Leitsatz (amtlich)
Prozeßkostenhilfe ist wegen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung zu versagen, wenn der Versicherte statt unmittelbar auf die begehrte Leistung zunächst auf Erteilung einer Auskunft über einzelne Voraussetzungen des Leistungsanspruchs klagt.
Stand: 10. Juli 2000
Beteiligte
Tenor
Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe
Weil ihr Zahnarzt sich geweigert hatte, für eine Füllung im Seitenzahnbereich KunststoffComposit anstelle von Amalgam zu verwenden, fragte die Klägerin im September 1998 bei der beklagten Krankenkasse an, ob diese bereit sei, die Kosten einer Compositfüllung zu übernehmen; ferner bat sie um Auskunft, bis zu welcher Zahl Amalgamfüllungen gesundheitlich unbedenklich seien und ab wann mit einem gesundheitlichen Risiko gerechnet werden müsse. Die Beklagte teilte mit, sie bezahle Kunststoffüllungen in Fällen einer durch Epikutantest nachgewiesenen Allergie und bei schwerer Niereninsuffizienz. Im übrigen verwies sie auf die Mehrkostenregelung des § 28 Abs 2 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Die erbetene Risikobewertung könne sie in Ermangelung eigener medizinischer Kenntnisse nicht vornehmen. Die Klägerin hält diese Auskunft für unzureichend und hat Klage auf umfassende Beantwortung ihrer Fragen erhoben. In den Vorinstanzen ist sie mit ihrem Begehren nicht durchgedrungen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Klage als unzulässig angesehen, weil die Beklagte den Auskunftsanspruch aus § 15 Abs 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) erfüllt habe und für eine inhaltliche Überprüfung der erteilten Auskunft kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe.
Dem Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LSG kann nicht entsprochen werden.
Prozeßkostenhilfe wird nach § 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 114 Satz 1 Zivilprozeßordnung (ZPO) nur gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Zumindest die zuletzt genannte Voraussetzung ist hier nicht erfüllt; denn das von der Klägerin angestrebte prozessuale Vorgehen ist als mutwillig im Sinne der genannten Vorschriften einzustufen. Wie die Erfolgsaussichten einer etwaigen Revision zu beurteilen wären, kann angesichts dessen auf sich beruhen.
Mutwillig ist eine Rechtsverfolgung dann, wenn ein verständiger Beteiligter, der für die Prozeßkosten selbst aufzukommen hätte, seine Rechte nicht in der gleichen Weise geltend machen würde(BSG SozR 1750 § 114 Nr 1;Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl 1998, § 73a RdNr 8; Philippi in: Zöller, ZPO, 21. Aufl 1999, § 114 RdNr 30 mwN). Das ist insbesondere anzunehmen, wenn der Beteiligte seine Ziele auf andere Weise mit geringerem Kostenaufwand erreichen könnte(Meyer-Ladewig, aaO; vgl zB OLG Brandenburg, FamRZ 1998, 245; OLG Thüringen, FamRZ 1998 1179; OLG Celle, NdsRpfl 1998, 90; OLG Zweibrücken, MDR 1999, 486; OLG Köln, FamRZ 1999, 1353). Die Klägerin will mit Hilfe des Auskunftsbegehrens Klarheit darüber erhalten, ob die Beklagte unter bestimmten Voraussetzungen auch bei Füllungen im Seitenzahnbereich Kunststoff als Füllmaterial zu bezahlen hat. Aus der Vorgeschichte des Prozesses und aus ihrem eigenen Vorbringen ergibt sich, daß sie für sich persönlich beim Einbringen weiterer Amalgamfüllungen gesundheitliche Nachteile befürchtet und deshalb zukünftig mit Kunststoff-Composit versorgt werden möchte. Eine Verpflichtung der Beklagten, die Kosten bzw Mehrkosten dieses Materials zu übernehmen, ließe sich jedoch mit der Klage auf Auskunftserteilung allein nicht durchsetzen. Die Klägerin müßte deshalb im Konfliktfall einen weiteren Prozeß führen, um ihr eigentliches Ziel zu erreichen. Einfacher und kostengünstiger wäre es, die Übernahme der Kosten für Kunststoffüllungen bei der Beklagten zu beantragen und im Falle der Ablehnung entweder Klage mit dem Ziel zu erheben, die Leistungspflicht der Beklagten gerichtlich klären zu lassen, oder sich die Leistung selbst zu beschaffen und einen auf § 13 Abs 3 SGB V gestützten Kostenerstattungsanspruch geltend zu machen. In beiden Konstellationen würde über den Gegenstand des Auskunftsbegehrens als Vorfrage mit entschieden und zugleich eine endgültige Klärung der Kostentragungspflicht erreicht. Der Senat braucht nicht darüber zu befinden, ob in Anbetracht dieser prozessualen Alternative für die isolierte Klage auf Auskunftserteilung überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Da sich das Vorgehen der Klägerin als unnötig kostspielig erweist, ist es jedenfalls nicht gerechtfertigt, für die Kosten der Prozeßführung Mittel der öffentlichen Hand einzusetzen.
Fundstellen
NZS 2001, 162 |
SozSi 2001, 328 |