Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Rechtsfrage. Grundsätzliche Bedeutung. Divergenz. Sozialversicherungsabkommen. Jugoslawien. Israel. USA. Kindererziehung. Ausland. Bosnien-Herzegovina. Kindererziehungszeit. Berücksichtigungszeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Rechtsfrage i.S. des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG muss eine vom Einzelfall losgelöste (abstrakt-generelle) Frage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer bestimmten revisiblen Vorschrift mit höherrangigem Recht aufwerfen; eine sich speziell auf eine spezifische Situation beziehende Frage genügt diesen Kriterien nicht.
2. Die Bestimmungen in den dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der sozialistischen föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12.07.1968 (DJSVA) vergleichbaren Sozialversicherungsabkommen (vgl. Art. 4 Abs. 1 des Sozialversicherungsabkommens mit Israel bzw. Art. 5 Abs. 1 des Sozialversicherungsabkommens mit den USA) zur Gebietsgleichstellung für den Aufenthalt im Gebiet der anderen Vertragspartei umfasst die davon zu unterscheidende Erziehung eines Kindes in diesem Gebiet nicht mit.
3. Eine im Ausland erfolgte Kindererziehung kann nicht bereits dann als Kindererziehungszeit anerkannt werden, nur weil sich die Erziehungsleistung unmittelbar an eine Inlandsbeschäftigung des Erziehenden anschließt.
Normenkette
SGG § 160 Abs. 2 Nrn. 1-2, § 160a Abs. 2 S. 3, Abs. 4 S. 1, §§ 162, 169 Sätze 2-3; SGB VI § 56 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 2, Abs. 3 Sätze 1-3, §§ 57, 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 249; BKGG § 1 Abs. 2 Nr. 1; DJSVA Art. 3, 4 Abs. 1 S. 1, Art. 26 Abs. 2, Art. 28
Verfahrensgang
SG Landshut (Entscheidung vom 07.12.2020; Aktenzeichen S 5 R 377/18) |
Bayerisches LSG (Urteil vom 09.03.2022; Aktenzeichen L 6 R 75/21) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 9. März 2022 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Die im Jahr 1951 geborene Klägerin begehrt eine höhere Altersrente unter Zugrundelegung zusätzlicher Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten für Kindererziehung (im Folgenden einheitlich: KEZ) auch für Zeiträume, in denen sie selbst und/oder ihre beiden Töchter sich im früheren Jugoslawien aufhielten. Das SG hat die Klage gegen die insoweit ablehnenden Bescheide des beklagten Rentenversicherungsträgers abgewiesen (Urteil vom 7.12.2020). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 9.3.2022). Eine Ausdehnung der Ausnameregelungen in § 56 Abs 3 Satz 2 und 3 SGB VI in dem Sinne, dass eine bis zum Wegzug in Deutschland ausgeübte Erwerbstätigkeit für die Anerkennung von KEZ ausreichend sei, sei nicht möglich. Ebenso wenig genüge für Zeiträume, in denen die Klägerin in Deutschland einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei und ihre Kinder in Bosnien-Herzegowina von Angehörigen betreut worden seien, eine "Fernerziehung" nach Maßgabe detaillierter Anweisungen. Eine Gleichstellung der Erziehung in Bosnien-Herzegowina mit einer Inlandserziehung ergebe sich schließlich auch nicht aus den insoweit fortgeltenden Bestimmungen des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der sozialistischen föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12.7.1968 (DJSVA).
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat die Klägerin beim BSG Beschwerde eingelegt. Sie beruft sich auf eine Rechtsprechungsabweichung sowie auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die Klägerin hat weder die von ihr geltend gemachte Divergenz noch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG erforderlichen Weise dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
a) In der Beschwerdebegründung wird eine Rechtsprechungsabweichung (Revisionszulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht hinreichend bezeichnet.
Eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn das angefochtene Urteil seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde legt, der von einem zu derselben Rechtsfrage entwickelten abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Darüber hinaus erfordert der Zulassungsgrund der Divergenz, dass die angefochtene Entscheidung auf dieser Abweichung beruht. Dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist in der Beschwerdebegründung im Einzelnen darzulegen (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Hierzu sind die betreffenden Rechtssätze einander gegenüberzustellen; zudem ist näher zu begründen, weshalb diese nicht miteinander vereinbar sind und inwiefern die Entscheidung des LSG auf der Abweichung beruht (stRspr, vgl BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 13). Nicht ausreichend ist hingegen, wenn die fehlerhafte Anwendung eines als solchen nicht in Frage gestellten höchstrichterlichen Rechtssatzes durch das Berufungsgericht geltend gemacht wird (bloße Subsumtionsrüge), denn nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen ermöglicht die Zulassung der Revision wegen Divergenz (stRspr, zB BSG Beschluss vom 7.7.2022 - B 5 R 87/22 B - juris RdNr 5 mwN; s dazu auch Meßling in Krasney/Udsching/Groth/Meßling, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 8. Aufl 2022, Kap IX RdNr 303). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin trägt vor, die von ihr angegriffene Entscheidung des LSG beruhe auf dem Rechtssatz, mit der zugunsten der Klägerin für die Dauer ihres Aufenthalts in Bosnien-Herzegowina in Art 4 Abs 1 Satz 1 DJSVA angeordneten Gebietsgleichstellung könne der Tatbestand einer Inlandserziehung gemäß § 56 Abs 1 Satz 2 Nr 2, Abs 3 Satz 1 SGB VI nicht erfüllt werden, weil die Anerkennung von KEZ keine Leistung iS von Art 3 Abs 3 (richtig: Abs 2) DJSVA darstelle. Dem stellt sie aus dem Urteil des BSG vom 12.4.2000 (B 14 KG 3/99 R - BSGE 86, 115 = SozR 3-5870 § 1 Nr 18) den Rechtssatz gegenüber, dass ein Staatsangehöriger Bosnien-Herzegowinas aufgrund der Gebietsgleichstellung in Art 4 Abs 1 Satz 1 DJSVA das Tatbestandsmerkmal des Inlandsaufenthalts in Deutschland gemäß § 1 Abs 2 Nr 1 BKGG nicht nur bei einem Aufenthalt in Bosnien-Herzegowina, sondern sogar bei einem Aufenthalt in Deutschland ohne ausreichenden Aufenthaltstitel erfülle und deshalb bei Vorliegen der weiteren Anspruchsvoraussetzungen Anspruch auf Kindergeld nach § 1 BKGG habe.
Es kann offenbleiben, ob die Beschwerdebegründung hinreichend darstellt, aus welchen konkreten Ausführungen in den jeweiligen Entscheidungsgründen sie die genannten Rechtssätze entnimmt (vgl dazu Meßling in Krasney/Udsching/Groth/Meßling, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 8. Aufl 2022, Kap IX RdNr 301). Jedenfalls zeigt die Klägerin nicht näher auf, inwiefern der von ihr benannte Rechtssatz aus der Entscheidung des BSG zu den Auswirkungen der Gebietsgleichstellung in Art 4 Abs 1 Satz 1 DJSVA "auf das Tatbestandsmerkmal des Inlandsaufenthalts in der BRD nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 BKGG" im Widerspruch steht zu den Aussagen des LSG, die Gleichstellung einer Erziehung im Ausland mit einer Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland iS des § 56 Abs 3 Satz 1 SGB VI sei über die Gebietsklausel in Art 4 Abs 1 Satz 1 DJSVA nicht möglich. Regelungsgegenstand von "§ 1 Abs 2 Nr 1 BKGG" ist der Anspruch eines Vollwaisen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland auf Kindergeld für sich selbst. Hingegen verhält sich die Entscheidung des BSG vom 12.4.2000 (B 14 KG 3/99 R - BSGE 86, 115 = SozR 3-5870 § 1 Nr 18) lediglich zu § 1 Abs 1 und 3 BKGG (idF der Neubekanntmachung vom 31.1.1994, BGBl I 169). Weshalb der Anspruch auf Kindergeld mit dem Anspruch eines Elternteils auf Berücksichtigung von KEZ bei der Berechnung eigener Rentenansprüche rechtlich gleich behandelt werden muss, erläutert die Klägerin nicht. Sie berücksichtigt auch nicht, dass die Regelung zur Gebietsgleichstellung in Art 4 Abs 1 DJSVA nur Anwendung findet, "soweit dieses Abkommen nichts anderes bestimmt". Mit den besonderen Vorschriften einerseits zu kinderbezogenen Leistungen der Rentenversicherung in Art 26 Abs 2 DJSVA und andererseits in Art 28 DJSVA zum Kindergeld (worauf auch das BSG im Urteil vom 12.4.2000 maßgeblich abstellt) setzt sich die Klägerin nicht auseinander. Es fehlt somit eine Begründung dafür, weshalb die Aussagen des von der Klägerin angeführten BSG-Urteils zum Kindergeld auch für den hier streitbefangenen Anspruch auf Berücksichtigung von KEZ bei Rentenleistungen maßgeblich sein könnten.
b) Die Klägerin hat auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht ausreichend dargelegt.
