Entscheidungsstichwort (Thema)
Revisionsnichtzulassungsbeschwerde. Zu den Maßstäben für eine erfolgreiche Rüge der Divergenz. Rüge eines Verfahrensmangels. Beweisantrag. Protokollierung und Bestandteil des Urteilstatbestands. Bloße Beweisanregung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Revisions(zulassungs)grund der Divergenz liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Urteilen zu Grunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung.
2. Eine Nichtzulassungsbeschwerde, die damit begründet wird, dass das Berufungsgericht einem gestellten Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sei, muss aufzeigen, dass der Beweisantrag protokolliert und im Urteilstatbestand aufgeführt ist (st.Rspr.; vgl. BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9; SozR 1500 § 160 Nr 64). Die “Warnfunktion” eines solchen förmlichen Beweisantritts entfällt, wenn Beweisantritte lediglich in der Berufungsschrift oder sonstigen Schriftsätzen enthalten sind.
Normenkette
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3, § 160a Abs. 2 S. 3, § 103
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 26.11.2002) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. November 2002 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen vom 26. November 2002. Sie macht als Zulassungsgründe eine Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) und das Vorliegen von Verfahrensmängeln (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) geltend.
Zur Begründung trägt die Klägerin vor: Gegenstand des Rechtsstreits sei die Rückforderung von Zuschüssen in Höhe von insgesamt 248.598,00 DM zu den Gehaltskosten von drei Arbeitnehmern, die im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) zwischen Juni 1989 und September 1991 beschäftigt worden seien. Zu den Einzelheiten der Verwaltungsentscheidungen des Arbeitsamtes (AA) Leer werde auf S 6 ff des Tatbestands des Berufungsurteils verwiesen. Gegen die insgesamt vier Rückforderungsbescheide der Beklagten habe sie - die Klägerin - vor dem Sozialgericht (SG) Osnabrück Klage erhoben. Dieses habe die Aufhebungsbescheide durch Urteil vom 16. August 2001 als rechtswidrig bewertet. Die Beklagte habe hiergegen Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren sei es auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2002 zur Aufhebung des Urteils des SG und zur Klageabweisung gekommen. Zum Sachverhalt werde im Übrigen auf die Klageschriften vom 14. Juli 1997 sowie auf die ergänzende Darstellung im Berufungsschriftsatz vom 22. November 2002 verwiesen. In dem letzten Schriftsatz seien zusammenfassend die Zeitumstände - höchste Arbeitslosenquote zu der Zeit in Niedersachsen - sowie insbesondere die Intention und die "Arbeitsteilung" beim Aufbau der Bildungseinrichtung dargestellt worden. So sei ua unter Hinweis auf die in den Klageschriften als Anlage beigefügte Vereinssatzung darauf verwiesen worden, dass die baulichen Anlagen der H.-Ö. B. gemäß § 12 dieser Satzung ursprünglich von dem Verein "P. H. eV" und später - ab Mitte 1987 - von dem Verein "B. P. eV (BIP)" errichtet worden seien. Diese Bauvereine hätten das Geld von öffentlichen und privaten Stellen eingeworben, die Baumaßnahmen geplant, durchgeführt und abgewickelt, sowie abschließend auch mit den jeweiligen Zuschussgebern abgerechnet. Es sei darüber hinaus auf den ständigen Informationsaustausch mit den Mitarbeitern der Beklagten auf allen personellen Ebenen hingewiesen worden. Zu alledem sei eine umfangreiche Pressezusammenstellung vorgelegt worden. Darüber hinaus seien in dem Berufungsschriftsatz vom 22. Januar 2002 zahlreiche Zeugen benannt worden, um die intensive Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern der Beklagten und dem früheren Bürgermeister und Unterzeichner der ABM-Anträge zu belegen. Diesen Hinweisen sei das Berufungsgericht nicht nachgegangen. Es sei auch nicht auf die vom Vorprüfungsamt der Beklagten getroffenen Feststellungen eingegangen, das ua formuliert habe, dass eine unzulässige Zusammenarbeit bei der Zuweisung in ABM zwischen dem AA Leer und den Trägern bestanden habe. Dies werde besonders deutlich bei der nachträglichen Zuweisung des Architekten H. W. in die ABM Nr 599/89. Schließlich sei das LSG den aufgelisteten Belegen über die umfassende Kenntnis des AA Leer in den ABM-Akten nicht nachgegangen. Insgesamt müsse gelten, dass bei allen in Rede stehenden ABM die Vertreter der Arbeitsverwaltung von Anfang an umfassend in das Vorhaben eingebunden und über alle Vorgänge eingehend informiert gewesen seien.
