Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 06.02.2001) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluß des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 6. Februar 2001 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten auch für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Tatbestand
I
Der seit 1987 zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit zugelassene Kläger wendet sich gegen Bescheide der beklagten Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZÄV), mit denen seine individuelle Bemessungsgrundlage für das Jahr 1994 auf 217.687,87 DM festgesetzt worden ist. Er macht geltend, die Vergütung für individualprophylaktische Leistungen dürfe nach den Vorgaben des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht von Budgetierungsregelungen erfaßt werden. Das habe zur Folge, daß derartige Leistungen getrennt von den konservierend-chirurgischen Leistungen sowie den Leistungen im Rahmen der Parodontose- und der Kieferbruchbehandlung vergütet werden müßten. Daraus wiederum sei abzuleiten, daß eine einheitliche Bemessungsgrundlage für alle genannten Leistungsbereiche nicht festgesetzt werden dürfe.
Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat in seinem auf § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestützten Beschluß die Zurückweisung der Berufung ua damit begründet, daß gesetzlich lediglich geregelt sei, wie sich der Umfang der individualprophylaktischen Leistungen nach § 22 SGB V auf die Höhe der Gesamtvergütung nach § 85 Abs 3a SGB V auszuwirken habe. Vorgaben für die Verteilung der Gesamtvergütung und insbesondere für eine besondere Behandlung der individualprophylaktischen Leistungen enthalte das Gesetz nicht.
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfrage (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung ist die Revision nur zuzulassen, wenn die von der Beschwerde hinreichend deutlich bezeichnete Rechtsfrage in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist. Die Klärungsbedürftigkeit ist zu verneinen, wenn die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften bzw der dazu bereits vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem Zweifel mehr unterliegt (vgl zu diesem eine Grundsatzrevision ausschließenden Umstand allgemein zB BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6 und SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38). Das ist hier der Fall.
Der Kläger hält für klärungsbedürftig, ob individualprophylaktische Leistungen eines Zahnarztes bei der Festsetzung der individuellen Bemessungsgrenze berücksichtigt werden dürften oder von allen Begrenzungsregelungen im Rahmen der Honorarverteilung freizustellen seien. Letzteres ist zu verneinen, ohne daß es dazu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.
Der Gesetzgeber des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266) hat die bereits 1989 eingeführte Vorschrift des § 22 SGB V über die Ansprüche der Versicherten zur Verhütung von Zahnerkrankungen (Individualprophylaxe) neu gestaltet. Zugleich ist bestimmt worden, daß Mehrausgaben aufgrund der gesetzlichen Leistungsausweitung in § 22 SGB V bei den Veränderungen der Gesamtvergütungen zu berücksichtigen sind (§ 85 Abs 3a Satz 5 SGB V in der ab 1.1.1993 geltenden Fassung). Die Vorschriften, die die Verteilung der von den Krankenkassen an die KZÄV zu entrichtenden Gesamtvergütung an die Zahnärzte regeln (§ 85 Abs 4, Abs 4a SGB V), enthalten dagegen keine besonderen Vorgaben für die Honorierung der individualprophylaktischen Leistungen. Deshalb ist die KZÄV im Rahmen der ihr zustehenden Gestaltungsfreiheit beim Erlaß des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) iS des § 85 Abs 4 Satz 2 idF des GSG grundsätzlich nicht gehindert, den auf die Honorierung von individualprophylaktischen Leistungen entfallenden Teil der Gesamtvergütung in solche Honorarverteilungsregelungen einzubeziehen, die der Budgetierung der Gesamtvergütung durch Einführung einer am bisherigen Umsatz der einzelnen Praxis orientierten Bemessungsgrenze Rechnung tragen, bis zu der zahnärztliche Leistungen nach festen Punktwerten vergütet werden (vgl dazu allg BSGE 83, 52 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 sowie Senatsurteil vom 21. Oktober 1998 – B 6 KA 65/97 R – = SozR 3-2500 § 85 Nr 27 zu dem hier anwendbaren HVM der KZÄV Niedersachsen). Bereits in seinem zur Honorierung der Leistungen des ambulanten Operierens ergangenen Urteil vom 7. Februar 1996 (BSGE 77, 279 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 11) hat der Senat ausgeführt, daß es einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedarf, wenn ein bestimmter Leistungsbereich im Rahmen der Honorarverteilung unmittelbar kraft Gesetzes von jeder Mengensteuerung freigestellt oder in diesem Bereich eine Mengenausweitung ohne Rücksicht auf den möglichen Punktwertverfall in anderen Leistungsbereichen zugelassen werden soll. Eine derartige Regelung ist im Vierten SGB V-Änderungsgesetz vom 4. Dezember 1995 (BGBl I 1558) in § 85 Abs 4a Satz 1 SGB V zugunsten des Punktwerts der hausärztlichen Grundvergütung erfolgt. Dort ist bestimmt, daß die Kassenärztlichen Vereinigungen im HVM sicherstellen müssen, daß die Ausweitung der Zahl der abgerechneten Leistungen keine Auswirkungen auf den Punktwert der hausärztlichen Grundvergütung hat. Eine derart weitgehende, auf den Punktwert unmittelbar durchgreifende Privilegierung hat der Gesetzgeber für die ambulanten Operationsleistungen ebensowenig vorgeschrieben, wie für die individualprophylaktischen Leistungen zur Erfüllung der Ansprüche der Versicherten nach § 22 SGB V. Demgemäß war die Beklagte nicht verpflichtet, die individualprophylaktischen Leistungen von dem praktizierten System der Honorarverteilung zu festen Punktwerten bis zu einer individuellen Bemessungsgrenze und einer anschließenden Restvergütung anzunehmen.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 Absätze 1 und 4 SGG.
Fundstellen