Eine Rechtssache hat nur dann iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage zu revisiblem Recht (§ 162 SGG) aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Zur ordnungsgemäßen Bezeichnung dieses Revisionszulassungsgrundes (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG) muss der Beschwerdeführer daher eine Rechtsfrage benennen und zudem deren (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr, zB BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 4 mwN; s auch Fichte in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl 2020, § 160a RdNr 32 ff; Meßling in Krasney/Udsching/Groth/Meßling, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 8. Aufl 2022, Kap IX RdNr 283 ff). Daran fehlt es hier.
Die Klägerin bezeichnet folgende Frage als grundsätzlich bedeutsam:
"Kann ein Anspruch auf Anerkennung von Kindererziehungszeiten (§ 249; 56 SGB VI) und Berücksichtigungszeiten (§ 57 SGB VI) durch die Klägerin als Erziehungsperson auch dadurch erworben werden, dass die Erziehung des Kindes/der Kinder der Klägerin, die jeweils die Staatsangehörigkeit der vormaligen SFRJ, nunmehr derjenigen von Bosnien-Herzegovina haben (,) anstelle auf dem Gebiet der BRD auf dem Staatsgebiet des Vertragsstaats SFRJ bzw. Bosnien-Herzegovina erfolgt, wenn von der Klägerin bis unmittelbar vor der Geburt des Kindes Biljana Pflichtversicherungszeiten wegen Ausübung einer versicherten Beschäftigung in der BRD und zugleich Anrechnungszeiten wegen Mutterschutzes (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VI) und Pflichtversicherungszeiten wiederum nach Ablauf der Mutterschutzfrist vorliegen und kann er auch unter der Voraussetzung erworben werden, dass unmittelbar vor der Geburt des Kindes Dijana und dem Verzug in den Abkommensstaat zwar keine Pflichtversicherung wegen Beschäftigung vorlagen, jedoch eine Anrechnungszeit wegen Mutterschutzes begonnen hatte, die erst nach der Geburt von Dijana während des gemeinsamen Aufenthalts in Bosnien-H. beendet wurde und zugleich im Zeitraum, für den die Anerkennung der KEZ bzw. Berücksichtigungszeiten für beide Kinder begehrt wird (,) eine Mitgliedschaft für die Klägerin weder im System der Renten- bzw. Pensionsversicherung der SFRJ und deren Nachfolgestaaten noch einem Drittstaat durch Ausübung einer Beschäftigung oder in sonstiger Weise begründet wurde, weil die Gebietsgleichstellung gem. Art. 4 Abs. 1 S. 1 DJSVA als Lex specialis zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des Aufenthalts auf dem Gebiet der BRD nach § 56 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB VI i.V.m. § 56 Abs. S. 1 SGB VI führt, wenn es sich dabei um den Erwerb rentenrechtlicher Zeiten nach §§ 249, 56 und § 57 SGB VI als Anspruchsvoraussetzung für die Höhe der erst später zu zahlenden Rente und nicht um die Erbringung einer unmittelbaren Leistung handelt
oder (,)
kann der Anspruch auf Anrechnung rentenrechtlicher Zeiten für KEZ/Berücksichtigungszeiten und das Tatbestandsmerkmal des Inlandsaufenthalts gem. § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. § 56 Abs. 3, S. 2 und 3 SGB VI über die dort ausdrücklich genannten Tatbestände hinaus erweiternd dahin auszulegen ist, dass durch den Verzug in den Vertragsstaat SFRJ bzw. Bosnien-Herzegovina und während des dortigen gemeinsamen Aufenthalts der Klägerin und ihres Kindes Biljana für die Dauer von deren Erziehung im Zeitraum vom 19.04.73 - 14.06.73 der Inlandsbezug zum System der gesetzlichen Rentenversicherung der BRD nicht beendet wird, wenn unmittelbar vor deren Geburt dieses Kindes eine versicherungspflichtige Beschäftigung durch die Klägerin ausgeübt wurde, unmittelbar vor dem Verzug auch eine Anrechnungszeit wegen Mutterschutzes (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VI) anerkannt wurde und von ihr unmittelbar nach Ablauf der Mutterschutzfrist die versicherungspflichtige Beschäftigung in der BRD fortgesetzt wurde bzw. kann durch Erweiterung des Tatbestandes in § 56 Abs. 3, S. 2 und 3 SGB VI eine Gleichstellung mit dem Inlandsaufenthalt auch dann bewirkt werden, wenn unmittelbar vor der Geburt und unmittelbar vor dem Verzug in den Vertragsstaat SFRJ/Bosnien-H. keine Pflichtbeitragszeiten liegen, jedoch Anrechnungszeiten wegen Mutterschutz (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VI) für das weitere Kind Dijana begonnen haben, die erst nach deren Geburt im Vertragsstaat und währen des gemeinsamen Aufenthalts der Klägerin und dieses Kindes enden?"