Die Entscheidung des LSG beruhe im Wesentlichen auf den rechtlichen Gesichtspunkten, dass die Rücknahmefrist des § 45 Abs 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gewahrt sei und dass der Rücknahmetatbestand der Nr 2 des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X vorliege. Die Rücknahmefrist des § 45 Abs 4 SGB X sei - so die Entscheidung des LSG - frühestens mit dem Eingang des Ergebnisses ihrer - der Klägerin - Anhörung im Januar/März 1996 in Gang gesetzt worden, sodass die Frist bei Erlass der Rücknahmebescheide am 30. April bzw 2. Mai 1996 noch nicht abgelaufen gewesen sei. Die Ausführungen des LSG zur Rücknahmefrist nach § 45 Abs 4 SGB X wichen von der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 8. Februar 1996 - 13 RJ 35/94 - ab. In diesem Urteil habe das BSG zwar dargelegt, dass die Rücknahmefrist des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X regelmäßig erst nach der gemäß § 24 SGB X durchgeführten Anhörung zu laufen beginne. Im weiteren habe das BSG zu dieser Problematik allerdings ausgeführt, dass etwas anderes gelte, wenn bereits zu einem früheren Zeitpunkt bei objektiver Betrachtung eine sichere Kenntnis der Behörde von allen erforderlichen Tatsachen vorgelegen habe. Die Ausführungen des LSG zur Rücknahmefrist des § 45 Abs 4 SGB X gingen daher fehl, weil dort ausdrücklich nur auf den allgemeinen Grundsatz abgestellt werde, dass der zuständige Sachbearbeiter des AA die Tatsachen, die die Rechtswidrigkeit der Anerkennungsbescheide begründet hätten, erst durch die Vorprüfungsniederschrift vom 22. Mai 1995 zur Kenntnis bekommen habe. Das LSG sei den zahlreichen tatsächlichen und rechtlichen Hinweisen in den Klage- und Berufungserwiderungsschriften nicht nachgegangen, nach denen die Mitarbeiter des AA Leer tatsächlich von Anfang an über alle Details beim Zustandekommen dieser ABM informiert gewesen seien. Dies ergebe sich auch aus den Niederschriften der Vorprüfungsstelle der Hauptstelle in Nürnberg. Diese Niederschriften würden beweisen, dass im Hause des AA Leer umfassende Kenntnis über sämtliche Umstände bei den zahlreichen ABM der BIP und der Klägerin von Anfang an bestanden hätte. Darüber hinaus werde zu Recht angezweifelt, ob vor dem Hintergrund der nachträglichen Zuweisung in ABM überhaupt eine wirksame ABM-Förderung iS des Arbeitsförderungsgesetzes entstanden sei. Damit sei der aus dem Urteil des BSG (aaO) zitierte Ausnahmetatbestand zum Lauf der Rücknahmefrist gegeben, da sichere Kenntnis der Behörde von allen erforderlichen Tatsachen von Anbeginn der Beschäftigung der streitgegenständlichen ABM-Teilnehmer vorgelegen hätte. Deshalb bleibe abschließend festzustellen, dass die Rücknahmefrist des § 45 Abs 4 SGB X nicht gewahrt sei.
