Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 12. August 1998 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die gegen die Nichtzulassung der Revision in dem angefochtenen Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Hamburg gerichtete Beschwerde des Klägers, mit der er eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht, ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordern diese Vorschriften, daß der Zulassungsgrund schlüssig dargetan wird (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47 und 58; vgl hierzu auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl, 1997, IX, RdNrn 177 und 179 mwN). Daran mangelt es.
Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. In der Beschwerdebegründung muß nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG diese grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aufgezeigt werden. Sie ist gegeben, wenn zu erwarten ist, daß die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Dies ist dann anzunehmen, wenn eine vom Beschwerdeführer für grundsätzlich gehaltene Rechtsfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits klärungsbedürftig, klärungsfähig und entscheidungserheblich ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 53 und 54; Krasney/Udsching, aaO, IX, RdNr 63 mwN). Die Klärungsbedürftigkeit ist zu verneinen, wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich beantwortet ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 51; BSG SozR 1500 § 160a Nrn 13 und 65) oder wenn die Antwort unmittelbar aus dem Gesetz zu ersehen ist (BSG SozR 1300 § 13 Nr 1), wenn sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17), wenn sie praktisch außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 4) oder wenn sich für die Antwort in anderen Entscheidungen bereits ausreichende Anhaltspunkte ergeben (vgl Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 146 mwN).
Der Beschwerdeführer hält für grundsätzlich bedeutsam die Frage: „Ist die Regelung des § 1150 Abs. 2 S. 2 Ziff. 2 RVO, nach der Arbeitsunfälle, die vor dem 1.1.1992 im Beitrittsgebiet eingetreten und nach dem dortigen Recht als Arbeitsunfälle anerkannt waren, dann nicht zu einem Leistungsanspruch führen, wenn sie vor dem 1.1.1992 nach dem FRG zwar als Versicherungsfall, aber nicht als Leistungsfall anerkannt worden sind, mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar?” Er sieht insoweit eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung des Personenkreises der vor dem 18. Mai 1990 aus der ehemaligen DDR in die Alt-Bundesrepublik übergesiedelten Personen, zu denen er selbst gehört, gegenüber den Personen, die nach diesem Zeitpunkt übergesiedelt sind.
Die Frage, ob eine der Entscheidung zugrunde gelegte Gesetzesnorm verfassungswidrig ist, hat zwar regelmäßig grundsätzliche Bedeutung. Aber auch dies ist schlüssig darzulegen. Hierzu gehört, daß herausgestellt wird, aus welchen Gründen die beanstandete Norm verfassungswidrig sein soll. Dies ist im einzelnen unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung darzulegen (BSG SozR 1500 § 160a Nr 17; BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 45; Kummer, aaO, RdNr 146 mwN). „Darlegen” bedeutet ua „näher auf etwas eingehen” (BVerwG Buchholz 310 § 133 ≪nF≫ Nr 11 mwN; BSG Beschluß vom 26. April 1999 – B 10 LW 20/98 B). Pauschale Bezugnahmen auf Verfassungsrecht oder angebliche Äußerungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ohne nähere Darstellung und Folgerungen für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage reichen dafür nicht aus (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 23). Hat – wie es vorliegend durch das LSG geschehen ist – das Berufungsgericht die Verfassungsmäßigkeit der betreffenden Norm unter Berücksichtigung von Rechtsprechung und Literatur begründet, so ist jedenfalls zu fordern, daß sich die Beschwerde damit auseinandersetzt (BVerwG aaO).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung des Klägers nicht gerecht. Er hat die Klärungsbedürftigkeit der von ihm aufgeworfenen Rechtsfrage nicht hinreichend schlüssig dargelegt. Diese zielt im wesentlichen darauf ab, den sich aus Art 24 § 1 Abs 2 Satz 1 des Gesetzes zum Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990 ergebenden Stichtag „18. Mai 1990”, der Kernpunkt für die vom Kläger gerügte Differenzierung in § 1150 Abs 2 Satz 2 Nr 2 RVO ist, als mit dem Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) für unvereinbar zu erklären. Auch hierzu hat das LSG in seinen Entscheidungsgründen Stellung genommen. Es hat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BVerfG zum allgemeinen Gleichheitssatz ausgeführt, die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung mit dem Stichtag „18. Mai 1990” sei schon deswegen sachlich gerechtfertigt, weil der Staatsvertrag (StVtr) an diesem Tage geschlossen worden und erst mit Abschluß dieses Vertrages die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vereinbart worden sei, während eine Regelung zur Koordinierung beider Systeme zu einem früheren Zeitpunkt nicht zu treffen gewesen sei. Härten, die mit jedem Stichtag unvermeidlich verbunden seien, müßten hingenommen werden. Hierauf ist der Kläger zwar eingegangen, indem er die rechtlichen Vorgaben im wesentlichen wiederholt, aber einen anderen Schluß hinsichtlich der Frage der Willkür bei der Wahl des Stichtages gezogen hat.
