Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel vor dem BSG. Zugelassene Prozessbevollmächtigte. Vertretungszwang
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Beteiligter kann ein Rechtsmittel vor dem BSG nicht selbst führen, sondern muss sich durch zugelassene Prozessbevollmächtigte vertreten lassen.
2. Der Vertretungszwang soll sicherstellen, dass das Verfahren in dritter Instanz, das der Gesetzgeber zur ausschließlich rechtlichen Überprüfung der vorinstanzlichen Entscheidungen in erster Linie im öffentlichen Interesse (Wahrung der Rechtseinheit und Rechtsfortbildung) eröffnet hat, von einer fachkundigen Person mit qualifizierten Kenntnissen des Rechts verantwortlich geführt wird.
3. Das soll auch einen Beitrag dazu leisten, dass die personellen Ressourcen der Justiz effektiv eingesetzt werden können und nicht durch aussichtslose Verfahren blockiert werden.
Normenkette
SGG § 73 Abs. 4, § 160a Abs. 4 S. 1, § 169
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Urteil vom 25.01.2023; Aktenzeichen L 6 R 174/22) |
SG Landshut (Entscheidung vom 15.03.2022; Aktenzeichen S 14 R 570/19) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25. Januar 2023 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Rente wegen voller Erwerbsminderung, die die Klägerin seit dem 1.7.2010 vom beklagten Rentenversicherungsträger erhält. Die Klägerin hat ihre Forderung nach einer höheren Rente mit einem Rechtsbehelf gegen den Bescheid vom 31.5.2019 zur Rentenanpassung ab dem 1.7.2019 geltend gemacht. Das SG Landshut hat ihre Klage abgewiesen, das Bayerische LSG die Berufung zurückgewiesen (Gerichtsbescheid vom 15.3.2022, Urteil vom 25.1.2023). Die Revision hat das LSG nicht zugelassen. Die Klägerin hat sich mit einem von ihr unterzeichneten und (auch) an das LSG gerichteten Schreiben vom 20.2.2023 gegen das ihr am 3.2.2023 zugestellte Urteil des LSG gewandt und ausgeführt, sie lege "Widerspruch, Beschwerde und Klagen" ein. Es dürfe ihr keine Instanz unterschlagen werden und es habe "eine Weiterreichung nach Kassel" zu erfolgen. Dieses Schreiben ist beim LSG per Telefax am 3.3.2023 und - nach Weiterleitung - am 15.3.2023 beim BSG eingegangen.
II
Der Senat wertet das Vorbringen der Klägerin im Schreiben vom 20.2.2023 als Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG. Eine solche Beschwerde ist das einzige im Gesetz vorgesehene Rechtsmittel gegen die Entscheidung des LSG (vgl § 160a SGG).
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Klägerin kann ein Rechtsmittel vor dem BSG nicht selbst führen, sondern muss sich durch zugelassene Prozessbevollmächtigte vertreten lassen (§ 73 Abs 4 SGG). Auf dieses Erfordernis hat die Rechtsmittelbelehrung (Seite 5 des LSG-Urteils) ausdrücklich hingewiesen. Der Vertretungszwang soll sicherstellen, dass das Verfahren in dritter Instanz, das der Gesetzgeber zur ausschließlich rechtlichen Überprüfung der vorinstanzlichen Entscheidungen in erster Linie im öffentlichen Interesse (Wahrung der Rechtseinheit und Rechtsfortbildung) eröffnet hat, von einer fachkundigen Person mit qualifizierten Kenntnissen des Rechts verantwortlich geführt wird. Das soll auch einen Beitrag dazu leisten, dass die personellen Ressourcen der Justiz effektiv eingesetzt werden können und nicht durch aussichtslose Verfahren blockiert werden (vgl BSG Beschluss vom 26.10.2022 - B 5 R 108/22 AR - juris RdNr 9). Bis zum Ablauf der Beschwerdefrist am 3.3.2023 ist beim BSG keine Rechtsmittelschrift eines zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingegangen.
Die nicht formgerecht eingelegte Beschwerde ist ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 183 Satz 1 iVm § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI15673508 |