Verfahrensgang
SG München (Entscheidung vom 24.11.2017; Aktenzeichen S 4 KN 3/15) |
Bayerisches LSG (Urteil vom 30.10.2019; Aktenzeichen L 13 R 780/17) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 30. Oktober 2019 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Zwischen den Beteiligten ist im Überprüfungsverfahren streitig, ob der Kläger eine höhere Regelaltersrente insbesondere unter Anerkennung weiterer Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten für seine beiden im Beitrittsgebiet geborenen und aufgezogenen Kinder beanspruchen kann. Mit Urteil vom 30.10.2019 hat das Bayerische LSG einen solchen Anspruch verneint und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG München vom 24.11.2017 zurückgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Es werden keine der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG genannten Gründe für eine Zulassung der Revision nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
1. Der Kläger trägt zunächst vor, § 249a Abs 2 SGB VI verletze Art 3 GG. Es sei grob verfassungswidrig, dass eine Mutter ohne jegliche Handlung bevorzugt, ein Vater dagegen praktisch mit Rechtsverlusten durch eine Art Ausschlussfrist sanktioniert werde, wenn er eine Erklärung zu den Kindererziehungszeiten zu seinen Gunsten nicht abgegeben bzw dies versäumt habe.
Mit diesem Vorbringen hat der Kläger den Zulassungsgrund einer Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht hinreichend begründet. Leitet eine Beschwerde die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aus einer Verletzung von Normen des GG ab, darf sie sich nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den (konkret) gerügten Verfassungsnormen bzw -prinzipien in substanzieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (stRspr, zB bereits BSG Beschluss vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 f = SozR 1500 § 160a Nr 11 S 13 f; aus jüngster Zeit BSG Beschluss vom 11.2.2020 - B 10 EG 14/19 B - juris RdNr 11 mwN).
Dies ist nicht geschehen. Art 3 Abs 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl BVerfGE 98, 365, 385). Dabei verwehrt Art 3 Abs 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Der Gleichheitssatz ist erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl BVerfGE 110, 412, 432). Allein die Behauptung des Klägers, es werde wesentlich Gleiches willkürlich ungleich behandelt, ist nicht ausreichend. Mit der zum allgemeinen Gleichheitssatz ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung befasst sich die Beschwerdebegründung nicht ansatzweise. Auch wären weitere Ausführungen insbesondere im Hinblick darauf angezeigt gewesen, dass das LSG die unterschiedliche Behandlung von Müttern und Vätern bei der Anrechnung von Kindererziehungszeiten im Beitrittsgebiet mit den Bestimmungen des Rentenrechts der DDR begründet hat. Das Berufungsurteil enthält umfangreiche Ausführungen zur Entstehungsgeschichte der angegriffenen Vorschrift. Auch dazu verhält sich die Beschwerdebegründung nicht.
2. Mit seinem weiteren Vorbringen, das LSG habe "gegen die Vorschrift des reformatio in peius verstoßen", wird möglicherweise nur ein für die Revisionszulassung unbeachtlicher materiellrechtlicher Fehler gerügt. Jedenfalls ist damit auch ein Verfahrensmangel als Zulassungsgrund iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nicht hinreichend bezeichnet.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Aus der Beschwerdebegründung erschließt sich dem Senat schon nicht, welcher Sachverhalt der Verfahrensrüge des Klägers zugrunde liegt. Die Beschwerdebegründung führt dazu aus, es sei "keine Anhörung hinsichtlich der Aufhebungsbescheid und 16.10.2017 im Bescheid vom 07.11.2017 während des erstinstanzlichen Verfahrens gewährt worden". Die Beklagte habe die Anhörung nachgeholt, aber letztlich den Streitgegenstand vom prozessualen Verfahren in ein neues materielles Widerspruchsverfahren "quasi ausgelagert". Weitere Angaben zum Verfahrensablauf fehlen. Auch zum Inhalt der angegriffenen Bescheide macht der Kläger keine Ausführungen.
3. Eine hinreichende Bezeichnung fehlt auch, soweit der Kläger als weiteren Verfahrensmangel "unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes im sozialgerichtlichen Verfahren" eine Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt.
Wer sich auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG stützt, muss ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen und die von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten (stRspr; vgl zB zuletzt BSG Beschluss vom 17.9.2019 - B 1 KR 63/18 B - juris RdNr 5 mwN). Hierzu gehört nach ständiger Rechtsprechung des BSG die Darlegung, dass ein Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten wurde. Einen solchen Beweisantrag benennt die Beschwerdebegründung nicht. Allein das Vorbringen des Klägers, er habe ausdrücklich beantragt, "die Kinder insbesondere seinen Sohn B. S. 'beizuladen' ", dies sei als Antrag auf Ladung als Zeuge zu verstehen gewesen, genügt dafür nicht. Der Beschwerdebegründung lässt sich nicht entnehmen, wann und mit welchem Inhalt ein solcher Antrag gestellt wurde. Auch kann die gesetzlich eingeschränkte Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht nicht mit der Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs umgangen werden (vgl BSG Beschluss vom 29.3.2006 - B 1 KR 10/06 B - juris RdNr 6).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13926736 |