Verfahrensgang
SG Gotha (Entscheidung vom 01.11.2017; Aktenzeichen S 42 R 2235/13) |
Thüringer LSG (Urteil vom 08.01.2020; Aktenzeichen L 3 R 1531/17) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 8. Januar 2020 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Mit Urteil vom 8.1.2020 hat das Thüringer LSG einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf Verfahrensmängel (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
II
Die Beschwerde der Klägerin ist als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Die Klägerin macht ausschließlich geltend, die angegriffene Entscheidung des LSG beruhe auf einem Verfahrensmangel (Revisionszulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG), weil das LSG entgegen § 103 SGG ihrem Antrag auf Anhörung des Sachverständigen S. und des Hörgeräteakustikers D. nicht gefolgt sei.
Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (vgl zB BSG Urteil vom 29.11.1955 - 1 RA 15/54 - BSGE 2, 81 - juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 30.10.2018 - B 13 R 59/18 B - juris RdNr 7). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Zu Grunde zu legen ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des LSG (BSG Urteil vom 28.5.1957 - 3 RJ 219/56 - SozR Nr 79 zu § 162 SGG; BSG Beschluss vom 31.1.1979 - 11 BA 166/78 - SozR 1500 § 160 Nr 33; BSG Beschluss vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 33 - juris RdNr 23). Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht (vgl zB BSG Beschluss vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 33 - juris RdNr 16 mwN; BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 16 mwN). Dem genügt die Beschwerdebegründung vom 27.7.2020 nicht.
Die Geltendmachung eines Verfahrensmangels wegen Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsprinzip) kann gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG nur darauf gestützt werden, dass das LSG einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Zudem kann ein - wie hier - in der Berufungsinstanz rechtsanwaltlich vertretener Beteiligter nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seiner Entscheidung wiedergibt (stRspr; vgl BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160 RdNr 18c mwN). Wird ein Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entschieden, tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt der Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 SGG(BSG Beschluss vom 1.9.1999 - B 9 V 42/99 B - SozR 3-1500 § 124 Nr 3 S 4 f; BSG Beschluss vom 5.2.2015 - B 13 R 372/14 B - juris RdNr 10) .
Hieran fehlt es, denn in der Beschwerdebegründung wird lediglich vorgetragen, der gestellte Antrag auf Anhörung des Sachverständigen S. und des Hörgeräteakustikers D. sei mit dem Berufungsschriftsatz vom 18.12.2017 gestellt worden. Zudem habe die Klägerin auch im nicht öffentlichen Erörterungstermin am 12.4.2019 an der Auffassung festgehalten, die beiden Sachverständigen seien zu den Widersprüchen zu hören und der Sachverhalt sei weiter aufzuklären. Zudem wird behauptet, der Antrag sei "bis zum Schluss aufrechterhalten" worden. Jedoch fehlt es in der Beschwerdebegründung an Angaben dazu, wann die Zustimmung zu einer Entscheidung des LSG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung von der Klägerin erteilt worden ist und welche konkreten Erklärungen sie hierbei in Hinblick auf den von ihr genannten Antrag abgegeben hat. Ohne diese Angaben kann der Senat jedoch nicht beurteilen, ob der Antrag - wie erforderlich - tatsächlich bei Zustimmung zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung aufrechterhalten worden ist.
Soweit die Klägerin in Bezug auf die unterbliebene Anhörung von Sachverständigen sinngemäß auch eine Missachtung des Fragerechts nach § 116 SGG, §§ 402, 397 ZPO rügt, wird ein solcher Verfahrensmangel ebenfalls nicht hinreichend bezeichnet. Auch insoweit fehlt es an konkreten Angaben, durch welche Erklärungen der Antrag trotz Zustimmung zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung aufrechterhalten worden ist.
Dass die Klägerin das Berufungsurteil inhaltlich für unrichtig hält, kann nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14423928 |