Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 17. Dezember 2015 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 1.1.2009 bis 14.10.2012 in der Rentenversicherung als Selbstständiger versicherungspflichtig war und insoweit Beiträge zu entrichten waren.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Bayerische LSG das Urteil des SG München vom 17.10.2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 17.12.2015). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht die Rentenversicherungspflicht des Klägers nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI für die Zeit vom 1.1.2009 bis 14.10.2012 festgestellt. Der Kläger sei in der maßgeblichen Zeit selbstständig tätig gewesen und auf Dauer und im Wesentlichen für einen Auftraggeber tätig gewesen. Dies treffe zum einen zu für die Tätigkeit bei der A. AG (...) in der Zeit vom 1.1.2009 bis 30.4.2011. Die Vertragsparteien hätten keine "echte" Befristung, sondern eine automatische Vertragsverlängerung vereinbart, was faktisch wie ein ordentlich kündbarer unbefristeter Vertrag gewirkt habe. Damit sei die Prognose gestützt worden, dass es zu einer Weiterführung des Vertrages über 12 Monate hinaus kommen würde. Die gelte auch für die Tätigkeit bei der G.-... GmbH (...) in der Zeit vom 1.5.2011 bis 14.10.2012. Aus dem Rahmenvertrag und schon aus dem ersten der verschiedenen Projekteinzelverträge habe sich die Aussicht einer fortlaufenden Auftragserteilung mit der Folge ergeben, dass dieses Auftragsverhältnis eine faktische wirtschaftliche Abhängigkeit des Klägers vom Auftraggeber begründet habe.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI. Was den Vertrag mit der A. AG angehe, gebe es im Ergebnis, sowohl tatsächlich wie rechtlich, keinen Unterschied zwischen einem befristeten Vertrag, der explizit verlängert werden müsse, und einem Vertrag mit Verlängerungsoption. Auch wenn man - wie das LSG - vom letztgenannten Vertrag ausgehe, könne daraus keine Prognose hinsichtlich der Gesamtlaufzeit des Vertrages abgeleitet werden. Entscheidend sei, dass zum Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit lediglich ein Vertrag mit einer Laufzeit von einem Jahr abgeschlossen worden sei. Bei dem Vertrag über projektbezogene Aufgaben habe weder der Kläger noch der Vertragspartner bei Vertragsabschluss damit rechnen können, dass der Vertrag über den Zeitraum von einem Jahr hinaus weiterlaufen würde. Was das Vertragsverhältnis zur G. GmbH angehe, sei die Ansicht des LSG, dass auch hier eine Tätigkeit des Klägers "auf Dauer" vorliege, rechtsirrig. Wenn das LSG aus dem Wort "voraussichtlich" im ersten Projekteinzelvertrag ableite, dass "die Dauer des Vertragsverhältnisses unbestimmt gewesen sei", sei dies "eine unzulässige Interpretation des gemeinsamen Willens der Vertragsparteien".
II
Die Revision ist als unzulässig zu verwerfen (§ 169 S 2 SGG). Ihre Begründung entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 164 Abs 2 SGG).
Gemäß § 164 Abs 2 S 1 SGG ist die Revision zu begründen. Nach S 3 der Vorschrift muss die Begründung "einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben". Letzteres hat für die materiell-rechtliche Revisionsrüge entsprechend zu gelten (so ausdrücklich BSG SozR 1500 § 164 Nr 5 S 5 sowie Urteil vom 28.1.1981 - 9 RV 1/80 - Juris RdNr 15; zuletzt Senatsbeschlüsse vom 6.10.2016 - B 5 SF 3/16 AR - RdNr 35 und - B 5 SF 4/16 AR - RdNr 35). Diese gesetzlichen Anforderungen hat das BSG in ständiger Rechtsprechung präzisiert (vgl nur BSG SozR 4-1500 § 164 Nr 3 RdNr 9 f; BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 12 S 22). Sie bezwecken, das Revisionsgericht zu entlasten und im Interesse aller Beteiligten das Verfahren umfassend vorzubereiten (vgl BSG Urteile vom 3.7.2002 - B 5 RJ 30/01 R - Juris RdNr 10, vom 20.1.2005 - B 3 KR 22/03 R - Juris RdNr 16; BSG SozR 4-1500 § 164 Nr 3 RdNr 11; Senatsurteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 4; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 164 RdNr 7). Im Blick hierauf sind die vom BSG für notwendig erachteten (erweiterten) Anforderungen an die Begründung einer Revision auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl BVerfG SozR 1500 § 164 Nr 17 S 29).
Um anhand der Revisionsbegründung nachvollziehen zu können, ob der Revisionskläger bzw sein Prozessvertreter das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und die Rechtslage genau durchdacht hat, muss die Revision daher sowohl bei prozessualen als auch bei materiell-rechtlichen Rügen sorgfältig begründet werden (vgl Senatsurteile vom 11.6.2003 - B 5 RJ 52/02 R - Juris RdNr 12 und vom 3.7.2002 - B 5 RJ 30/01 R - Juris RdNr 10; BSG Urteil vom 30.3.2011 - B 12 KR 23/10 R - Juris RdNr 12; BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 11 S 19 und BSG SozR 1500 § 164 Nr 20 S 33 f sowie BSG Beschluss vom 27.2.2008 - B 12 P 1/07 R - Juris RdNr 14). Hieran fehlt es indessen.
Der Kläger rügt eine Verletzung des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI. Es kann vorliegend offenbleiben, ob die Anforderungen an die Revisionsbegründung schon deswegen verfehlt werden, weil der Kläger allenfalls bruchstückhaft angibt, auf welchen für das Revisionsgericht verbindlich festgestellten Sachverhalt (§ 163 SGG) das LSG die gerügte Rechtsanwendung jeweils gestützt hat. Jedenfalls setzt sich der Kläger nicht in der gebotenen Weise mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinander.
Wendet sich die Revision gegen die Verletzung von Vorschriften des materiellen Rechts, ist in der Begründung sorgfältig und nach Umfang und Zweck zweifelsfrei darzulegen, weshalb die Normen in der angefochtenen Entscheidung - bezogen auf den festgestellten Sachverhalt - nicht oder nicht richtig angewandt worden sind (vgl zusammenfassend: BSG Urteil vom 23.11.2005 - B 12 RA 10/04 R - Juris RdNr 10 mit zahlreichen Nachweisen auf die höchstrichterliche Rechtsprechung; BSG Beschluss vom 6.3.2006 - B 13 RJ 46/05 R - Juris RdNr 6 und 9). Dies setzt voraus, dass sich die Begründung mit dem vorinstanzlichen Urteil auseinandersetzt. "Auseinandersetzung" bedeutet, auf den Gedanken des Vordergerichts einzugehen (BSG Urteil vom 16.12.1981 - 11 RA 86/80 - SozR 1500 § 164 Nr 20 S 33 f und Beschluss vom 30.1.2001 - B 2 U 42/00 R - Juris RdNr 10). Hierzu hat der Revisionsführer - zumindest kurz - rechtlich auf die Gründe der Vorinstanz einzugehen; er muss mithin erkennen lassen, dass er sich mit der angefochtenen Entscheidung befasst hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (Senatsurteil vom 11.6.2003 - B 5 RJ 52/02 R - Juris RdNr 12 ff sowie BSG SozR 1500 § 164 Nr 20 S 33 f mwN und BSG SozR 1500 § 164 Nr 12 S 17). Insbesondere bedarf es der Darlegung, in welchen Punkten und aus welchen Gründen die angefochtene Entscheidung angegriffen wird (BSG Urteil vom 11.11.1993 - 7 RAr 94/92 - Juris RdNr 15 mwN; BSGE 70, 186, 187 f = SozR 3-1200 § 53 Nr 4 S 17; BSG SozR 1500 § 164 Nr 12, 20 und 28).
