Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2022 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der 1971 geborene Kläger begehrt eine Erziehungsrente. Er lebte jedenfalls seit 2016 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit der 1977 geborenen K. Für den gemeinsamen, 2010 geborenen Sohn bestand ein gemeinsames Sorgerecht. Die Lebensgefährtin verstarb 2018. Die Beklagte bewilligte dem Sohn eine am 1.7.2018 beginnende Halbwaisenrente. Einen noch im Juni 2018 gestellten Antrag auf Gewährung einer Erziehungsrente lehnte die Beklagte ab. Bei der Verstorbenen habe es sich weder um eine derzeitige oder frühere Ehegattin noch um eine eingetragene Lebenspartnerin gehandelt (Bescheid vom 24.8.2018; Widerspruchsbescheid vom 5.11.2018). Einen am 11.7.2018 und erneut am 16.11.2018 gestellten Antrag des Klägers auf Gewährung einer großen Witwenrente lehnte die Beklagte ebenfalls ab (Bescheid vom 22.11.2018; Widerspruchsbescheid vom 10.1.2019). Klage und Berufung dagegen waren nicht erfolgreich (vgl Beschwerdeverfahren B 5 R 9/23 B).
Die auf die Gewährung einer Erziehungsrente gerichtete Klage ist ohne Erfolg geblieben. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 15.6.2021), das LSG die dagegen eingelegte Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 16.12.2022). Der Kläger könne keine Erziehungsrente beanspruchen, weil eine Ehe nicht nach dem 30.6.1977 geschieden worden sei. Der Kläger sei zu keiner Zeit verheiratet gewesen. Es bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass nichteheliche Lebensgefährten von einer Erziehungsrente in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen seien.
Der Kläger hat Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 3.4.2023 begründet hat. Als Zulassungsgrund macht er eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form begründet wird. Sie ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG zu verwerfen. Der Kläger legt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht hinreichend dar.
Wer sich auf diesen Zulassungsgrund beruft, muss in der Beschwerdebegründung darlegen, dass die Sache eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Es ist daher eine Rechtsfrage zu formulieren und deren (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufzuzeigen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 4 mwN). Die Beschwerdebegründung des Klägers wird diesen Anforderungen nicht gerecht.
Ihr lässt sich folgende Frage entnehmen:
"Ist der vollständige Ausschluss der Hinterbliebenen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft aus der Hinterbliebenenversorgung der gesetzlichen Rentenversicherung im Falle der Erziehung eines Kind der (richtig: Kindes des) verstorbenen Partners oder eines eigenes (richtig: eigenen) Kindes oder eines Kindes i.S.v. § 46 Abs. 2 Satz 2 SGB VI verfassungswidrig, weil er gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG verstößt"?
Der Kläger führt hierzu aus, er erhalte keine Hinterbliebenenversorgung durch die gesetzliche Rentenversicherung und auch die Erziehungsrente setze voraus, dass eine Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft zunächst bestanden habe. Nach der Entscheidung des BVerfG vom 9.11.2004 (1 BvR 684/98) zu den Leistungen nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz - OEG) verletze jedenfalls der vollständige Ausschluss des nichtehelichen Lebensgefährten eines gewaltsam zu Tode gekommenen Menschen von jeglichen OEG-Leistungen Art 3 Abs 1 iVm Art 6 Abs 1 GG, weil durch diesen Tod ein Anspruch des überlebenden Partners auf Betreuungsunterhalt nach § 1651l Abs 2 Satz 2 BGB entfallen sein könne. Entsprechend, so der Kläger, fehle es an einer Rechtfertigung für den vollständigen Ausschluss nichtehelicher Partner von der Hinterbliebenenversorgung nach dem SGB VI. Das BVerfG habe eine Vorlage des Bayerischen LSG nach Art 100 Abs 1 GG mit Beschluss vom 2.5.2012 (1 BvL 20/09) bereits als unzulässig erachtet und deshalb nicht über die Verfassungsmäßigkeit von § 47 Abs 1 SGB VI entschieden. Der Beschluss des BVerfG vom 17.11.2010 (1 BvR 1883/10), wonach die Nichteinbeziehung von überlebenden nichtehelichen Lebensgefährten in die Hinterbliebenenrente nach § 46 SGB VI mit dem Grundgesetz vereinbar sei, stehe seiner Auffassung, Verfassungsrecht sei verletzt, ebenfalls nicht entgegen. Anknüpfungspunkt der letztgenannten Entscheidung sei die Auslegung des Begriffs "Witwe" in § 46 Abs 1 Satz 1 SGB VI gewesen.
Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Kläger die (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG entsprechend hinreichend dargelegt hat (vgl hierzu aus jüngerer Zeit BSG Beschluss vom 28.10.2020 - B 12 KR 65/20 B - juris RdNr 9 mwN). Der Kläger legt jedenfalls die (konkrete) Klärungsfähigkeit der von ihm aufgeworfenen Rechtsfrage nicht ausreichend dar. Eine solche ist gegeben, wenn das Revisionsgericht nach und aufgrund der Zulassung der Revision in der Lage ist, über die klärungsbedürftige Rechtsfrage auch sachlich entscheiden zu können. Zur Darlegung der Klärungsfähigkeit ist daher darzutun, dass das BSG im angestrebten Revisionsverfahren überhaupt über die aufgeworfene Frage entscheiden müsste (vgl zB BSG Beschluss vom 30.6.2022 - B 5 R 15/22 B - juris RdNr 14 mwN). Für die Entscheidungserheblichkeit eines gerügten Gleichheitsverstoßes ist insbesondere darzulegen, inwiefern eine gerade auch für den betreffenden Kläger günstige Regelung verfassungsrechtlich geboten erscheint (vgl BSG Beschluss vom 23.8.2016 - B 13 R 154/16 B - juris RdNr 10 unter Hinweis ua auf BVerfG Beschluss vom 17.4.2008 - 2 BvL 4/05 - BVerfGE 121, 108, 116). Das zeigt die Beschwerde nicht auf.
Der Kläger begründet seine Auffassung zur Verfassungswidrigkeit des Ausschlusses nichtehelicher Lebensgefährten von der Erziehungsrente nach § 47 SGB VI zentral damit, dass mit dem Versterben der Lebensgefährtin ein etwaiger Unterhaltsanspruch des überlebenden Lebensgefährten nach § 1615l Abs 2 Satz 2 iVm Abs 4 Satz 1 BGB entfallen sein könnte (zur Bedeutung des Betreuungsunterhalts in den ersten drei Lebensjahren eines nichtehelichen Kindes vgl auch BVerfG Beschluss vom 9.11.2004 - 1 BvR 684/98 - BVerfGE 112, 50 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 61 = juris RdNr 62). Er behauptet indes selbst nicht, dass für ihn zu Lebzeiten der Lebensgefährtin zuletzt ein solcher Unterhaltsanspruch in Betracht gekommen sein könnte. Er bringt vielmehr vor, ein etwaiger Anspruch auf Betreuungsunterhalt wäre wegen des Alters des gemeinsamen Sohnes schon vor ihrem Tod entfallen. Dass der Kläger aus Billigkeitsgründen Unterhalt von der Lebensgefährtin für die Betreuung des im Zeitpunkt ihres Todes achtjährigen Sohns hätte beanspruchen können, ist auch sonst nicht ersichtlich. Das LSG hat ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt keine Veranlassung gehabt, Feststellungen zu den Lebensumständen des Klägers zu treffen. Der Kläger hat hierzu auch nichts Näheres vorgetragen.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 183 Satz 1 sowie § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI15946100 |