Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. November 2017 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger beansprucht in der Hauptsache die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 anstelle von 40. Diesen Anspruch hat das LSG mit Urteil vom 29.11.2017 verneint. Der Diabetes mellitus sei entgegen der Auffassung der Sachverständigen Prof. Dr. G. und Prof. Dr. K. mit einem GdB von lediglich 40 zu bewerten. Prof. Dr. G. gehe unzutreffend von einer schwer einstellbaren Stoffwechsellage aus. Prof. Dr. K. verkenne die nach der Rechtsprechung des BSG strengen Anforderungen an die Feststellung einer ausgeprägten Teilhabebeeinträchtigung durch erhebliche Einschnitte in der Lebensführung. Eine einen GdB von 50 bedingende ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung liege beim Kläger nicht vor.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht als Zulassungsgrund einen Verfahrensmangel geltend.
II
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Begründung vom 21.3.2018 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der hierfür erforderlichen Weise bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).
1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel im Sinne von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
a) Der Kläger rügt eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG). Das LSG sei zu Unrecht von einem nicht schwer einstellbaren Diabetes mellitus ausgegangen und habe sich dabei auf eigene Sachkunde gestützt, ohne vor der Entscheidung die Beteiligten auf das Bestehen dieser eigenen sozialmedizinischen Sachkunde hingewiesen zu haben. Es habe unzutreffend die Stoffwechsellage an sich mit dem Grad ihrer Einstellbarkeit bzw dem dazu erforderlichen Aufwand gleichgesetzt. Beide Sachverständige hätten hingegen wiederholt den erheblichen Therapie- und Beobachtungsaufwand des Klägers betont. Das Berufungsgericht habe medizinisch argumentiert, ohne auf sachkundige Ausführungen eines (weiteren) medizinischen Sachverständigen oder sonstige qualifizierte sozialmedizinische Erkenntnisquellen Bezug zu nehmen. Insoweit liege eine Überraschungsentscheidung vor.
b) Mit diesem und seinem weiteren Vortrag hat der Kläger jedoch den geltend gemachten Verfahrensmangel der Gehörsrüge nicht hinreichend bezeichnet.
Zutreffend weist der Kläger zwar darauf hin, dass das LSG entgegen der Auffassung des Sachverständigen Prof. Dr. G. nicht vom Vorliegen eines schwer einstellbaren Diabetes mellitus ausgegangen ist. Es hat sich dabei jedoch - wie der Kläger selbst vorträgt und sich auch aus den von ihm in Bezug genommenen Entscheidungsgründen ergibt - auf die gutachterlichen Äußerungen von Prof. Dr. K. gestützt, der die Stoffwechsellage mit einem konstant unter dem von der Deutschen Gesellschaft für Diabetologie geforderten Zielwert liegenden HbA1c-Wert als "einigermaßen gut" bezeichnet und auch "keine äußerst schwer regulierbare Stoffwechsellage" festgestellt habe. Sofern der Kläger mit dieser Auswertung der Sachverständigengutachten durch das Berufungsgericht nicht einverstanden ist, wendet er sich im Kern gegen dessen Beweiswürdigung. Hiermit kann er aber im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren von vornherein nicht gehört werden. Denn gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 Halbs 2 SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien Beweiswürdigung) gestützt werden.
Soweit der Kläger rügt, das LSG habe sich gegen die Einschätzung des Therapieaufwands durch die Sachverständigen und der daraus resultierenden Beeinträchtigung seiner Lebensführung gewandt, ohne dafür sachkundig zu sein, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Bewertung des Therapieaufwands grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe ist, die eine Auswertung der im Verfahren insgesamt vorliegenden Tatsachen und Beweise einschließt (vgl Senatsurteil vom 17.4.2013 - B 9 SB 3/12 R - Juris RdNr 45; Senatsbeschluss vom 16.11.2017 - B 9 SB 64/17 B - Juris RdNr 10). Dies hat das Berufungsgericht aber auch nach dem Vortrag des Klägers getan. Dass das LSG sich bei seiner diesbezüglichen Auswertung auf (medizinische) Unterlagen, Aussagen, Erkenntnisse oder Feststellungen gestützt hat, die nicht aktenkundig waren, behauptet er nicht. Soweit der Kläger mit deren Bewertung durch das Berufungsgericht nicht einverstanden ist, wendet er sich wiederum gegen dessen Beweiswürdigung, die - wie oben ausgeführt - im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht gerügt werden kann. Für die Beurteilung, ob beim Kläger eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensführung durch den Diabetes mellitus vorliegt, bedarf es grundsätzlich keiner besonderen Sachkunde. Diese kann der Tatrichter regelmäßig auch ohne sachverständige Unterstützung selbst vornehmen (vgl Senatsurteil vom 17.4.2013 - B 9 SB 3/12 R - Juris RdNr 46; Senatsurteil vom 25.10.2012 - B 9 SB 2/12 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 16 RdNr 46). Aus welchem Grund gerade im Fall des Klägers ausnahmsweise etwas Anderes gelten solle, trägt er nicht hinreichend vor. Einen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das LSG verpflichten würde, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern, gibt es - wie der Kläger selbst einräumt - nicht (vgl Senatsurteil vom 17.4.2013 - B 9 SB 3/12 R - Juris RdNr 44; Senatsurteil vom 25.10.2012 - B 9 SB 2/12 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 16 RdNr 42).
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
3. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11864798 |