Das LSG hat sich unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck sowie der Gesetzesbegründung mit dem Tatbestandsmerkmal des § 2 S 1 Nr 9 Buchst a und b SGB VI "auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig" beschäftigt. Auf diese Gründe und den konkreten Subsumtionsschluss des LSG geht der Kläger allenfalls unzureichend ein. Er beschränkt sich vielmehr letztlich darauf, dem Ergebnis des Berufungsgerichts seine eigene Behauptung entgegenzuhalten, es gebe, was den Vertrag mit der A. AG angehe, "rechtlich wie tatsächlich" keinen Unterschied zwischen einem befristeten Vertrag, der explizit verlängert werden müsse, und einem Vertrag mit Verlängerungsoption. Auch wenn man - wie das LSG - von letztgenanntem Vertrag ausgehe, könne daraus keine Prognose hinsichtlich der Gesamtlaufzeit des Vertrages abgeleitet werden. Auf die weiteren vom LSG zur Begründung seiner Rechtsansicht angeführten Aspekte ist die Revisionsbegründung nicht ansatzweise eingegangen. So findet eine Auseinandersetzung insbesondere weder mit dem Hinweis des Berufungsgerichts statt, dass bereits der Abschluss des Servicevertrages mit der A. AG den grundsätzlich maßgeblichen Jahreszeitraum ausschöpft, noch wird darauf eingegangen, dass beim Kläger - anders als in Fällen der Existenzgründung - ein "Hineinwachsen" in die Versicherungspflicht stattgefunden habe. Das diesbezügliche Vorbringen im Schriftsatz vom 5.9.2016 konnte der Senat nicht berücksichtigen, weil der Schriftsatz nach Ablauf der Begründungsfrist eingegangen ist.
Nichts anderes gilt im Ergebnis hinsichtlich des Vortrags des Klägers, was das Vertragsverhältnis zur G. GmbH angehe, sei die Ansicht des LSG, dass auch hier eine Tätigkeit des Klägers "auf Dauer" vorliege, rechtsirrig. Wenn das LSG aus dem Wort "voraussichtlich" im ersten Projekteinzelvertrag ableite, dass "die Dauer des Vertragsverhältnisses unbestimmt gewesen sei", sei dies "eine unzulässige Interpretation des gemeinsamen Willens der Vertragsparteien". Der Hinweis des Klägers auf das von ihm selbst vertretene Auslegungsergebnis ersetzt auch hier nicht die rechtlich gebotene eingehende Auseinandersetzung mit den Überlegungen, von denen sich das LSG bei seiner Rechtsauslegung hat leiten lassen, insbesondere nicht mit den Erwägungen der "Probezeit". Auch insofern sind seine weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 5.9.2016 wegen Verspätung unbeachtlich.
Soweit mit dem Vorbringen des Klägers, es gebe "tatsächlich" keinen Unterschied zwischen einem befristeten Vertrag und einem Vertrag mit Verlängerungsoption, ein Angriff auf die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) vorgetragen werden soll, genügt auch dieser nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung. Eine formgerechte Verfahrensrüge der Verletzung des Rechts der freien Beweiswürdigung muss das Revisionsgericht in die Lage versetzen, allein auf dieser Grundlage zu erkennen, inwiefern das Tatsachengericht gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen hat und zu welchem Ergebnis eine ordnungsgemäße Beweiswürdigung geführt hätte. Dem ist ersichtlich nicht genügt, wenn die Revision lediglich ihre Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des LSG setzt oder diese eigene Würdigung als überlegen bezeichnet. Dem Revisionsgericht ist es nämlich nicht gestattet, unter mehreren möglichen Beweiswürdigungen eine Wahl zu treffen oder diese sonst zu bewerten (stRspr, vgl nur BSG SozR 1500 § 164 Nr 31 S 50; BSG Urteil vom 19.12.2001 - B 11 AL 50/01 R - Juris RdNr 16).
Die nicht formgerecht begründete und damit unzulässige Revision ist ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 169 S 2 und 3 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11399677 |