rechtsanwalt nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI betraf (zu den unterschiedlichen Regelungsinhalten von § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI und von § 231 Abs 4b SGB VI vgl bereits BSG Urteil vom 23.9.2020 - B 5 RE 3/19 R - SozR 4-2600 § 231 Nr 8 RdNr 31 f, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen).
Zudem enthält die Beschwerdebegründung keine ausreichenden Darlegungen dazu, dass Frage 1 höchstrichterlich noch nicht beantwortet ist und deshalb noch weitergehender Klärungsbedarf besteht. Nach Darstellung ihrer Rechtsauffassung, dass es "überhaupt keinen Sinn" mache, einen erneuten rückwirkenden Befreiungsantrag zu stellen, wenn immer noch die gleiche Tätigkeit ausgeübt werde, verweist die Klägerin lediglich darauf, dass sich der Senat im Beschluss vom 4.8.2020 (B 5 RE 4/20 B) zum Antragserfordernis nicht geäußert habe. Dagegen verhält sich die Klägerin nicht zu der von ihr selbst zitierten Entscheidung vom 26.2.2020 (B 5 RE 2/19 R - SozR 4-2600 § 231 Nr 7). Darin heißt es: "Auf der Tatbestandsseite setzt die Norm danach nur voraus, dass zum einen die Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt oder Syndikuspatentanwalt nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI unter Berücksichtigung der ab dem 1.1.2016 maßgeblichen berufsrechtlichen Vorschriften erteilt wurde und zum anderen ein fristgerechter (§ 231 Abs 4b Satz 6 SGB VI) Antrag auf früheren Beginn der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gestellt wird ('auf Antrag'). Weitere Voraussetzungen formuliert § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI nicht" (vgl BSG aaO RdNr 19). Ebenso fehlt es an einer Auseinandersetzung mit dem von der Klägerin ebenfalls zitierten Senatsurteil vom 23.9.2020 (B 5 RE 3/19 R - SozR 4-2600 § 231 Nr 8). Dort ist im Rahmen der Subsumtion ausdrücklich hervorgehoben, dass die Klägerin jenes Verfahrens "einen fristgerechten Antrag bis zum Ablauf des 1.4.2016 gestellt" hatte (vgl BSG aaO RdNr 13).
b) Mit ihrer zweiten Frage will die Klägerin für den Fall, dass entgegen ihrer Rechtsmeinung ein Antrag zur Herbeiführung der Rückwirkung der Befreiung als Syndikusrechtsanwältin erforderlich sein sollte, geklärt wissen, ob einem solchen Antrag der Eingang des Begehrens auf rückwirkende Befreiung bei Gericht im anhängigen Verfahren gleichsteht. Gemeint ist damit offenkundig die Frage, ob der Eingang eines solchen Antrags bei Gericht die in § 231 Abs 4b Satz 6 SGB VI genannte Frist wahrt.
Auch zu dieser Frage fehlt es an ausreichenden Darlegungen, inwiefern weiterer höchstrichterlicher Klärungsbedarf besteht. Die Klägerin führt insoweit aus, es dürften im Hinblick auf den Zweck der Regelung keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. Zu § 16 Abs 1 SGB I trägt sie vor, die Vorschrift gelte nur für den Fall, "dass erstmals Leistungen bei einem Rentenversicherungsträger beantragt werden", während es im Gegensatz dazu hier "bereits ein laufendes Verwaltungsverfahren, in Form des Klageverfahrens, für die gleiche Tätigkeit der klagenden Partei gab". Soweit sie dennoch mit dieser Vorschrift argumentiert, hätte sie sich mit der zur Auslegung von § 16 Abs 1 Satz 2 SGB I bereits ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinandersetzen müssen. Danach enthält ein Antrag auf Sozialleistungen eine öffentlich-rechtliche empfangsbedürftige Willenserklärung und ist deshalb erst gestellt, wenn er in den Machtbereich des Sozialleistungsträgers gelangt, sofern nicht ausnahmsweise die Regelung in § 16 Abs 2 Satz 2 SGB I zur Anwendung kommt (vgl BSG Urteil vom 26.1.2000 - B 13 RJ 37/98 R - SozR 3-5910 § 91a Nr 7 - juris RdNr 39 mwN). Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass die zuletzt genannte Regelung den für die Betroffenen im gegliederten System vielfach undurchschaubaren behördlichen Zuständigkeiten für die Erbringung von Sozialleistungen Rechnung tragen soll. Inwiefern eine vergleichbare Situation auch hinsichtlich des Antrags einer - zur qualifizierten Rechtsberatung berufenen - Syndikusrechtsanwältin besteht, die sich im Verfahren über die Rückwirkung ihrer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht durch einen fachkundigen Rechtsanwalt vertreten lässt, erläutert sie nicht. Ebenso wenig setzt sich die Klägerin mit der Argumentation des LSG auseinander, die Gerichte gehörten nicht zu den Stellen, für die § 16 Abs 2 Satz 2 SGB I den Zeitpunkt des Eingangs eines Antrags dort als maßgeblich fingiere.