Der Rücknahmetatbestand des § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X sei nach der rechtlichen Bewertung des LSG gegeben, weil der vorgeblich für sie - die Klägerin - handelnde Antragsteller R. H. bzw bei den Verlängerungsanträgen Herr T. bei der Antragstellung die unrichtige Angabe gemacht habe, sie - die Klägerin - sei Maßnahmeträgerin. Dies sei jeweils grob fahrlässig geschehen, sodass die Beklagte auf Grund einer gebundenen Entscheidung verpflichtet gewesen sei, die Bewilligungsbescheide zurückzunehmen. Diese Ausführungen seien mit einem weiteren Urteil des BSG (BSGE 74, 28; gemeint ist offenbar: BSGE 47, 28) nicht vereinbar. Dort werde ausgeführt, dass der im Gesetzestext verwendete Ausdruck "beruhen" belege, dass zwischen den unrichtigen Angaben und der Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes ein Kausalitätszusammenhang bestehen müsse. Der sachliche Grund für diesen Kausalitätszusammenhang bestehe darin, dass die Ursache für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes aus der Sphäre des Begünstigten kommen müsse. Mache mithin ein Betroffener unrichtige Angaben, so sei außerdem zu prüfen, ob diese ursächlich für die Unrichtigkeit des Bescheides geworden seien. Nur wenn und soweit dies der Fall gewesen sei, komme eine Rücknahme in Betracht. Dies habe das BSG auch zu einem ähnlich gelagerten Sachverhalt in einem Urteil vom 1. August 1978 (SozR 4100 § 152 Nr 6) entschieden. Schließlich habe das BSG zu dieser Problematik in dem Urteil vom 5. November 1997 - 9 RV 20/96 - ausgeführt, dass durch grobe Fehler der Verwaltung bei Erlass eines rechtswidrigen Bescheides das Vertrauen in die Bestandskraft des Leistungsbescheides nachhaltig gestärkt werde. Das Urteil des LSG beruhe auf den zuvor genannten Abweichungen von den zitierten Entscheidungen des BSG. Denn unter Zugrundelegung der Rechtsauffassungen des BSG könne ihr - der Klägerin - nicht die Verpflichtung auferlegt werden, die seitens der Beklagten erbrachten Leistungen zu erstatten. Die maßgeblichen Ausführungen des LSG auf S 14 Mitte des Urteils würden belegen, dass dieser Rechtsfrage nicht nachgegangen worden sei. Das LSG habe eine Prüfung zum Kausalitätszusammenhang überhaupt nicht vorgenommen und damit die Rechtsauffassung der zuvor erwähnten Urteile des BSG nicht berücksichtigt.
Schließlich reichten die Tatsachenfeststellungen des LSG nicht aus, um abschließend über den klägerischen Aufhebungsanspruch entscheiden zu können. Die gerügte Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG iVm § 103 SGG) werde wie folgt begründet: Das LSG habe ihren - der Klägerin - Beweisantrag, die benannten Zeugen zu den Umständen der Antragstellung und der Durchführung der ABM zu hören, ohne hinreichende Begründung nicht aufgegriffen. Sie habe in ihrem Schriftsatz vom 22. Januar 2002 (S 2 und 5) zusätzlich zu den bereits in den Klageschriften angebotenen Zeugen beantragt, weitere Zeugen zu vernehmen, um die "Zusammenarbeit der Zuweisung in ABM" zwischen dem AA Leer und Herrn H. zu belegen. Zu diesem Beweisantrag habe das LSG keine näheren Ausführungen gemacht und diesen als unerheblich angesehen. Das LSG habe damit die Mitverantwortung der Behörde hinsichtlich der Unrichtigkeit der Angaben nicht für prüfenswert erachtet. Auf diesem Mangel beruhe das angefochtene Urteil. Das LSG hätte sich gedrängt fühlen müssen, eine entsprechende Zeugenvernehmung durchzuführen, um eine sachgerechte Bewertung des tatsächlichen und rechtlichen Hintergrundes bei Antragstellung vornehmen zu können. Es hätte die Mitursächlichkeit der Arbeitsverwaltung Leer an den ABM-Bescheiden prüfen müssen und erst danach entscheiden können, ob diese Behörde, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben unterstellt, zu denselben rechtswidrigen begünstigenden Entscheidungen gekommen wäre. Dies könne vom Ergebnis her eindeutig unterstellt werden. Schließlich liege eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht zusätzlich darin begründet, dass das LSG jeweils zu den Verlängerungsanträgen ausgeführt habe (S 13 des Berufungsurteils), für die Verlängerungsanträge des im Auftrag des Herrn H. handelnden Landkreisbeamten T. gelte im Ergebnis nichts anderes. Diese Ausführungen seien vom tatsächlichen und rechtlichen Hintergrund her schlichtweg falsch. Bekanntlich müsse sich der Begünstigte das Verhalten eines gewillkürten oder gesetzlichen Vertreters zurechnen lassen. Handele also ein Dritter als Vertreter des rechtswidrig Begünstigten, so könne sich dieser dessen Verhalten nicht entziehen.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) und des Verfahrensmangels, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der gebotenen Weise dargelegt sind (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Den Anforderungen an die Beschwerdebegründung wird der Vortrag der Klägerin schon deshalb nicht gerecht, weil sie den der Entscheidung des LSG zu Grunde liegenden Sachverhalt nur unzureichend schildert. Dem Senat ist es deshalb nicht möglich, sich ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein auf Grund des Vortrags der Klägerin ein Bild über den Streitgegenstand und rechtliche wie tatsächliche Streitpunkte zu machen. Aufgabe der Revisionsinstanz ist es indes nicht, sich den für die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde erforderlichen Sachverhalt selbst aus dem Urteil des LSG bzw den Leistungsakten herauszusuchen. Die Wiedergabe des der Entscheidung des LSG zu Grunde liegenden Sachverhalts ist deshalb Mindestvoraussetzung für eine Entscheidung des Senats über die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde. Dies hat die Klägerin verkannt, wenn sie mehrfach auf den Inhalt ihrer umfangreichen vorinstanzlichen Schriftsätze verweist.
Dessen ungeachtet sind auch die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ausreichend dargelegt. Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Urteilen zu Grunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellt hat (vgl Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, Rz 163 ff, Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl 2002, § 160 Rz 13 ff). Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet das vorstehend Gesagte: Die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz im angezogenen Urteil enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die oberstgerichtliche Rechtsprechung in dem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zu Grunde zu legen haben wird (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29, 54 und 67; Kummer, aaO, Rz 168). Diesen Anforderungen hat die Beschwerdeführerin vorliegend nicht genügt.
Die Beschwerdeführerin hat zur Divergenz zum einen vorgetragen, das LSG sei hinsichtlich der Rücknahmefrist des § 45 Abs 4 SGB X von der Entscheidung des BSG in BSGE 77, 295 abgewichen. Sie trägt dabei aber selbst nicht vor, dass das LSG bewusst in Abweichung von der Rechtsprechung des BSG einen neuen abstrakten Rechtssatz aufgestellt habe, sondern rügt vielmehr schlicht, dass das LSG die vom BSG aufgestellten Grundsätze nicht beachtet habe, also die inhaltliche Unrichtigkeit der Entscheidung des LSG. Die Frage, ob eine vorinstanzliche Entscheidung materiell richtig oder unrichtig ist, eröffnet aber nicht die Revisionsinstanz. Der Zugang zur Revisionsinstanz wird nur dann eröffnet, wenn der Beschwerdeführer aufzeigt, dass das LSG dem BSG im Grundsätzlichen widersprochen hat. Hierzu trägt die Klägerin jedoch gerade nichts vor. Im Übrigen sei sie darauf hingewiesen, dass das LSG deutlich gemacht hat, dass zu den Tatsachen, deren sichere Kenntnis als Rücknahmevoraussetzung die Jahresfrist iS des § 45 Abs 4 SGB X erst zum Laufen bringt, gerade auch die subjektive Kenntnis (Fahrlässigkeitsproblematik) auf Seiten der Klägerin (bzw der maßgeblich dort Handelnden) gehört hat. Erst nach Eingang einer Anhörung zu dieser subjektiven Seite kann davon ausgegangen werden, dass auf Seiten der Behörde Kenntnis aller Rücknahme-Tatsachen vorliegt. Diese Kenntnis ist aber völlig unabhängig von der Frage zu beurteilen, inwieweit die Bediensteten der Beklagten bereits bei der Bewilligung der ABM Kenntnis von den Verhältnissen auf Seiten der Klägerin gehabt haben.
