Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. August 2018 - L 18 AL 209/16 - wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).
Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund stützt, muss zu seiner Bezeichnung (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; s bereits BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 16 mwN).
Die Beschwerdebegründung der Klägerin, die sich in der Sache gegen die Aufhebung der Bewilligung von Alg wegen fehlender subjektiver Verfügbarkeit wendet, wird diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Sie macht im Wesentlichen geltend, das LSG habe unter Verletzung von § 128 Abs 2 SGG iVm § 107 SGG einen "scheinbaren Beweis" - missverständlicher und unvollständiger Text der Webseite des musikwissenschaftlichen Instituts der Universität Frankfurt am Main zur Berufsperspektive für Musikwissenschaftler - erhoben und sein Urteil darauf gestützt, ohne dass sich die Beteiligten dazu äußern konnten. Darin sei eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und eine Überraschungsentscheidung zu sehen.
Doch auch für die Rüge einer Gehörsverletzung, die im sozialgerichtlichen Verfahren nicht als absoluter Revisionsgrund geregelt ist (vgl § 202 Satz 1 SGG iVm § 547 ZPO), ist aufzuzeigen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht des LSG - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (stRspr; vgl bereits BSG vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - SozR 1500 § 160a Nr 36; zu den Anforderungen vgl etwa BSG vom 3.12.2015 - B 4 AS 169/15 B - juris, RdNr 9 mwN). Der Verfahrensmangel einer Überraschungsentscheidung ist zudem nur dann schlüssig bezeichnet, wenn im Einzelnen vorgetragen wird, aus welchen Gründen auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter aufgrund des bisherigen Prozessverlaufs nicht damit rechnen musste, dass das Gericht seine Entscheidung auf einen bestimmten Gesichtspunkt stützt (zu den Anforderungen vgl BSG vom 7.6.2016 - B 13 R 40/16 B - juris, RdNr 9).
Vorliegend hat die Klägerin jedenfalls nicht dargelegt, warum die Entscheidung des LSG darauf beruhen kann, dass sie zu dem vom LSG zitierten Text zur Berufsperspektive für Musikwissenschaftler nicht angehört wurde. Denn das LSG hat diesen Text allein im Zusammenhang mit den der Klägerin zumutbaren Berufstätigkeiten erwähnt. Diese Erwägungen stellen indes nicht die tragende Begründung der Entscheidung dar. Vielmehr stützt das LSG seine Entscheidung unter umfassender Würdigung des Verhaltens der Klägerin auf deren fehlende Bereitschaft, sich überhaupt Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung zu stellen, was nach dem klaren Wortlaut von § 138 Abs 5 Nr 3 und 4 SGB III die (subjektive) Verfügbarkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Alg ausschließt. Welche Tätigkeiten im Einzelnen zumutbar gewesen wären, ist bei der vom LSG festgestellten umfassenden Weigerung der Klägerin, sich von der Beklagten betreuen zu lassen, ohne Bedeutung. Die Annahme der fehlenden Verfügbarkeit kann für die Klägerin schon im Hinblick auf die Ausführungen im Urteil des SG nicht überraschend gewesen sein.
Soweit die Klägerin auch die Sachverhaltsaufklärung und die Beweiswürdigung des LSG zu den Umständen der Verfügbarkeit rügen will, steht dem schon die allgemeine Beschränkung der Verfahrensmängel entgegen, die nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend gemacht werden können. Auf einen noch in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zu den Umständen der Verfügbarkeit hat sich die Klägerin nicht bezogen.
Eine Abweichung (Divergenz) iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG hat die Klägerin ebenfalls nicht ausreichend bezeichnet. Dies erfordert es, aufzuzeigen, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht. Daran fehlt es, denn die Klägerin zeigt schon keinen konkreten, vom LSG zugrunde gelegten Rechtssatz auf, sondern bezieht sich auf dessen Sachverhaltswürdigung im Einzelfall.
Schließlich legt die Beschwerde auch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dar. Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Diesen Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung der Klägerin ebenfalls nicht gerecht. Sie formuliert als zentrale Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, wie die gesetzliche Formulierung in § 138 Abs 5 Nr 3 und 4 SGB III "bereit sein" auszulegen sei, und dazu verschiedene sich aus ihrer Sicht stellende Detailfragen, ua dazu, wie diese Bereitschaft ermittelt werden müsse. Doch wird die (weitere) Klärungsbedürftigkeit dieser in Rechtsprechung und Literatur - worauf die Klägerin sogar teilweise Bezug nimmt - vielfach behandelten Frage, nicht aufgezeigt. Sie übersieht, dass die Ermittlung sogenannter subjektiver Tatsachen ganz regelmäßig und in unterschiedlichen Rechtsgebieten durch den Rechtsanwender zu erfolgen hat. Diese Ermittlung kann immer nur unter Würdigung sogenannter Anknüpfungstatsachen im Einzelfall erfolgen. Besonderheiten bezogen auf den Tatbestand des § 138 Abs 5 Nr 3 und 4 SGB III(vgl dazu nur Söhngen in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 138 RdNr 161 ff, 164, Stand September 2017) , die andere Lösungsansätze erfordern würden, zeigt die Klägerin nicht auf.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13175103 |