Verfahrensgang
SG Lüneburg (Entscheidung vom 22.12.2022; Aktenzeichen S 16 KR 161/20) |
LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 16.01.2024; Aktenzeichen L 16 KR 36/23) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 16. Januar 2024 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit wendet sich die Klägerin gegen die Erhebung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und sozialen Pflegeversicherung (sPV) auf eine Kapitalzahlung aus betrieblicher Altersversorgung.
Die ehemalige Arbeitgeberin der 1963 geborenen Klägerin schloss für sie im Jahr 2003 im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung eine Lebensversicherung als Direktversicherung ab. Am 20.11.2019 erhielt die Klägerin hieraus eine einmalige Kapitalleistung in Höhe von 29 119,68 Euro ausgezahlt. Die Beklagte legte - auch im Namen der Pflegekasse - den Kapitalbetrag anteilig der Beitragserhebung in der GKV und in der sPV zugrunde(Bescheid vom 1.4.2020; Widerspruchsbescheid vom 29.6.2020; Änderungsbescheide vom 3.11.2020, 17.12.2020, 1.11.2021, 20.7.2022 und 4.1.2023) .
Das SG hat die Klage abgewiesen(Urteil vom 22.12.2022) . Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und hinsichtlich des während des Berufungsverfahrens ergangenen Bescheids vom 4.1.2023 die Klage abgewiesen. Das BVerfG habe die Verfassungsmäßigkeit der Beitragserhebung auf Kapitalleistungen aus Direktversicherungen mehrfach bestätigt(Urteil vom 16.1.2024) . Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. In der Begründung des Rechtsmittels ist entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG kein Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist(stRspr; vglBSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17;BSG Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6 mwN) . Dem wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Nach Auffassung der Klägerin liege eine klärungsbedürftige Rechtsfrage
"in der beitragsrechtlichen Ungleichbehandlung der Begünstigten einer Direkt-Lebensversicherung und den sog. Riester-Rentnern."
Zwar habe sich das BSG hierzu bereits insbesondere im Urteil vom 26.2.2019( B 12 KR 17/18 R - BSGE 127, 254 = SozR 4-2500 § 229 Nr 24) geäußert. Diese Entscheidung sei aber fehlerhaft.
a) Die Beschwerdebegründung erfüllt die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge(vgl hierzu exemplarischBSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) nicht, weil darin keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts(§ 162 SGG ) mit höherrangigem Recht(BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - juris RdNr 11 mwN) formuliert wird. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann(BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN) .
b) Unabhängig davon legt die Klägerin auch die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage nicht hinreichend dar. Eine Rechtsfrage ist dann höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben(BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN) . Daher muss substantiiert aufgezeigt werden, dass und warum sich früheren Entscheidungen keine solchen Anhaltspunkte entnehmen lassen. Eine höchstrichterlich bereits geklärte Rechtsfrage zum Anwendungsbereich einer Vorschrift des Bundesrechts kann iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG erneut klärungsbedürftig werden, wenn den bisherigen Entscheidungen in nicht geringem Umfang in Rechtsprechung oder Schrifttum widersprochen wird und keineswegs von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden. Dass diese Voraussetzungen vorliegen, ist in der Beschwerdebegründung näher darzulegen. Hierzu muss substantiiert aufgezeigt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und mit welcher Begründung der bisherigen Rechtsprechung widersprochen wird bzw inwiefern die Beantwortung der Rechtsfrage weiterhin umstritten ist oder welche neuen erheblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind, die zu einer Neubetrachtung der bereits entschiedenen Rechtsfrage führen könnten und eine anderweitige Entscheidung nicht offensichtlich ausschließen(vgl uaBSG Beschluss vom 4.5.2023 - B 5 R 30/23 B - juris RdNr 10 mwN) . Dem wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin benennt das Urteil des BSG vom 26.2.2019( B 12 KR 17/18 R - BSGE 127, 254 = SozR 4-2500 § 229 Nr 24; die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil wurde nicht zur Entscheidung angenommen,BVerfG 1. Senat 2. Kammer Beschluss vom 5.10.2022 - 1 BvR 1950/19 ) . Das Urteil des BSG sei aber aus verschiedenen Gründen ihrer Ansicht nach fehlerhaft. Hierdurch wird nach den oben genannten Maßstäben eine erneute Klärungsbedürftigkeit, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen würde, nicht hinreichend dargelegt.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen(§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ) .
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von§ 193 SGG .
Fundstellen
Dokument-Index HI16638385 |