Verfahrensgang

SG Reutlingen (Entscheidung vom 03.09.2021; Aktenzeichen B 11 AL 20/22 B)

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 31.05.2022; Aktenzeichen L 13 AL 3058/21)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 31. Mai 2022 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger, der sich als Rechtsanwalt zulässigerweise selbst vertritt, keinen der gesetzlich vorgesehenen Zulassungsgründe - eine Differenzierung erfolgt in der Beschwerdebegründung nicht - in der gebotenen Weise dargelegt bzw bezeichnet hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).

1. Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Kläger, der, soweit es dem eher unstrukturierten Vortrag zu entnehmen ist, Alg neben einer Rente wegen voller Erwerbsminderung begehrt, formuliert ausdrücklich schon keine klare Rechtsfrage. Vielmehr legt er in weitgehend abstrakten Ausführungen dar, wie aus seiner Sicht die Ruhensvorschrift des § 156 Abs 1 SGB III im Regelungsgefüge des SGB III und SGB VI zu verstehen ist. Dabei befasst er sich mit Rechtsprechung und Schrifttum nur im Ansatz, den zentralen Zweck der Regelung, Doppelleistungen zu verhindern (vgl nur Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, K § 156 RdNr 9, Stand November 2020), lässt er vollständig außer Betracht. Mangels geordneter Darstellung des Sach- und Streitstands bleibt auch die Entscheidungserheblichkeit dieser Auslegungsaspekte offen, ebenso die Breitenwirkung.

2. Eine Abweichung (Divergenz) iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht. Auch dem wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht, denn es werden keine konkreten Rechtssätze nachvollziehbar bezeichnet und gegenübergestellt. Soweit der Kläger auf Rechtsprechung des BAG verweist, vermag eine Abweichung hiervon Divergenz von vornherein nicht zu begründen (vgl nur Meßling in Krasney/Udsching/Groth/Meßling, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 8. Aufl 2022, IX. Kap RdNr 102).

3. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision schließlich dann zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund stützt, muss zu seiner Bezeichnung (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; siehe bereits BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160a RdNr 16 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht gerecht. Zwar macht der Kläger einen Gehörsverstoß geltend, zeigt aber nicht substantiiert auf, worin dieser liegen soll. Allein die Behauptung, der klägerische Schriftsatz vom 7.2.2022 sei "ignoriert" worden, reicht dafür nicht aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Söhngen                                       Schmidt                                      Burkiczak

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15523833

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