Verfahrensgang
SG Koblenz (Entscheidung vom 11.08.2020; Aktenzeichen S 6 R 58/20) |
LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 03.03.2021; Aktenzeichen L 2 R 239/19) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 3. März 2021 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger wendet sich gegen die Anrechnung seiner Altersrente auf die von ihm bezogene große Witwerrente. Seine gegen den Bescheid der Beklagten vom 16.9.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.1.2020 gerichtete Klage hat das SG abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 11.8.2020). Das LSG hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers mit Urteil vom 3.3.2021 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Einkommensanrechnung sei auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Der Kläger hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung Beschwerde zum BSG eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 10.5.2021 begründet hat. Er macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form begründet worden ist. Sie wird daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG verworfen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde mit einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) begründet, muss in der Beschwerdebegründung dargetan werden, dass die Rechtssache eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss zur ordnungsgemäßen Darlegung dieses Revisionszulassungsgrundes daher eine Rechtsfrage benennen und zudem deren (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 4 mwN). Das Vorbringen des Klägers wird diesen Anforderungen nicht gerecht.
Der Beschwerdebegründung vom 10.5.2021 lässt sich die Frage entnehmen,
"(ob) die Anrechnungsvorschriften der § 97 VI, 114 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 in Verbindung mit § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 18b Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 SGB IV gegen Artikel 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen und aus diesem Grund verfassungswidrig sind".
Der Kläger bezieht sich dabei nur noch auf die Eigentumsgarantie (Art 14 Abs 1 Satz 1 GG) und den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG). An seinem früheren Vorbringen zur allgemeinen Handlungsfreiheit (Art 2 Abs 1 GG) hält er im Beschwerdeverfahren ausdrücklich nicht fest. Der Kläger legt jedenfalls die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage nicht anforderungsgerecht dar.
Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort nicht außer Zweifel steht, sich zB nicht unmittelbar und ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder nicht bereits höchstrichterlich entschieden ist (BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). In der Beschwerdebegründung muss deshalb unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG bzw des BVerfG zu dem Problemkreis substantiiert vorgebracht werden, dass zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung getroffen wurde oder durch die schon vorliegenden Urteile und Beschlüsse die nunmehr maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist (aus jüngerer Zeit zB BSG Beschluss vom 6.4.2021 - B 5 RE 16/20 B - juris RdNr 6 mwN). Der Kläger behauptet nicht das Fehlen höchstrichterlicher Entscheidungen zur Verfassungsgemäßheit der genannten Anrechnungsvorschriften. Er räumt vielmehr unter Hinweis auf die Entscheidung des BVerfG vom 18.2.1998 (1 BvR 1318/86 ua) ein, dass die Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen auf Hinterbliebenenrenten der gesetzlichen Rentenversicherung verfassungsrechtlich nicht beanstandet worden ist. Wie er selbst ausführt, würden die genannten Anrechnungsvorschriften nach der Rechtsprechung des BVerfG insbesondere weder Art 14 Abs 1 GG noch Art 3 Abs 1 GG verletzen. Vor diesem Hintergrund kommt die Klärungsbedürftigkeit der von ihm aufgeworfenen Rechtsfrage einzig unter dem Gesichtspunkt einer erneuten Klärungsbedürftigkeit in Betracht. Aber auch den insoweit bestehenden Anforderungen wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht.
Eine höchstrichterlich bereits geklärte Rechtsfrage zum Anwendungsbereich einer Vorschrift des Bundesrechts kann iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG erneut klärungsbedürftig werden, wenn den bisherigen Entscheidungen in nicht geringem Umfang in Rechtsprechung oder Schrifttum widersprochen wird und keineswegs von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (BSG Beschluss vom 25.9.1975 - 12 BJ 94/75 - SozR 1500 § 160a Nr 13 S 19; BSG Beschluss vom 17.9.2013 - B 1 KR 63/13 B - juris RdNr 6 mwN). Dass diese Voraussetzungen vorliegen, ist in der Beschwerdebegründung näher darzulegen. Hierzu muss substantiiert aufgezeigt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und mit welcher Begründung der bisherigen Rechtsprechung widersprochen wird bzw inwiefern die Beantwortung der Rechtsfrage weiterhin umstritten ist oder welche neuen erheblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind, die zu einer Neubetrachtung der bereits entschiedenen Rechtsfrage führen könnten und eine anderweitige Entscheidung nicht offensichtlich ausschließen (zB BSG Beschluss vom 28.2.2017 - B 5 RS 42/16 B - juris RdNr 9 mwN; BSG Beschluss vom 6.4.2021 - B 5 RE 16/20 B - juris RdNr 12 mwN). Hieran richtet der Kläger sein Vorbringen nicht aus.
Er trägt vor, die Rechtsprechung des BSG, wonach Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung schon nicht dem Eigentumsbegriff des Art 14 Abs 1 GG unterfallen, sei nicht nachvollziehbar. Nach seinem Dafürhalten müsse er vollumfänglich an der Rentenanwartschaft seiner verstorbenen Ehefrau beteiligt werden, weil die Anwartschaften von Eheleuten durch wechselseitige Mithilfe aufgebaut worden seien. Ohne seine Unterstützung wären die (Beitrags-)Leistungen seiner verstorbenen Ehefrau unterblieben oder deutlich geringer ausgefallen. Ebenso wenig könne er nachvollziehen, wenn das BVerfG keinen Gleichheitsverstoß darin erkenne, dass in der Gesetzlichen Rentenversicherung eine eigene Rente auf eine bezogene Hinterbliebenenrente angerechnet werde, während im Rahmen der Beamtenversorgung eine entsprechende Anrechnung weitestgehend unterbleibe. Der Kläger benennt damit weder instanzgerichtliche Entscheidungen noch (wissenschaftliches) Schrifttum, in denen der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zum verfassungsrechtlichen Schutz von Anwartschaften auf Hinterbliebenenversorgung widersprochen wird. Dass er seine eigene Auffassung der Rechtsprechung des BVerfG gegenüberstellt, reicht insoweit nicht aus. Allein der Umstand, dass der Kläger mit der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu den betroffenen Anrechnungsvorschriften nicht einverstanden ist, begründet keinen weiteren höchstrichterlichen Klärungsbedarf.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14793897 |