Soweit die Klägerin meint, in den hier vorliegenden Sonderfällen sei der "Rechtsgedanke des § 91 SGG anzuwenden", der "ein wesentlicher Rechtsgedanke zur Fristwahrung" sei, setzt sie sich nicht mit der Rechtsprechung des BSG zum begrenzten Anwendungsbereich dieser Vorschrift zur Wahrung der Klagefrist im sozialgerichtlichen Verfahren auseinander. Danach dient die Vorschrift allein dem Schutz rechtsunkundiger oder verfahrensrechtlich ungewandter, mit der Behördenzuständigkeit wenig vertrauter Kläger. Sie soll aber nicht dem mit der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten befassten Anwalt planmäßig eine ihm - aus welchen Gründen auch immer - vorteilhaft erscheinende Verfahrensweise ermöglichen (vgl BSG Beschluss vom 20.4.1999 - B 1 SF 1/98 B - SozR 3-1500 § 91 Nr 1 S 3; BSG Urteil vom 25.4.2018 - B 8 SO 23/16 R - SozR 4-1500 § 91 Nr 1 RdNr 18). Mit der besonderen Problematik, dass das Verfahren vor dem SG ruhte, als sie ihren Antrag dort mit der Bemerkung, er sei überhaupt nicht nötig, "rein vorsorglich" stellte, befasst sich die Klägerin nicht (vgl § 251 iVm § 249 Abs 2 ZPO). Schließlich genügt für eine hinreichende Darlegung der Klärungsbedürftigkeit auch nicht der Hinweis auf den "Grundgedanken des § 96 SGG", wonach "das, was zusammengehört, auch zusammen entschieden werden" solle, und es gehe "immer um § 6 SGB VI", weshalb ein weiterer Antrag nicht mehr gestellt werden könne.
c) Der Verweis der Klägerin auf die gegen das Urteil des Senats vom 26.2.2020 beim BVerfG anhängige Verfassungsbeschwerde (1 BvR 1805/20) ist nicht dazu geeignet, eine grundsätzliche Bedeutung der hier von ihr angeführten Fragen zu belegen. Diese Fragen waren für die Entscheidung vom 26.2.2020 ohne Relevanz; der dortige Kläger hatte den Antrag auf Rückwirkung der Befreiung fristgerecht bis zum Ablauf des 1.4.2016 gestellt (vgl BSG Urteil vom 26.2.2020 - B 5 RE 2/19 R - SozR 4-2600 § 231 Nr 7 RdNr 17).
3. Es ist auch eine Bedeutung der aufgeworfenen Fragen über den Einzelfall hinaus nicht hinreichend dargelegt. Die von der Klägerin angeführten "bundesweit ca. 12.000 Anträge auf Zulassung zur Syndikusanwaltschaft", wobei etwa 90 % eine Zulassung für dieselbe, auch zuvor ausgeübte Tätigkeit betrafen, belegen keine Breitenwirkung der hier angestrebten Entscheidung zu den Voraussetzungen eines fristgerechten Antrags iS von § 231 Abs 4b Satz 6 SGB VI (zu den Anforderungen im Einzelnen vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160 RdNr 7b mwN). Die angeführten fünf Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vor dem BSG indizieren ebenfalls keine unbestimmte Anzahl ähnlich gelagerter Fälle (vgl BSG Beschluss vom 28.6.2017 - B 6 KA 84/16 B - juris RdNr 6: acht SG-Verfahren nicht ausreichend). Das gilt umso mehr, als diese alle von demselben Prozessbevollmächtigten geführt werden. Das deutet eher darauf hin, dass es sich um Einzelfälle handelt, die von einer individuellen Vorgehensweise geprägt sind.
4. Zudem ist zweifelhaft, ob sich aus der Beschwerdebegründung die Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) der angeführten Fragen in dem angestrebten Revisionsverfahren in hinreichender Weise ergibt. Die Übergangsvorschrift in § 231 Abs 4b SGB VI sieht für unterschiedliche Zeiträume einer Rückwirkung unterschiedliche Voraussetzungen vor. Nach Satz 1 aaO wirkt eine Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt nach den ab dem 1.1.2016 geltenden Vorschriften "auf Antrag" auch rückwirkend vom Beginn derjenigen Beschäftigung an, für die die Befreiung von der Versicherungspflicht erteilt wird. Nach Satz 2 aaO wirkt die Befreiung sogar vom Beginn davor liegender Beschäftigungen an, wenn während dieser Beschäftigungen eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk bestand. Satz 4 aaO erfordert für eine Rückwirkung "auch für Zeiten vor dem 1. April 2014", dass für diese Zeiten einkommensbezogene Pflichtbeiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk gezahlt wurden. Aus dem Vortrag der Klägerin in der Beschwerdebegründung ergibt sich nicht, ob während des gesamten streitbefangenen Zeitraums eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk bestand und ob sie im Zeitraum vom 1.10.2011 bis zum 31.3.2014 einkommensbezogene Pflichtbeiträge an ein Versorgungswerk tatsächlich geleistet hat (zu den Voraussetzungen von "einkommensbezogenen Pflichtbeiträgen" vgl grundlegend BSG Urteil vom 23.9.2020 - B 5 RE 3/19 R - SozR 4-2600 § 231 Nr 8 - zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Ausführungen dazu wären insbesondere auch deshalb erforderlich gewesen, weil das LSG-Urteil - auf der Grundlage des Rechtsstandpunkts des Berufungsgerichts zur Frage der Antragsfrist konsequent - hierzu keine Feststellungen enthält.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14668832 |