Verfahrensgang
Sächsisches LSG (Urteil vom 10.04.2018; Aktenzeichen L 5 KR 252/17) |
SG Dresden (Entscheidung vom 21.03.2017; Aktenzeichen S 33 R 335/15) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 10. April 2018 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
Mit Urteil vom 10.4.2018 hat das Sächsische LSG einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf das Vorliegen von Verfahrensmängeln iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Der Kläger macht eine Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG).
Hierzu trägt er vor, seine Prozessbevollmächtigten hätten mit Schriftsatz vom 9.4.2018 beantragt, den Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.4.2018 aufzuheben und einen neuen Termin zu bestimmen, weil er erkrankt sei und an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen könne. Diesem Antrag sei die Bescheinigung der Diplom-Medizinerin und Praktischen Ärztin S. H. beigefügt gewesen. Am 9.4.2018 habe das Berufungsgericht verfügt, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung nicht verlegt werde, weil das persönliche Erscheinen des Klägers nicht angeordnet worden und seine Anwesenheit nicht erforderlich sei. Mit Schriftsatz vom 10.4.2018 hätten daraufhin seine Prozessbevollmächtigten ein Ablehnungsgesuch gegen die Vorsitzende Richterin J. wegen Besorgnis der Befangenheit eingereicht. Dieser Antrag sei mit Beschluss des Berufungssenats vom 10.4.2018 mit der Begründung abgewiesen worden, dass die Terminverlegung lediglich eine verfahrensleitende Maßnahme sei und es sich bei der Bescheinigung der Diplom-Medizinerin H. nur um eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung handele. Die Ablehnung der beantragten Terminverlegung sei zu Unrecht erfolgt. Er, der Kläger, habe im Rahmen seines Anspruchs auf rechtliches Gehör einen Anspruch auf Teilnahme an der mündlichen Verhandlung unabhängig davon, ob sein persönliches Erscheinen angeordnet worden sei. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Ausgang des Rechtsstreits - wie hier - für ihn existentielle Bedeutung habe. Die Partei eines Rechtsstreits solle nicht Objekt der richterlichen Entscheidung sein, sondern vor einer Entscheidung zu Wort kommen, um als Subjekt Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können. Er, der Kläger, habe dem LSG selbst noch einmal ausdrücklich schildern wollen, dass insbesondere die internistischen Erkrankungen, der phasenweise auftretende Brechreiz, insbesondere bei Stress und auch die Schmerzen im orthopädischen Bereich sowie die damit verbundene Isolation psychische Auswirkungen mit depressivem Charakter zur Folge hätten, weswegen er inzwischen auch psychologische Hilfe habe in Anspruch nehmen müssen. Dies hätte das Gericht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung veranlassen müssen, die bereits in der ersten Instanz unterblieben sei.
Mit diesem Vorbringen ist eine Gehörsverletzung nicht schlüssig dargetan.
Zwar wird der Anspruch eines Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, wenn das Gericht einen Antrag auf Terminverlegung ablehnt, obwohl erhebliche Gründe iS von § 227 Abs 1 ZPO iVm § 202 S 1 SGG für eine Aufhebung oder Verlegung des Termins geltend und glaubhaft gemacht worden sind (vgl BSG SozR 3-1750 § 227 Nr 1 S 3; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 33 S 56 ff; BSG SozR 4-1750 § 227 Nr 1 RdNr 7; BFH Beschluss vom 10.3.2015 - V B 108/14 - Juris RdNr 2; BSG Beschluss vom 7.8.2015 - B 13 R 172/15 B - Juris RdNr 7). Einen Verstoß gegen § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG kann jedoch nicht geltend machen, wer es versäumt hat, sich vor Gericht durch die zumutbare Ausschöpfung der vom Prozessrecht eröffneten und nach Lage der Dinge tauglichen Möglichkeiten Gehör zu verschaffen (stRspr, BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 18.8.2010 - 1 BvR 3268/07 - Juris RdNr 28 mwN). Die Darlegung einer Gehörsverletzung wegen zu Unrecht verweigerter Terminverlegung erfordert damit auch Ausführungen dazu, dass der Beteiligte alle ihm nach den Umständen des Einzelfalls zumutbare Maßnahmen ergriffen hat, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Hieran fehlt es.
Der Kläger hat zum einen nicht ausreichend vorgetragen, dass er an der mündlichen Verhandlung vom 10.4.2018 krankheitsbedingt nicht hat teilnehmen können.
Wird - wie im vorliegenden Fall - eine Terminverlegung erst einen Tag vor der anberaumten mündlichen Verhandlung beantragt und mit einer Erkrankung begründet, so muss der Verhinderungsgrund so dargelegt und untermauert sein, dass das Gericht ohne weitere Nachforschungen selbst beurteilen kann, ob Verhandlungs- bzw Reiseunfähigkeit besteht. Dies erfordert, dass das Gericht aus der Bescheinigung Art, Schwere und voraussichtliche Dauer der Erkrankung entnehmen und so die Frage der Verhandlungsunfähigkeit selbst beurteilen kann. Gerade bei kurzfristig gestellten Anträgen auf Terminverlegung bestehen hohe Anforderungen an die Glaubhaftmachung der Verhandlungsunfähigkeit (BSG SozR 4-1500 § 110 Nr 1 RdNr 12 mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der höchstrichterlichen Rspr).
Der Kläger hat nach seinem eigenen Vorbringen lediglich die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Diplom-Medizinerin und Praktischen Ärztin S. H. vorgelegt; dass sich aus dieser alle erforderlichen darzulegenden Einzelheiten der bestehenden Erkrankung ergeben haben, lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen.
Der Kläger hat zum anderen auch nicht ausreichend vorgetragen, dass es ihm durch die abgelehnte Terminverlegung unmöglich gemacht worden ist, sich sachgemäß und erschöpfend zu äußern. Da der Kläger im Berufungsverfahren anwaltlich vertreten war, hätte er darlegen müssen, dass und weshalb seine persönliche Anwesenheit im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.4.2018 - zusätzlich zu der seines Prozessbevollmächtigten - unerlässlich gewesen ist, und dass er die Gründe hierfür dem Berufungsgericht substantiiert dargelegt hat (BSG Beschluss vom 5.3.2004 - B 9 SB 40/03 B - Juris RdNr 6 mwN).
Der Kläger hat mit dem der Beschwerdebegründung beigefügten Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 10.4.2018 dem LSG lediglich seine Rechtsauffassung mitgeteilt, einen Anspruch auf Teilnahme an der mündlichen Verhandlung unabhängig davon zu haben, ob sein persönliches Erscheinen angeordnet worden sei und dies insbesondere dann gelte, wenn - wie vorliegend - der Ausgang des Rechtsstreits für ihn existentielle Bedeutung habe. Welche entscheidungserheblichen Erkenntnisse nur er dem Berufungsgericht und auch nur in der mündlichen Verhandlung hätte mitteilen können, lässt sich diesen Angaben nicht entnehmen.
Mit dem Hinweis des Klägers auf eine erforderliche weitere Sachverhaltsaufklärung ist eine Verletzung der tatrichterlichen Sachaufklärungspflicht iS von § 103 SGG ebenfalls nicht schlüssig bezeichnet.
Die Beschwerdebegründung zeigt bereits nicht auf, dass der Kläger vor dem LSG einen (prozessordnungsgemäßen) Beweisantrag gestellt hat. Ausweislich der Vorgabe des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann eine Nichtzulassungsbeschwerde lediglich dann auf die Verletzung des § 103 SGG gestützt werden, wenn der Beschwerdeführer einen Beweisantrag gestellt hat, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11864804 |