Verfahrensgang
Tenor
Die Verfahren B 14 AS 444/17 B und B 14 AS 445/17 B werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. Führend ist das Verfahren B 14 AS 444/17 B.
Die Beschwerden des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in den Urteilen des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12.10.2017 (L 19 AS 502/16 und L 19 AS 521/16) werden als unzulässig verworfen.
Die Anträge des Klägers, ihm für die Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerden gegen die genannten Urteile Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt I., V., zu bewilligen, werden abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerden konnten gemäß § 113 Abs 1 SGG verbunden werden, denn der Kläger begehrt in beiden Verfahren - nur jeweils für unterschiedliche Monate - höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung von dem beklagten Jobcenter.
Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in den angefochtenen Entscheidungen sind als unzulässig zu verwerfen, weil die zu ihrer Begründung aufgeführten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der gebotenen Weise schlüssig dargelegt oder bezeichnet werden (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Der Senat kann deshalb über die Beschwerden ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG entscheiden.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 13). Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig.
Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60), sowie die Darlegung, dass zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 65 f). Weiterhin ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16).
Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Kläger hat folgende Rechtsfragen formuliert:
"1. Kann, wenn in Abweichung zu den Anforderungen des Bundessozialgerichts nur ein Konzept zur Ermittlung der angemessenen Kaltmiete vorliegt, wie vorliegend der Fall, der darin festgelegte Wert bei der Festlegung der angemessenen Bruttokaltmiete nach § 22 SGB II derart berücksichtigt werden, dass nur noch eine Addition der für angemessen erachteten monatlichen kalten Betriebskosten erfolgt?
Oder ist nicht vielmehr die angemessene Bruttokaltmiete eigenständig zu ermitteln?
2. Kann bei einer Bestimmung der angemessenen monatlichen Vorauszahlungen auf die kalten Betriebskosten zur Bestimmung der angemessenen Bruttokaltmiete nach § 22 SGB II auf die Auswertung der Bundesagentur für Arbeit in der Statistik "Arbeitsmarkt in Zahlen, Statistik der Grundsicherung, für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Wohn- und Kostensituation" für zurückgegriffen werden, die den Mittelwert der tatsächlich angefallenen Betriebskosten alleine bei Beziehern von SGB II-Leistungen in Haushaltsgemeinschaften wieder gibt? Oder ist nicht, weil die Bestimmung auch ex ante zu erfolgen hat, auf die Werte des Betriebskostenspiegels des Deutschen Mieterverbunds NRW abzustellen?
3. Kann bei der Bestimmung der angemessenen kalten Betriebskostenvorauszahlungen ohne Rücksicht auf die tatsächliche Wohnungsgröße (hier 54 m≪sup≫2≪/sup≫) alleine auf die für eine Person als angemessen erachtete Wohnungsgröße (derzeit 50 m≪sup≫2≪/sup≫) abgestellt werden? Oder ist nicht, wenn auf die Statistik abgestellt werden würde, sodann der Mittelwert mit der tatsächlichen Wohnungsgröße zu multiplizieren, wenn diese die Größe von 50 m≪sup≫2≪/sup≫ überschreitet?
4. Können Leistungen eines Beziehers von Leistungen nach dem SGB II für Kosten der Unterkunft auch auf die angemessenen Kosten der Unterkunft beschränkt werden oder sind die vollständigen Kosten der Unterkunft auch einer nicht angemessenen Wohnung zu berücksichtigen, wenn der Bezieher aufgrund fehlender Umzugsfähigkeit nicht oder später nicht in eine günstigere Wohnung umziehen kann?"
Der Kläger setzt sich jedoch nicht mit der zu den angesprochenen Rechtsfragen schon ergangenen Rechtsprechung auseinander und zeigt nicht auf, inwieweit diese einer weiteren Ausgestaltung bedarf. Schon hinsichtlich der einleitend angesprochenen Vorlagebeschlüsse des SG Mainz geht er nicht auf den sie verwerfenden Beschluss des BVerfG vom 6.10.2017 (1 BvL 2/15 und 1 BvL 5/15) ein. Hinsichtlich der Fragen zur Vereinbarkeit des vorliegend angewandten Konzepts zur Ermittlung der angemessenen Kaltmiete und der Einbeziehung der kalten Betriebskosten in die Bestimmung der angemessenen Bruttokaltmiete fehlt es an einer Auseinandersetzung mit der umfangreichen Rechtsprechung des BSG zum "schlüssigen Konzept" (vgl nur BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - BSGE 117, 250 = SozR 4-4200 § 22 Nr 81 - "Schlüssiges Konzept, Methodenfreiheit") und der Rechtsprechung zu Betriebskostenspiegeln (vgl nur BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R - RdNr 29 und - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 33). Gleiches gilt für die Rechtsprechung zur Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit eines Umzugs (vgl BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 36 f; BSG vom 23.8.2011 - B 14 AS 91/10 R, RdNr 27 ff).
Soweit der Kläger Verfahrensmängel geltend macht, weil das LSG unter Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) keine weitergehende Beweisaufnahme zur "Überprüfung der tatsächlichen Grundlagen der Ermittlung der Kaltmietgrenzen" durchgeführt habe, fehlt es an der genauen Bezeichnung eines in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG). Die bloße Behauptung, das LSG hätte sich zu einer weiteren Beweisaufnahme gedrängt sehen müssen, reicht insofern nicht aus. Soweit der Kläger darüber hinaus die Würdigung der Beweisaufnahme durch das LSG beanstandet, kann dies ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision führen, denn ein geltend gemachter Verfahrensmangel kann unter anderem nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG hinsichtlich der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Gerichts gestützt werden.
PKH ist dem Kläger nicht zu bewilligen, weil seine Rechtsverfolgung aus den vorstehend genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO). Da der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch sein Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI12038004 |