Verfahrensgang
SG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 25.08.2016; Aktenzeichen S 10 SB 2320/15) |
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 22.03.2019; Aktenzeichen L 8 SB 3488/16) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. März 2019 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
In der Hauptsache begehrt der Kläger die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 statt des anerkannten Grades von 40 ab dem 11.7.2014. Diesen Anspruch hat das LSG verneint, weil die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen nach den insgesamt vorliegenden Befunden und gutachtlichen Stellungnahmen in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit einen höheren Gesamt-GdB als 40 nicht rechtfertigten. Der Gesamt-GdB sei unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen aus den Einzel-GdB-Werten von 40 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Rumpfes, 10 für die Funktionsbeeinträchtigung im Funktionssystem der Beine und 10 für die Funktionsbeeinträchtigung infolge des metabolischen Syndroms, 10 für die Funktionsbeeinträchtigung im Funktionssystem der Ohren und 10 für die Funktionsbeeinträchtigung im Funktionssystem der Augen zu bilden. Der Einschätzung des behandelnden Internisten und Rheumatologen Dr. S, der den GdB mit 50 eingeschätzt habe, habe der Senat nicht folgen können, weil sich aus den von ihm mitgeteilten Befunden ein höherer GdB nicht ableiten lasse. Unter Berücksichtigung eines Einzel-GdB von 40 sei vorliegend nicht davon auszugehen, dass die Einzel-GdB von 10 für den Gesamt-GdB erhöhend wirkten (Urteil vom 22.3.2019).
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt, mit der er eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend macht.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung vom 1.7.2019 genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil die behauptete grundsätzliche Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch des Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG Beschluss vom 6.7.2018 - B 10 EG 18/17 B - Juris RdNr 6 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger hält folgende Frage für grundsätzlich bedeutsam:
"Verstößt die Versorgungsmedizinverordnung vom 10.12.2008 (BGBl. I Seite 2412 (Nr. 57)); zuletzt geändert durch Art. 18 Gesetz vom 17.07.2017 (BGBl. I Seite 2541)) gegen Art. 3 GG und gegen Art. 19 Abs. 4 GG?"
Er hat es allerdings - unbeschadet der hinreichenden Bestimmtheit der angefochtenen Rechtsfrage - versäumt deren Klärungsbedürftigkeit aufzuzeigen.
Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (stRspr, zB Senatsbeschluss vom 8.3.2018 - B 9 SB 93/17 B - Juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 24.3.2018 - B 12 R 44/17 B - Juris RdNr 8). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Darstellung der gesetzlichen Vorgaben und Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG für diesen Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt hat oder durch die schon vorliegenden Entscheidungen die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist (vgl stRspr, zB BSG Beschluss vom 22.3.2018 - B 5 RE 12/17 B - Juris RdNr 15 mwN). Hieran fehlt es.
Zwar behauptet der Kläger, dass es keine Rechtsprechung des BSG oder des BVerfG zu der von ihm formulierten Frage zur Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV) gebe. Ob sich allerdings bereits auf der Grundlage vorhandener höchstrichterlicher Rechtsprechung des BSG und des BVerfG ausreichende Anhaltspunkte für die Beantwortung für die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage ergeben, prüft der Kläger nicht. Denn auch insoweit gilt - wie oben bereits ausgeführt - eine Rechtsfrage als höchstrichterlich geklärt. Allein die Darstellung der eigenen Rechtsansicht über einen vermeintlichen Verfassungsverstoß sowie allgemeiner Kritik an den Regelungen in der VersMedV reichen insoweit nicht aus.
Soweit der Kläger der Sache nach auch geltend macht, die Regelungen in der VersMedV verstießen gegen Art 3 und 19 Abs 4 GG, fehlt es ebenfalls an den erforderlichen Darlegungen. Die Begründungsanforderungen an eine Nichtzulassungsbeschwerde verringern sich nicht deshalb, weil damit eine Verfassungsverletzung geltend gemacht wird. Die Beschwerdebegründung durfte sich daher nicht lediglich darauf beschränken, einen Verstoß gegen die genannten Artikel des GG zu behaupten. Vielmehr hätte der Kläger in Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG hierzu im Einzelnen darlegen müssen, woraus sich im Falle des Klägers die Verfassungswidrigkeit ergibt (vgl stRspr, zB BSG Beschluss vom 18.7.2017 - B 13 R 110/17 B - Juris RdNr 8). Dies ist der Prozessbevollmächtigten des Klägers auch aus früheren Beschwerdeverfahren vor dem BSG bekannt (vgl Beschluss vom 12.4.2019 - B 9 SB 4/19 B - Juris RdNr 9). Insbesondere wäre der Bedeutungsgehalt der infrage stehenden Regelung des § 152 Abs 1 SGB IX(früher § 69 Abs 1 SGB IX) sowie von § 241 Abs 5 SGB IX für die VersMedV und deren Inhalt aufzuzeigen, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung zu erörtern und eine nicht mehr zu rechtfertigende Verletzung der in Rede stehenden Artikel des GG darzulegen gewesen. Keine dieser Darlegungen enthält die Beschwerde.
Mit der aufgeworfenen Fragestellung zielt die Beschwerde im Kern auf die Art und Weise von Beweisführung und Würdigung bei der Feststellung der Voraussetzungen für die GdB-Bewertung ab. Dies ist indes Aufgabe des Tatsachengerichts (vgl Senatsurteil vom 16.12.2014 - B 9 SB 2/13 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 18 RdNr 11 mwN) und kann gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht überprüft werden.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13397766 |