Damit hat der Beschwerdeführer nicht hinreichend die Klärungsbedürftigkeit der von ihm aufgeworfenen Rechtsfrage im Hinblick auf die Unvereinbarkeit der Stichtagsregelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG aufgezeigt. Insbesondere hat er sich nicht mit der vorliegenden Rechtsprechung, die sich mit dem Stichtag „18. Mai 1990” und dessen Verfassungsmäßigkeit auf anderen Gebieten des Sozialrechts befaßt, auseinandergesetzt, obwohl sich daraus für die Antwort der von ihm aufgeworfenen Frage bereits ausreichende Anhaltspunkte ergeben könnten. So hat der 4. Senat des BSG in seinem Urteil vom 29. Juli 1997 – 4 RA 56/95 – (D-spezial 1997, Nr 37, 8 = SGb 1997, 518 = ZfS 1998, 19 = ASP 1997, Nr 9/10, 70) die Frage, ob dieser vom Gesetzgeber auch für das Gebiet der gesetzlichen Rentenversicherung gewählte Stichtag und die damit zusammenhängende Stichtagsregelung gegen Art 3 Abs 1 GG verstößt, verneint. Er hat ua ausgeführt, mit Abschluß des StVtr am 18. Mai 1990 habe erreicht werden sollen, daß die Übersiedlung von Ost nach West und umgekehrt uneingeschränkt möglich werden sollte, ohne daß die nach diesem Zeitpunkt in die Bundesrepublik Deutschland Übergesiedelten eine „Westrente” erhalten können sollten. Ab diesem Zeitpunkt habe das unterschiedliche Rentensystem der ehemaligen DDR dem der Bundesrepublik Deutschland angeglichen und mit Hilfe der im StVtr enthaltenen umzusetzenden Vereinbarung eine Sozialunion geschaffen werden sollen. Im Hinblick darauf habe für eine Anwendung des Fremdrentengesetzes (FRG), das durch Eingliederung einen Verlust des „fremden” Versicherungsschutzes habe ausgleichen sollen, kein Anlaß mehr bestanden. Der 13. Senat des BSG hat in seinem Beschluß vom 4. Juli 1996 – 13 BJ 191/95 – ebenfalls zur Verfassungsmäßigkeit des Stichtages auf dem Gebiet der gesetzlichen Rentenversicherung die Ansicht vertreten, angesichts des Ziels der Vertragsparteien des StVtr, eine umfassende Union mit dem Ziel der Wiederherstellung der deutschen Einheit einzugehen und dazu eine Vereinheitlichung ihrer sozialen Versicherungssysteme vorzunehmen, sei es notwendig und sachgerecht gewesen, die Sozialversicherten beider Staaten von einem bestimmten Zeitpunkt an nur noch nach dem Recht ihres Herkunftsgebietes zu behandeln, um diesen Prozeß geordnet und vorhersehbar durchführen zu können. An der Sachbezogenheit der Regelung, daß Versicherte, die bereits längere Zeit vor der politischen „Wende” die DDR verlassen hätten, nicht mehr nach deren Vorschriften, sondern nach den regelmäßig günstigeren des FRG zu behandeln seien, bestünden keine Zweifel. Der 9. Senat des BSG schließlich hat für das Gebiet der Kriegsopferversorgung in seinem Urteil vom 9. April 1997 – 9 RV 13/96 – (BSGE 80, 176, 180 = SozR 3-3100 § 84a Nr 1) in der Stichtagsregelung des „18. Mai 1990”, durch welche die individuelle Eingliederung von Übersiedlern aus der DDR nach Fremdrentenrecht durch eine allgemeine Überleitung ihrer Ansprüche nach Vereinigungsrecht abgelöst worden sei, keine Verletzung des Art 3 Abs 1 GG gesehen. Der Beschwerdeführer hat es versäumt, sich mit den Erwägungen zu der angegriffenen Stichtagsregelung, die sich auch auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung für die Betroffenen nicht nur ungünstig, sondern auch günstig auswirken kann (vgl Raschke BG 1993, 377, 382), auseinanderzusetzen und darzulegen, inwieweit die Wahl des Stichtages „18. Mai 1990” gleichwohl nicht sachgemäß „beliebiger Tag”) und daher willkürlich sei.
Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen