Entscheidungsstichwort (Thema)
Abweichung. Divergenz. Hinreichende Darlegung
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Abweichung (Divergenz) i.S. von § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht.
2. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG aufgestellt haben, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt.
3. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
4. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen kann die Zulassung wegen Abweichung begründen.
Normenkette
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2, § 160a Abs. 2 S. 3, Abs. 4 S. 1, § 169
Verfahrensgang
SG Darmstadt (Entscheidung vom 30.11.2015; Aktenzeichen S 1 AS 340/12) |
Hessisches LSG (Urteil vom 10.05.2019; Aktenzeichen L 9 AS 231/16) |
Tenor
Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 10. Mai 2019 werden als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Kläger den von ihnen allein geltend gemachten Zulassungsgrund einer Divergenz nicht in der gebotenen Weise bezeichnet haben (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).
Eine Abweichung (Divergenz) iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG aufgestellt haben, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen kann die Zulassung wegen Abweichung begründen (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 160 RdNr 119, Stand 2.12.2019).
Die Beschwerdebegründung der Kläger, die in der Sache einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid angreifen, wird diesen Darlegungsanforderungen nicht gerecht. Weder werden entscheidungserhebliche Rechtssätze des LSG noch solche des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG in der gebotenen Weise aufgezeigt und gegenübergestellt. Kern der Beschwerdebegründung ist vielmehr eine behauptete unrichtige Rechtsanwendung durch das LSG im Einzelfall, wenn ausgeführt wird, in einem Urteil des BSG, auf das sich das LSG beziehe, gehe es um "einen erheblich anderen als den streitgegenständlichen Sachverhalt", oder das LSG nehme nur unvollständig Bezug auf Rechtsprechung des BSG, die zudem lediglich "formelhaft und schematisch" übernommen werde. Eine Abweichung des LSG im Grundsätzlichen, die allein die Zulassung wegen Divergenz zu rechtfertigen vermag, wird indes nicht herausgearbeitet.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13797290 |