Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. Januar 2021 Prozesskostenhilfe zu gewähren und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger wendet sich gegen die Versagung von Leistungen nach dem Gesetz über die Entschädigung von Opfern von Gewalttaten (OEG) wegen fehlender Mitwirkung.
Der Kläger beantragte im Februar 2016 beim Beklagten die Gewährung von Leistungen nach dem OEG. Er sei Opfer von "direkten und indirekten, leichten bis schwersten Straftaten, verübt durch föderal begleiteter urbaner Marketingoffensive in Kampagnenhaltung zu wirtschaftlichem Zweck und Strafverfolgungsvereitelung in illegaler gemeinsamer Orientierung gegen" ihn "als Zielperson und die Allgemeinheit". Seine Hauptforderung belaufe sich auf 20 Millionen Euro aus 20 000 Übergriffen in Schaden und Schmerzen von 1000 Euro.
Die gegen den Kläger zunächst durch das Amtsgericht Konstanz angeordnete Betreuung wurde im Jahr 2017 wegen Unbetreubarkeit wieder aufgehoben.
Nachdem der Kläger trotz mehrfacher Aufforderung und Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht nach § 60 Abs 1 SGB I keine Angaben zu den behaupteten Straftaten gemacht hatte, lehnte der Beklagte die Gewährung von Beschädigtenversorgung ab. Der Kläger habe seine Mitwirkungspflichten verletzt und dadurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert (Bescheid vom 18.4.2018, Widerspruchsbescheid vom 18.5.2018).
Das SG hat ein psychiatrisches Sachverständigengutachten nach Aktenlage zur Prozessfähigkeit des Klägers eingeholt. Der Sachverständige S hat darin für den Kläger die Diagnose einer paranoiden Schizophrenie gestellt, die seine Geschäftsfähigkeit gerade bezüglich des laufenden Gerichtsverfahrens aufhebe. Für dieses Verfahren sei die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung sinnvoll.
Nach Anhörung des Klägers hat das SG ihm seine besondere Vertreterin beigeordnet, weil dies seinem erkennbaren Interesse entspreche (Beschluss vom 16.9.2019). Beschwerde und Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen die Beiordnung sind erfolglos geblieben.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Anfechtungsklage des Klägers abgewiesen. Der Beklagte habe seinen Antrag auf Entschädigungsleistungen zu Recht nach § 66 Abs 1 Satz 1 SGB I wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt (Gerichtsbescheid vom 17.8.2020).
Die von der besonderen Vertreterin des Klägers eingelegte Berufung hat das LSG mit derselben Begründung wie das SG zurückgewiesen (Urteil vom 14.1.2021).
Mit ihrer für den Kläger erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde rügt seine besondere Vertreterin eine Verletzung rechtlichen Gehörs durch das LSG. Der Kläger habe weder während des Verwaltungs- noch des Gerichtsverfahrens die Möglichkeit gehabt, die ihm widerfahrenden Verletzungen in angemessener Weise vorzutragen.
Der Kläger lehnt die besondere Vertretung weiterhin ab; er hat unter dem 1.4.2021 sinngemäß Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung eines anderen Rechtsanwalts für die Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde beantragt.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist von der besonderen Vertreterin des Klägers wirksam für ihn erhoben worden. § 72 Abs 1 SGG erlaubt die Bestellung eines besonderen Vertreters für das Gerichtsverfahren längstens bis zum Eintritt eines Vormundes, Betreuers oder Pflegers, damit bis dahin die Interessen des prozessunfähigen Beteiligten im Verfahren lückenlos gewahrt bleiben. Indes ist nach der Bestellung der besonderen Vertreterin des Klägers im Jahr 2019 kein solcher Eintritt erfolgt; die zuvor vom Amtsgericht angeordnete Betreuung des Klägers war bereits 2017 aufgehoben und danach nicht mehr erneuert worden. Ebenso wenig hat das SG von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Vertreterbestellung nach § 72 Abs 1 SGG auf den ersten Rechtszug zu beschränken. Sie wirkt daher im Instanzenzug und damit auch im Beschwerdeverfahren beim BSG fort (vgl Senatsbeschluss vom 14.11.2013 - B 9 SB 84/12 B - SozR 4-1500 § 72 Nr 3 RdNr 7). Als Rechtsanwältin ist die besondere Vertreterin des Klägers nach § 73 Abs 4 SGG vor dem BSG postulationsfähig.
