Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache. Verfassungsverstoß. Äquivalenzabkommen. Qualifikationsgruppe. Hochschulabsolventen. Formaler Diplomerwerb
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung ist in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung zu bezeichnen und schlüssig aufzuzeigen, dass diese klärungsbedürftig, in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist.
2. Wer mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfassungsverstoß geltend macht, darf sich dabei nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Grundrechte beschränken; vielmehr muss der Beschwerdeführer unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den gerügten Verfassungsnormen bzw. -prinzipien in substantieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll.
Normenkette
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3, § 160a Abs. 2 S. 3, Abs. 4 S. 2; SGB VI Anl. 13
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. November 2017 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Mit Urteil vom 8.11.2017 hat das Bayerische LSG einen Anspruch des Klägers auf höhere Altersrente unter Zuordnung der in Rumänien zurückgelegten Beitragszeiten vom 15.7.1976 bis 2.4.1979 und vom 24.9.1979 bis 2.3.1990 zur Qualifikationsgruppe 1 der Anl 13 zum SGB VI verneint.
Das LSG hat ausgeführt, dass zur Qualifikationsgruppe 1 der Anl 13 zum SGB VI Hochschulabsolventen gehören würden, die in Form eines Studiums an einer Universität ein Diplom erworben hätten. Der Kläger, der an einer rumänischen Hochschule das Diplom eines Subingenieurs erworben habe, habe nach der Rechtsprechung des BSG mit dieser Prüfung kein Hochschulstudium im Sinne der Qualifikationsgruppe 1 der Anl 13 (S 1 Nr 1) abgeschlossen. Maßgeblich hierfür sei, ob das Niveau des beruflichen Bildungsabschlusses im Herkunftsgebiet materiell dem eines Hochschulabschlusses in der DDR entspreche. Handele es sich um eine in Rumänien absolvierte Ausbildung, lasse sich dies unter Zugrundelegung des sog Äquivalenzabkommens der Regierung der DDR und der Regierung der Sozialistischen Republik Rumänien vom 10.4.1986 beurteilen. Ausweislich der darin enthaltenen Normen werde das Abschlusszeugnis als Subingenieur nur einem Abschlusszeugnis an Schulen der DDR gleichgestellt, die kein Universitäts- oder Hochschulniveau erreichten. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus S 2 der Bestimmungen zur Qualifikationsgruppe 1.
Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
II
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung vom 8.3.2018 genügt nicht der vorgeschriebenen Form. Er hat den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der hierfür erforderlichen Weise dargelegt (§ 160 Abs 2 S 3 SGG).
Für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung ist in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung zu bezeichnen und schlüssig aufzuzeigen, dass diese klärungsbedürftig, in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 19, Nr 22 RdNr 5; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 2 ff, Nr 9 RdNr 4, jeweils mwN). Es muss aus der Beschwerdebegründung ersichtlich sein, dass sich die Antwort auf die Rechtsfrage nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz oder der bisherigen Rechtsprechung ergibt; hierzu bedarf es der Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Entscheidungen und sonstiger einschlägiger Rechtsprechung. Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenkreis noch keine Entscheidung getroffen oder sich aus der bereits ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Anhaltspunkte für dessen Beantwortung ergeben (vgl Senatsbeschluss vom 3.1.2011 - B 13 R 195/10 B - Juris RdNr 9).
Diesen Anforderungen wird der Kläger nicht gerecht.
Der Kläger hält folgende Frage für grundsätzlich bedeutsam:
"Sind Festlegungen in dem am 3.10.1990 außer Kraft getretenen Äquivalenzabkommen geeignet, die Anwendung der Anlage 13 zum SGB VI, Satz 1, Qualifikationsgruppe I Hochschulabsolventen, Alternative 1, bei Nachweis eines formalen Diplomerwerbs im Sinne dieser Alternative auszuschließen?"
Es kann dahinstehen, ob der Kläger eine klare abstrakte Rechtsfrage formuliert, indem er eine seiner Rechtsansicht entsprechende Auslegung von Anl 13 zum SGB VI, S 1, Qualifikationsgruppe 1 bereits als richtig voraussetzt. Jedenfalls hat er nicht aufgezeigt, inwiefern die Frage im angestrebten Revisionsverfahren nach den - den Senat bindenden - Feststellungen des LSG entscheidungserheblich ist. Denn das LSG ist in seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass der Kläger gerade "kein Hochschulstudium im Sinne der Qualifikationsgruppe I Satz 1 Nr 1 der Anlage 13" abgeschlossen hat.
Im Übrigen hat er auch die Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dargelegt. Soweit es dem Kläger um die Auslegung der Anl 13 geht und er in diesem Zusammenhang die Frage aufwirft, ob hierzu auch das Äquivalenzabkommen herangezogen werden darf, hat er sich nicht hinreichend mit der bereits dazu ergangenen Rechtsprechung des BSG zur Zuordnung eines Subingenieurs zur Qualifikationsgruppe 2 der Anl 13 auseinandergesetzt (Senatsurteil vom 17.4.2008 - B 13 R 99/07 R - sowie BSG Urteile vom 30.7.2008 - B 5a/4 R 45/07 R und B 5a R 114/07 R - SozR 4-5050 § 22 Nr 8 - jeweils Juris). Dass trotz dieser vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung noch oder wieder Klärungsbedarf besteht, hat der Kläger nicht ausreichend vorgetragen.
Um darzulegen, dass einer bereits entschiedenen Rechtsfrage gleichwohl noch grundsätzliche Bedeutung zukomme, hat ein Beschwerdeführer aufzuzeigen, in welchem Umfang, von welcher Seite und mit welcher Begründung der Rechtsprechung widersprochen werde bzw die Beantwortung der Rechtsfrage umstritten sei (BSG Beschluss vom 7.12.2017 - B 5 R 246/17 B - Juris RdNr 11). Dasselbe gilt für die Behauptung, dass neue erhebliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen seien, die zu einer über die bisherige Erörterung hinausgehenden Betrachtung der grundsätzlich bereits entschiedenen Rechtsfrage führen könnten und die Möglichkeit einer anderweitigen Entscheidung nicht offensichtlich ausschlössen (BSG Beschluss vom 7.12.2017 - B 5 R 246/17 B - Juris RdNr 11 mwN).
Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht.
Mit dem Hinweis auf die bereits vor der Rechtsprechung des 5. und 13. Senats ergangenen Urteile des 4. Senats vom 14.5.2003 (B 4 RA 26/02 R - SozR 4-2600 § 256b Nr 1) und vom 24.7.2003 (B 4 RA 61/02 R - SozR 4-2600 § 256b Nr 2) hat der Kläger keine neuen Gesichtspunkte benannt. Es fehlt insoweit zudem an Darlegungen, ob und wie sich die Entscheidungen des 5. und 13. Senats zur Einstufung eines rumänischen Subingenieurs mit der Rechtsprechung des 4. Senats auseinandergesetzt haben (vgl hierzu Senatsurteil vom 17.4.2008 - B 13 R 99/07 R - Juris RdNr 17).
Auch soweit der Kläger behauptet, dass eine Heranziehung des Äquivalenzabkommens zu unzulässigen Ungleichbehandlungen zwischen Absolventen vergleichbarer Studiengänge für Berufe innerhalb und außerhalb des Abkommens sowie zwischen Absolventen aus unterschiedlichen Herkunftsregionen führen würde, sind seine Ausführungen nicht hinreichend substantiiert genug, um einen neuen Klärungsbedarf aufzuzeigen. Wer mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfassungsverstoß geltend macht, darf sich dabei nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Grundrechte beschränken. Vielmehr muss der Beschwerdeführer unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den gerügten Verfassungsnormen bzw -prinzipien in substantieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (Senatsbeschluss vom 8.2.2017 - B 13 R 294/16 B - Juris RdNr 6 mwN). Wenn der Kläger das bereits außer Kraft getretene Äquivalenzabkommen als Rechtfertigungsgrund einer behaupteten Ungleichbehandlung verneint, fehlt es zudem an jeglicher Auseinandersetzung damit, in welcher Weise die höchstrichterliche Rechtsprechung das Abkommen herangezogen hat (vgl BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 5a R 114/07 R - SozR 4-5050 § 22 Nr 8 - Juris RdNr 18: "authentische Quelle"). Davon abgesehen mangelt es hier bereits an hinreichenden tatsächlichen Darlegungen zur Vergleichbarkeit der angesprochenen Vergleichsgruppen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13041556 |