Verfahrensgang
SG Bremen (Entscheidung vom 24.05.2018; Aktenzeichen S 26 AS 668/18) |
LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 05.02.2019; Aktenzeichen L 15 AS 175/18) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. Februar 2019 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG).
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig.
Der von dem Kläger allein geltend gemachte Verfahrensmangel ist in der Begründung der Beschwerde nicht schlüssig bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die schlüssige Bezeichnung eines Verfahrensmangels setzt voraus, dass das BSG allein anhand der Begründung darüber entscheiden kann, ob ein Verfahrensmangel in Betracht kommt, indem diejenigen Tatsachen, aus denen sich der Mangel ergeben soll, substantiiert dargetan werden (vgl nur BSG SozR 1500 § 160a Nr 14; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 16 mwN).
Der Kläger macht geltend, das LSG habe nicht abschließend entscheiden dürfen, sondern den Gerichtsbescheid des SG aufheben und feststellen müssen, dass seine Klage nach wie vor beim SG anhängig sei (vgl zum Verfahrensmangel "Prozessurteil statt Sachurteil" BSG vom 25.9.2017 - B 14 AS 142/17 B - RdNr 6). Die Betreibensaufforderung des SG, infolge derer das SG und das LSG die Rücknahme der Klage angenommen haben, sei nämlich formell und materiell rechtswidrig gewesen.
Soweit der Kläger meint, die Betreibensaufforderung sei unklar, weil das Gericht sowohl auf die Frist von drei Monaten hingewiesen als auch Fristen bis zu einem konkreten Datum vor Ablauf dieses Zeitraums gesetzt habe, legt er nicht dar, wieso sein Prozessbevollmächtigter angesichts des in der Nichtzulassungsbeschwerde wörtlich wiedergegebenen Inhalts des gerichtlichen Aufforderungsschreibens nicht habe erkennen können, dass sich die richterliche Fristsetzung auf § 106a Abs 1 und 2 SGG, hingegen der Hinweis auf die gesetzliche Ausschlussfrist auf § 102 Abs 2 SGG bezogen hat. Angesichts der Trennung der Auflage und des Hinweises sowie ihrer unterschiedlichen Funktion ist auch nicht zu erkennen, aus welchem Grund das SG einem anwaltlich vertretenen Kläger gegenüber verpflichtet gewesen sein sollte, "beide Fristsetzungen nebeneinander" zu erläutern.
Ein Mangel des Inhalts der Betreibensaufforderung wegen des Hinweises darauf, dass Nichtbetreiben nicht nur in der Nichtäußerung, sondern auch in der unzureichenden Äußerung liegen könne, ist ebenfalls nicht hinreichend dargetan. Insoweit hätte es einer Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BVerfG zu einem substantiierten Vortrag zum Fortbestehen des Rechtsschutzbedürfnisses bedurft (vgl BVerfG vom 17.9.2012 - 1 BvR 2254/11 - NVwZ 2013, 136, 138), aus der hervorgeht, dass die bloße Reaktion auf eine Betreibensaufforderung den Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses nicht stets widerlegen muss.
Wegen des Anlasses zur Betreibensaufforderung hat der Kläger nicht substantiiert dargetan, inwieweit angesichts der nur den Hinweis auf den Inhalt der Verwaltungsakte beinhaltenden Reaktion auf die erste und der ausgebliebenen Reaktion auf die zweite Aufforderung des SG zur Mitwirkung insbesondere durch konkrete Angaben des Klägers über den aus Sicht des SG entscheidungsrelevanten Sachverhalt (vgl dazu B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 102 RdNr 8c), nicht von einem Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses habe ausgegangen werden können. Ähnliches gilt wegen des vom Kläger hergestellten Vorrangs einer Aufforderung zur Mitwirkung als milderes Mittel gegenüber einer Betreibensaufforderung wegen der beiden vorangegangenen - zuletzt erfolglos gebliebenen - Aufforderungen zur Mitwirkung.
Wegen weiterer vom Kläger gerügter Einzelheiten des Inhalts des Anschreibens des SG zur Beibringung von Unterlagen ist ihr Einfluss auf die angegriffenen Entscheidungen nicht schlüssig dargelegt. Insbesondere setzt sich die Beschwerdebegründung nicht damit auseinander, dass Maßstab des § 102 Abs 2 SGG nicht der Umfang der Heranziehung der Beteiligten bei der Sachverhaltsaufklärung (vgl §§ 106, 106a SGG), sondern das Bestehen sachlicher Anhaltspunkte für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses ist (vgl BSG vom 4.4.2017 - B 4 AS 2/16 R - BSGE 123, 62 = SozR 4-1500 § 102 Nr 3, RdNr 27; BSG vom 20.5.2019 - B 14 AS 66/18 B - RdNr 7).
Schließlich legt der Kläger wegen der teilweisen zeitlichen Überschneidung des vorläufigen Berufsverbots seines Prozessbevollmächtigten mit der Dauer der Frist von drei Monaten aus § 102 Abs 2 Satz 1 SGG nicht hinreichend dar, inwieweit das SG nicht mehr vom Wegfall seines Rechtsschutzbedürfnisses habe ausgehen dürfen. Seinem Vortrag lässt sich weder entnehmen, dass das SG und das LSG im Verfahren des Klägers über das vorläufige Berufsverbot gegenüber seinem Prozessbevollmächtigten und die damit einhergehende Vertretung informiert worden seien, noch dass sie den Hinweis durch die Vertreterin erhalten hätten, diese werde auf eine Betreibensaufforderung nicht antworten können. Folglich fehlen auch notwendige nähere Darlegungen dazu, inwieweit - eine entsprechende Information angenommen - die Vertreterin in Anbetracht der drohenden Fiktion einer Klagerücknahme nicht in der Lage gewesen sein soll, das Verfahren des Klägers vorrangig zu bearbeiten.
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13797255 |