Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. September 2021 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt die Berücksichtigung von Zeiten, in denen er Beiträge zum System der landwirtschaftlichen Alterssicherung entrichtet hat, im Rahmen der Wartezeit von 45 Jahren für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der im Jahr 1959 geborene Kläger legte in der Zeit vom 1.7.1993 bis zum 30.10.2000 Beitragszeiten in der landwirtschaftlichen Alterssicherung zurück. Zuvor war er seit dem 1.1.1975 bis zum 30.6.1993 und erneut ab dem 1.11.2000 in der Arbeiterrentenversicherung bzw - ab 1.1.1992 - in der allgemeinen Rentenversicherung pflichtversichert. Seinen Antrag auf Vormerkung seiner Beitragszeiten in der landwirtschaftlichen Alterssicherung als Pflichtbeitragszeit zur Erfüllung der Wartezeit von 45 Jahren, die Voraussetzung für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte (abschlagsfrei für Versicherte des Geburtsjahrgangs 1959 ab dem Alter von 64 Jahren und zwei Monaten, vgl § 236b Abs 2 Satz 2 SGB VI) aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist, lehnte der beklagte Rentenversicherungsträger ab (Bescheid vom 23.3.2020, Widerspruchsbescheid vom 17.8.2020). Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des SG vom 18.2.2021 bzw des LSG vom 10.9.2021). Das LSG hat die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers nicht geteilt und hierzu auf Rechtsprechung des BSG sowie des Bayerischen LSG verwiesen. Zudem hat es dem Kläger Verschuldenskosten in Höhe von 1000 Euro auferlegt.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Eine grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 4 mwN; BSG Beschluss vom 24.6.2021 - B 5 RE 6/21 B - juris RdNr 6).
Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. In der Beschwerdebegründung muss deshalb unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG bzw des BVerfG zu dem Problemkreis substantiiert vorgebracht werden, dass zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile und Beschlüsse die aufgeworfene Frage noch nicht beantwortet worden ist (vgl ua BSG Beschluss vom 24.6.2021 - B 5 RE 6/21 B - juris RdNr 7 mwN).
Der Kläger formuliert die Frage,
"ob die Beiträge, die der Kläger nach den Vorschriften des ALG gezahlt hat Beitragszeiten als Pflichtbeitragszeiten i.S.d. § 55 Abs. 1 SGB VI darstellen."
Er führt dazu weiter aus, das Gesetz sehe insoweit eine Anrechnung nicht vor. Das BSG habe dies in seinen Entscheidungen "vom 22. Februar 2019 zum Az. 4 RA 62/89" (gemeint: BSG Urteil vom 22.2.1990 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 3) und "vom 16. Juni 2015 zum Az. B 10 LW 1/03 R" (gemeint: BSG Urteil vom 16.6.2005 - SozR 4-5868 § 13 Nr 1) unter Hinweis darauf bestätigt, dass die Altershilfe für Landwirte ein selbstständiges und berufsstandbezogenes, auf die Bedürfnisse der landwirtschaftlichen Bevölkerung zugeschnittenes Sondersystem sei. Das sei jedoch unzutreffend; diese Gesetzesauslegung sei verfassungswidrig. Er - der Kläger - habe in gleicher Höhe in das System des ALG eingezahlt, wie das ansonsten auch bei der Beklagten erfolgt wäre. Da sein Gemüseanbaubetrieb zu klein für eine Fortführung gewesen sei, habe ihm auch nicht die Möglichkeit offen gestanden, über Verpachtungen oder einen Hofübergabevertrag für seine Alterssicherung zu sorgen. Es sei auch nicht nachzuvollziehen, dass Beitragszeiten zur allgemeinen Rentenversicherung im Rahmen des ALG als Beitragszeiten berücksichtigt würden, nicht aber umgekehrt. Das stelle eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung dar. Zudem liege in seinem konkreten Fall eine planwidrige Regelungslücke vor. Im Fall einer freiwilligen Beitragszahlung zur allgemeinen Rentenversicherung wäre er mit doppelten Beiträgen belastet gewesen, was zu einer Ungleichbehandlung und zu einer Verletzung seines Eigentumsrechts geführt hätte.