Die Beschwerdeführerin trägt weiter vor, eine Divergenz liege darin, dass das LSG entgegen BSGE 74, 28 nicht geprüft habe, inwieweit die Angaben bei Antragstellung kausal für die fehlerhafte Bewilligung geworden seien. Insofern fehlt es ebenfalls an einer Darlegung, dass das LSG dem BSG im Grundsätzlichen widersprochen habe. Auch hier rügt die Klägerin wiederum nur, dass das Urteil des LSG schlicht inhaltlich falsch sei. Dabei räumt die Klägerin selbst ein, das LSG habe die von ihr selbst angeführten Entscheidungen des BSG schlichtweg übersehen und die Kausalität zwischen den falschen Angaben und der unrichtigen Bewilligung überhaupt nicht geprüft. Damit trägt die Klägerin selbst vor, dass eine Divergenz nicht vorliegt. Denn eine Divergenz setzt - wie ausgeführt - voraus, dass das LSG dem BSG im Grundsätzlichen widerspricht, also einen abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz des BSG aufstellt. Dass das LSG möglicherweise einen Gesichtspunkt bei der rechtlichen Prüfung übersieht und insofern möglicherweise "inhaltlich falsch entscheidet", eröffnet die Revisionsinstanz nicht.
Schließlich hat die Beschwerde auch das Vorliegen eines Verfahrensmangels, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), nicht ausreichend dargelegt. Dies gilt schon deshalb, weil die Beschwerde - wie oben ausgeführt - nicht den der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt schildert. Ohne eine solche Sachverhaltsschilderung kann nicht im Einzelnen nachvollzogen werden, wieso das LSG einem bestimmten Beweisantrag hätte folgen müssen. Darüber hinaus genügt die Beschwerde aber auch nicht den weiteren Anforderungen die die Darlegungen des Verfahrensmangels, dass das LSG einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sei. Hierfür wäre erforderlich gewesen: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, auf Grund deren bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung hätten drängen müssen, (3) Angabe des Ergebnisses der unterbliebenen Beweiserhebung, (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (BSG SozR 1500 § 160 Nr 5 und 35 sowie § 160a Nr 24 und 34). Vorliegend fehlt es schon an der Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sein soll (vgl dazu BSG SozR 1500 § 160a Nr 4). Eine Nichtzulassungsbeschwerde, die damit begründet wird, das Berufungsgericht sei einem gestellten Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt, muss aufzeigen, dass der Beweisantrag protokolliert und im Urteilstatbestand aufgeführt ist (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9; SozR 1500 § 160 Nr 64). Die "Warnfunktion" eines solchen förmlichen Beweisantritts (hierzu BSG SozR 1500 § 160 Nr 67) entfällt, wenn Beweisantritte lediglich in der Berufungsschrift oder sonstigen Schriftsätzen enthalten sind. Letzteres war hier der Fall. Die anwaltlich vertretene Klägerin hat in der letzten mündlichen Verhandlung jedenfalls die im Berufungsschriftsatz offensichtlich enthaltenen Beweisantritte nicht wiederholt und insofern dem LSG gerade nicht vor seiner Entscheidung vor Augen geführt, dass die gerichtliche Aufklärungspflicht von ihr noch nicht als erfüllt angesehen werde (vgl insofern BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 35 mwN). Fehlt es schon an einem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag, so kann letztlich auch dahinstehen, dass auf Grund des Vorbringens der Beschwerde auch zweifelhaft sein dürfte, ob die in dem Berufungsschriftsatz geäußerten Beweisanregungen den vom Senat in seinem Beschluss vom 13. Juli 1999 (B 7 AL 242/98 B) aufgestellten Anforderungen an die inhaltliche Konkretheit und Substantiiertheit von Beweisanträgen (gemäß § 403 Zivilprozessordnung iVm § 118 Abs 1 SGG) genügt hätten.
Nach alledem war die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, worüber der Senat ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 2. Halbsatz iVm § 169 SGG entscheiden konnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen