Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Begründung. Rechtsfrage. Rechtsprechung. Lehre. Allgemeininteresse
Orientierungssatz
1. Die Beschwerdebegründung hat auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtslage im Allgemeininteresse vornehmen soll (vgl BVerfG vom 24.10.2000 - 1 BvR 1412/99 = SozR 3-1500 § 160a Nr 31).
2. Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG 1. Senat 3. Kammer vom 19.10.2006 - 1 BvR 1816/05).
Normenkette
SGG § 160a Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
Gründe
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache darüber, ob die als Hebamme selbstständig tätige Klägerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien ist. Die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung wegen dieser selbstständigen Tätigkeit hat die Beklagte festgestellt. Den im Jahre 2001 gestellten Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht hat sie abgelehnt. Klage und Berufung dagegen sind erfolglos geblieben.
Die Beschwerde ist nicht zulässig, denn die als Zulassungsgrund allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) ist nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dargelegt.
Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch Bundesverfassungsgericht SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtslage im Allgemeininteresse vornehmen soll (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 31). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Die Beschwerde führt aus, die Entscheidung des Rechtsstreits hänge "von der Gültigkeit der Norm des § 231 Abs 6 SGB VI ab". Selbst wenn man annehmen wollte, damit sei die Frage gemeint, ob § 231 Abs 6 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch (SGB VI) gegen Vorschriften des Grundgesetzes (GG) verstößt und nichtig ist, ist die Klärungsfähigkeit dieser Frage in der Beschwerdebegründung nicht aufgezeigt. § 231 Abs 6 SGB VI ist eine Vorschrift über die Befreiung von der Versicherungspflicht. Weshalb bei Nichtigkeit dieser Vorschrift die Klägerin die erstrebte Befreiung von der Versicherungspflicht erlangen könnte, wird in der Beschwerdebegründung nicht ausgeführt.
Aber auch soweit man der weiteren Beschwerdebegründung sinngemäß die Rechtsfrage entnehmen könnte, ob die in § 231 Abs 6 Nr 1 SGB VI gemachte Voraussetzung für die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung mit dem GG vereinbar ist oder ob die Befreiung auch ohne Erfüllung dieser Voraussetzung zu gewähren ist, ist die Klärungsfähigkeit dieser Rechtsfrage nicht aufgezeigt. In § 231 Abs 6 Satz 1 Nr 1 SGB VI ist nur eine der Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht normiert. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass die Klägerin eine der in § 231 Abs 6 Satz 1 Nr 2 oder 3 SGB VI genannten zusätzlichen Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht erfüllt. Aus der Beschwerdebegründung lässt sich deshalb nicht ersehen, ob es für die Entscheidung des Rechtsstreits überhaupt auf die Frage der Gültigkeit von § 231 Abs 6 Satz 1 Nr 1 SGB VI ankommen kann. Ob die weiteren Ausführungen in der Beschwerdebegründung zum angeblichen Vollzugsdefizit bei der Durchsetzung und Überwachung der Versicherungspflicht von Selbstständigen nach § 2 SGB VI und insbesondere die Ausführungen zur Aufgabenverteilung zwischen Krankenkassen und Rentenversicherungen in diesem Zusammenhang zutreffend sind, kann deshalb dahingestellt bleiben.
Die unzulässige Beschwerde hat der Senat ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter verworfen (§ 160a Abs 4 Satz 2 iVm § 169 SGG).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen