Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristversäumung infolge Krankheit. Wiedereinsetzung
Orientierungssatz
Nicht jede Erkrankung entschuldigt eine Fristversäumung. Die Erkrankung muß so schwer sein, daß der Betroffene außerstande ist, seine Angelegenheiten selbst wahrzunehmen oder einen Dritten hiermit zu beauftragen (vgl BVerwG vom 19.7.62 - VIII B 186.60 = MDR 1962, 931 und BFH vom 28.3.1990 - V B 25/90 = BFH/NV 1991, 247).
Normenkette
SGG § 67 Abs 1
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 23.07.1990; Aktenzeichen L 2a Vg 102/88) |
Gründe
Der Kläger hat gegen das ihm am 13. Juli 1991 zugestellte Urteil nicht binnen der in § 160a Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) festgelegten Monatsfrist die Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Sie war daher gemäß § 169 SGG mit der Kostenfolge aus § 193 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG war dem Kläger auf seinen am 11. November 1991 eingegangenen Antrag nicht zu gewähren, weil er nicht ohne Verschulden verhindert war, die gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Es mag zugunsten des Klägers unterstellt werden, daß er während der stationären Behandlung vom 15. Juli bis 6. September 1991 ganz oder weitgehend gehindert war, sein Verfahren weiterzubetreiben, obwohl er anwaltlich vertreten war. Im Anschluß an die stationäre Behandlung ist der Kläger in Osnabrück und Kiel ambulant behandelt worden. Trotz der für ihn notwendigen Schmerzmittel war er nicht so schwer erkrankt, daß er nicht selbst handeln oder einen anderen beauftragen konnte. Es ist insbesondere nicht einmal vorgetragen, inwiefern sich seit der Entlassung aus dem Krankenhaus bis zum Antrag auf Wiedereinsetzung im November 1991 eine Änderung des Gesundheitszustandes ergeben haben könnte, aus dem sich ein Zeitpunkt für den Wegfall des behaupteten Hindernisses für die rechtzeitige Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde ergeben könnte. Der behandelnde Arzt hat vielmehr bis zum 7. November 1991 einschließlich einen gleichbleibenden Zustand bescheinigt. Da Verschulden grundsätzlich anzunehmen ist, wenn ein Beteiligter diejenige Sorgfalt außer acht läßt, die für einen gewissenhaften und sachgemäß Prozeßführenden geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des Falles zuzumuten war, entschuldigt nicht jede Erkrankung. Bei einer Erkrankung ist zu verlangen, daß der Betroffene außerstande ist, seine Angelegenheiten selbst wahrzunehmen oder einen Dritten hiermit zu beauftragen (vgl auch BVerwG MDR 1962, 931 und BFH/NV 1991, 247). Nicht einmal für die Dauer des Krankenhausaufenthaltes haben die behandelnden Ärzte eine derartige Handlungsunfähigkeit bestätigt.
Fundstellen