Bei dieser Frage handelt es sich - ungeachtet der nur schwer nachvollziehbaren Formulierung - im Kern schon nicht um eine Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. Eine solche Rechtsfrage muss eine vom Einzelfall losgelöste (abstrakt-generelle) Frage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer bestimmten revisiblen Vorschrift (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht aufwerfen. Die von der Klägerin formulierte Frage bezieht sich hingegen speziell auf ihre eigene spezifische Situation. Sie kombiniert zahlreiche individuelle Sachverhaltselemente und zielt letztlich auf eine Antwort zu der Frage, ob die Klägerin unter den geschilderten Umständen eine Berücksichtigung der von ihr geltend gemachten KEZ beanspruchen kann. Dem Einzelfall der Klägerin kommt jedoch keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl BSG Beschluss vom 6.1.2022 - B 5 LW 2/21 B - juris RdNr 13; BSG Beschluss vom 29.6.2022 - B 5 R 98/22 B - juris RdNr 7).
Soweit den Ausführungen der Klägerin sinngemäß die Frage entnommen werden könnte, ob zugunsten von Frauen, die nach der Geburt eines Kindes ihre versicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland aufgegeben haben und zur Kindererziehung nach Bosnien-Herzegowina zurückgekehrt sind, ohne dort eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen, in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung KEZ für die im Ausland zurückgelegten Erziehungszeiten zu berücksichtigen sind, hat sie die Klärungsbedürftigkeit nicht ausreichend dargelegt. Mit der grundlegenden Entscheidung des Senats vom 21.10.2021 zur Berücksichtigung von KEZ für Zeiten einer Erziehung außerhalb Deutschlands (B 5 R 28/21 R - SozR 4-2600 § 56 Nr 11, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) befasst sie sich nicht. Ebenso wenig setzt sie sich inhaltlich mit dem von ihr benannten Urteil des BSG vom 15.11.1988 (4/11a RA 58/87 - juris RdNr 15) auseinander, welches wiederum auf das Urteil vom 12.7.1988 (4/11a RA 36/87 - BSGE 63, 282, 283 f = SozR 2200 § 1251a Nr 2 S 2 f) Bezug nimmt. In beiden Entscheidungen wird näher begründet, weshalb Bestimmungen in vergleichbaren Sozialversicherungsabkommen (vgl Art 4 Abs 1 des Sozialversicherungsabkommens mit Israel bzw Art 5 Abs 1 des Sozialversicherungsabkommens mit den USA) zur Gebietsgleichstellung für den "Aufenthalt" im Gebiet der anderen Vertragspartei die davon zu unterscheidende Erziehung eines Kindes in diesem Gebiet nicht mit umfassen. Hierzu hat das BSG insbesondere auf die Auslegung dieser Abkommen nach den Grundsätzen des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23.5.1969 und auf den Umstand verwiesen, dass es bei Abschluss der genannten Abkommen im deutschen Recht noch keine Versicherungszeiten wegen Kindererziehung im Inland gegeben habe. Weshalb insoweit für das im Jahr 1968 abgeschlossene DJSVA etwas anderes gelten oder zusätzlicher Klärungsbedarf bestehen könnte, zeigt die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung nicht auf.
Ein weiterer Klärungsbedarf folgt auch nicht aus den von der Klägerin zitierten Ausführungen von Eichenhofer (Internationales Sozialrecht, 1994, RdNr 290, 315, 360, 362). Soweit in jener - bereits 28 Jahre alten, nicht erneut aufgelegten - kursorischen Darstellung ausgeführt wird, eine im Ausland erfolgte Kindererziehung könne nach § 56 Abs 3 SGB VI bereits dann als KEZ anerkannt werden, "wenn sich die Erziehungsleistung unmittelbar an eine Inlandsbeschäftigung des Erziehenden anschließt", findet das im Wortlaut der Vorschrift keine Entsprechung (vgl § 56 Abs 3 Satz 2 SGB VI: "Eine Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland steht gleich, wenn der erziehende Elternteil sich mit seinem Kind im Ausland gewöhnlich aufgehalten hat und während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit Pflichtbeitragszeiten hat."). Auch das Urteil des EuGH vom 7.7.2022 (C-576/20 - juris RdNr 65 f) führt für Fallgestaltungen wie die der Klägerin, die ihre Kinder nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, sondern in einem Drittstaat erzogen hat, nicht zu einem erneuten Klärungsbedarf.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 Satz 1 iVm § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Düring Hahn Gasser
Fundstellen
Dokument-Index HI15365122 |