Die gegen das Handeln seiner besonderen Vertreterin wiederholten Einwände des Klägers sind unbeachtlich. Seine Rechtsmittel gegen die Bestellung sind erfolglos geblieben. Die Bestellung bleibt damit rechtskräftig und wirksam. Zwar darf das Gericht eine Handlung des besonderen Vertreters seiner Entscheidung nicht ohne Weiteres zum Nachteil des prozessunfähigen Beteiligten zugrunde legen, wenn die Entscheidung dessen Wünschen und Interessen erkennbar widerspricht (Senatsbeschluss vom 14.11.2013 - B 9 SB 84/12 B - SozR 4-1500 § 72 Nr 3 RdNr 10). Wie sich indes aus den Schreiben des Klägers und seinem PKH-Antrag ergibt, möchte er durchaus Nichtzulassungsbeschwerde erheben, nur lehnt er seine besondere Vertreterin ab und möchte stattdessen einen anderen Anwalt beauftragen. Über die Auswahl und Bestellung seiner besonderen Vertreterin ist indes, wie ausgeführt, rechtskräftig entschieden.
2. Der PKH-Antrag des Klägers ist unwirksam und deshalb abzulehnen. Der Kläger ist nach den Feststellungen des SG prozessunfähig und kann deshalb selbst keine wirksamen Prozesshandlungen vornehmen (§ 71 Abs 1 SGG). Seine besondere Vertreterin hat für den Kläger keinen PKH-Antrag gestellt, und den Antrag des Klägers auf PKH für die Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde durch einen anderen Rechtsanwalt nicht genehmigt. Ohnehin bedarf der Kläger wegen seiner besonderen Vertreterin, einer Rechtsanwältin, keiner weiteren anwaltlichen Vertretung, um seine Rechte zu wahren (vgl § 73a Abs 1 Satz 1 iVm § 121 ZPO). Unabhängig davon kann PKH auch nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO), an der es hier fehlt (dazu unter 3.).
3. Die von seiner besonderen Vertreterin wirksam für den Kläger erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung verfehlt die gesetzlichen Anforderungen, weil der allein behauptete Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung dieses Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst substantiiert die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen dargetan werden. In dieser Hinsicht fehlt bereits eine objektive, strukturierte und aus sich heraus verständliche Darlegung der Verfahrens- und Prozessgeschichte sowie des vom LSG festgestellten Sachverhalts und damit der Tatumstände, die zu einer Gehörsverletzung geführt haben könnten (vgl Senatsbeschluss vom 28.6.2018 - B 9 SB 53/17 B - juris RdNr 5; Senatsbeschluss vom 16.2.2017 - B 9 V 48/16 B - juris RdNr 10 mwN). Es ist nicht Aufgabe des BSG als Beschwerdegericht, sich im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren selbst die maßgeblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Urteil herauszusuchen (stRspr; zB Senatsbeschluss vom 27.8.2020 - B 9 SB 4/20 B - juris RdNr 8 mwN). Ohne eine solche strukturierte Darstellung des für die Entscheidung erheblichen Sachverhalts und des Begehrens des Klägers vermag der Senat den behaupteten Verfahrensmangel nicht zu beurteilen.
Ohnehin rügt die besondere Vertreterin des Klägers seine unterbliebene Anhörung im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren ohne darzulegen, warum der Kläger seinen im Verwaltungsverfahren unterbliebenen Vortrag nicht spätestens im Gerichtsverfahren mit ihrer Hilfe nachholen und sich so rechtliches Gehör verschaffen konnte (vgl BSG Beschluss vom 22.3.2021 - B 13 R 223/20 B - juris RdNr 5 mwN). Die Bestellung eines besonderen Vertreters dient ua gerade dazu, die Nachteile auszugleichen, die mit dem fehlenden oder unzureichenden Vortrag eines prozessunfähigen Beteiligten verbunden sein können, um ihm bei der Durchsetzung seiner Rechte zu helfen. Dies entspricht im Übrigen auch den Vorgaben der von der Beschwerde zitierten UN-Behindertenrechtskonvention (vgl Senatsbeschluss vom 14.11.2013 - B 9 SB 84/12 B - SozR 4-1500 § 72 Nr 3 RdNr 9).
Schließlich hat die Beschwerde auch nicht dargelegt, welchen Vortrag des Klägers der Beklagte in der Sache überhaupt übergangen haben und warum deshalb das Berufungsurteil auf der vermeintlichen Gehörsverletzung beruhen könnte. Dies wäre aber für eine formgerecht Rüge erforderlich gewesen (vgl Senatsbeschluss vom 30.10.2020 - B 9 SB 17/20 B - juris RdNr 9).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14902344 |