Damit hat der Kläger einen ernstlich bestehenden Klärungsbedarf zur Verfassungswidrigkeit des § 55 Abs 1 SGB VI insoweit, als diese Vorschrift nach ihrem systematischen Kontext Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung erfordert und Pflichtbeiträge zu einem anderen Alterssicherungssystem (zB Alterssicherung der Landwirte, Beiträge zu einem berufsständischen Versorgungswerk oder zur Künstlersozialversicherung) nicht einbezieht, nicht hinreichend dargelegt. Wer die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Regelung als eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung geltend machen will, darf sich nicht damit begnügen, die eigene Rechtsmeinung zur Verfassungswidrigkeit auszubreiten. Er muss vielmehr in substantieller Auseinandersetzung mit bereits vorhandener Rechtsprechung des BSG und des BVerfG zu dem Problemkreis darstellen, inwiefern im konkreten Fall eine Verletzung von Verfassungsvorschriften vorliegt. Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der betroffenen einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und im Einzelnen beschrieben werden, wodurch welche Vorschrift des GG verletzt wird (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 19.3.2020 - B 1 KR 89/18 B - SozR 4-2500 § 291 Nr 3 RdNr 19; BSG Beschluss vom 8.4.2020 - B 12 R 45/19 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 17.11.2021 - B 5 R 221/21 B - juris RdNr 11, jeweils mwN). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers nicht.
Insbesondere setzt sich der Kläger nicht mit dem einschlägigen Urteil des BSG vom 6.2.2003 (B 13 RJ 17/02 R - BSGE 90, 285 = SozR 4-2600 § 55 Nr 1) auseinander, welches das LSG in seiner Entscheidung ausdrücklich angeführt hat. In jenem Urteil ist ausführlich dargestellt, aus welchen Gründen der Gesetzgeber von einer gegenseitigen Anrechnung von Versicherungszeiten abgesehen hat, die in der Alterssicherung für Landwirte oder in der allgemeinen Rentenversicherung zurückgelegt wurden. Zudem wird dort näher begründet, weshalb von einer systemwidrigen Lücke im SGB VI hinsichtlich der Anrechenbarkeit von Beiträgen zur Alterssicherung für Landwirte auf die Wartezeit für eine Altersrente nicht ausgegangen werden kann und dass eine entsprechende Anwendung von § 17 Abs 1 Satz 2 Nr 1 ALG im Rahmen des § 55 SGB VI aus Gründen der Gleichbehandlung nicht geboten ist (vgl BSG Urteil vom 6.2.2003 - aaO S 287 f bzw RdNr 11 ff, 16 f; ebenso BSG Urteil vom 19.5.2004 - B 13 RJ 4/04 R - juris RdNr 25 ff). Mit all dem befasst sich der Kläger in seiner Beschwerdebegründung nicht. Er behauptet lediglich pauschal, eine Vergleichbarkeit mit den vorhergehenden Urteilen des BSG sei nicht gegeben, und führt (unzutreffend) aus, dass sich die Rechtsprechung des BSG bislang nur auf die Zahlung von Berufsunfähigkeitsrenten bezogen habe. Sein Hinweis darauf, dass sein Gemüseanbaubetrieb für eine Verpachtung oder eine Hofübergabe zu klein gewesen sei, lässt die Befugnis des Gesetzgebers zu pauschalierenden und typisierenden Regelungen außer Acht (vgl BVerfG Beschluss vom 8.7.2021 - 1 BvR 2237/14 ua - juris RdNr 114 f, 149 f, 222). Soweit er eine Ungleichbehandlung mit anderen Personengruppen anführt, benennt er bereits die zum Vergleich herangezogenen Personengruppen nicht. Seine Ausführungen lassen auch nicht erkennen, inwiefern im Lichte der Rechtsprechung des BVerfG zum Schutzbereich des Art 14 Abs 1 GG sein Eigentumsrecht verletzt sein könnte, wenn er zusätzlich zu den Pflichtbeiträgen zur Alterssicherung der Landwirte (ggf subventioniert durch Beitragszuschüsse nach § 31 ALG; s hierzu BVerfG Beschluss vom 23.5.2018 - 1 BvR 97/14 ua - BVerfGE 149, 86 = SozR 4-5868 § 21 Nr 4, RdNr 13) auch noch freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet hätte.
Soweit der Kläger vorbringt, die Auferlegung von Verschuldenskosten nach § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG verstoße gegen seine Rechte, weil die vom LSG hierfür gegebene Begründung nicht tragfähig sei, muss dies hier dahinstehen. Auf eine Unrichtigkeit allein der Kostenentscheidung kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden (vgl BSG Beschluss vom 10.1.2018 - B 5 R 301/17 B - juris RdNr 21; BSG Beschluss vom 2.7.2018 - B 5 R 62/18 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 13.1.2020 - B 4 AS 1/20 B - juris RdNr 7).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Düring Körner Gasser
Fundstellen
Dokument-Index HI15129243 |