Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 29.06.1990) |
Tenor
Die Beschwerden der Beklagten und des Beigeladenen zu 1) gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Juni 1990 werden verworfen.
Die Beklagte und der Beigeladene zu 1) als Gesamtschuldner haben der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
Die Beklagte und der Beigeladene zu 1) rügen eine Abweichung des Urteils des Landessozialgerichts (LSG) von den Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 9. Mai 1985 – 6 RKa 32/84 – (USK 85 118) und vom 11. Juni 1986 – 6 RKa 2/85 – (BSG SozR 2200 § 368n Nr 44). Sie haben die Abweichung aber nicht ausreichend bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-). Den wiedergegebenen Sätzen des Urteils vom 11. Juni 1986 ist kein Rechtssatz zu entnehmen, daß die Gerichte Entscheidungen der Prüfungskommission nicht aufheben dürfen. Der Senat hat mit diesen Sätzen vielmehr nur entschieden, daß das LSG diese Aufhebung im konkreten Fall zu Unrecht bestätigt habe. Auch mag der Rechtsprechung des Senats entnommen werden, daß in der Regel nur der Bescheid der Beschwerdeinstanz aufgehoben werden kann. Die Meinung, das LSG hätte die Aufhebung der Bescheide der Prüfungskommission nicht bestätigen dürfen, hat der Senat nicht etwa mit einer allgemeinen Unzulässigkeit dieser Aufhebung begründet, sondern mit der auf den Einzelfall bezogenen Darlegung, daß eine abschließende gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Honorarkürzung ausgeschlossen sei. Deshalb hat der Senat im Urteil vom 15. April 1986 – 6 RKa 27/84 – (BSGE 60, 69, 74 = SozR 2200 § 368n Nr 42) ausgeführt, daß neben dem Bescheid des beklagten Beschwerdeausschusses aus den im Urteil dargelegten Gründen auch die Bescheide des Prüfungsausschusses aufzuheben seien. Auch die Ausführungen im Urteil vom 9. Mai 1985 – 6 RKa 32/84 –, auf die die Beklagte Bezug nimmt, sind nicht als Rechtssatz zu verstehen, daß die Gerichte in Angelegenheiten der Wirtschaftlichkeitsprüfung stets nur die Widerspruchsentscheidung aufheben können – wenn dies auch regelmäßig zutrifft –.
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beigeladenen zu 1) ist ferner insoweit nicht hinreichend begründet, als der Beigeladene die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wegen der Frage geltend macht, ob und unter welchen Voraussetzungen es eine Vermutung für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Mehr- und Minderaufwand gibt. Vermutungen dienen dem Beweis von Tatsachen aufgrund von Erfahrungssätzen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 48. Aufl 1990, Anh § 286 3 A). Ob eine Vermutung gerechtfertigt ist, ist Tatfrage und hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Vermutung besteht, bedarf daher, wenn insoweit eine Rechtsfrage dargelegt werden soll, zumindest näherer Begründung. Allerdings hat das BSG entschieden, es bestehe keine Vermutung für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem mit einer bestimmten Behandlungsweise verbundenen Mehraufwand und einem Minderaufwand bei anderen Leistungen (BSGE 17, 79, 87). Der Senat hat damit eine gesetzliche Vermutung verneint. Insoweit handelt es sich um eine Rechtsfrage. Der Beigeladene zu 1) hat aber jedenfalls nicht dargelegt, daß diese Rechtsfrage bei Zulassung der Revision für die Entscheidung des BSG erheblich wäre. Wenn das LSG, wie der Beigeladene zu 1) ausführt, den ursächlichen Zusammenhang hier als „durchaus wahrscheinlich” bezeichnet hat, dann wird damit keinesfalls die Rechtsmeinung vertreten, im Gegensatz zur Ansicht des BSG sei der Zusammenhang stets gegeben.
Der Beigeladene zu 1) macht geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung wegen der Rechtsfrage, ob sich die Prüfungsgremien bei einer (beispielhaften) Überprüfung der Arzneiverordnungsweise auf bestimmte Arzneimittelverordnungen (hier homöopathische Verordnungen) beschränken dürften. Auch insoweit hätte es einer näheren Konkretisierung bedurft. Der Begründung läßt sich schon nicht entnehmen,ob es sich hier überhaupt um eine Rechts- und nicht eine Tatfrage handelt. Es geht dem Beigeladenen zu 1), wie sich aus den folgenden Sätzen der Beschwerdebegründung ergibt, um eine Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise insgesamt. Für diese Beurteilung ist nach der Rechtsprechung auch die Möglichkeit des Ausgleichs von Mehr- und Minderaufwendungen zu prüfen. Im Hinblick auf diese Möglichkeit ist nicht zu erkennen, daß die vom Beigeladenen zu 1) erwähnte Meinung des LSG, die die Beschwerdekommission beachten soll, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft.
Der Beigeladene zu 1) macht schließlich geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung wegen der Frage, ob eine große Praxis höhere Arzneiverordnungen je Fall rechtfertige. Wenn der Beigeladene zu 1) damit eine Rechtsfrage hätte darlegen wollen, hätte es näherer Darlegungen bedurft. Nach den Ausführungen in der Beschwerdebegründung geht es nur um tatsächliche Vermutungen, die allenfalls mit Verfahrensmängelrügen angegriffen werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG (analog).
Fundstellen