Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Äquivalenzprinzip in der Arbeitslosenversicherung

 

Orientierungssatz

1. Ist ein Leistungsbezug nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung unwahrscheinlich, so ist die Erhebung von Beiträgen deswegen noch nicht verfassungswidrig. In der Arbeitslosenversicherung ist das Prinzip der Äquivalenz zwischen Beiträgen und Leistungen nicht streng durchgeführt. Vielmehr hat in diesem Versicherungszweig der Solidaritätsgedanke erhebliches Gewicht. Danach müssen sich alle Arbeitnehmer, die Arbeitsentgelt verdienen, mit Beiträgen an der Finanzierung von Leistungen und der Erhaltung eines intakten Arbeitsmarktes beteiligen.

2. Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluß wurde nicht zur Entscheidung angenommen (vgl BVerfG 1. Senat 2. Kammer vom 17.1.1995 - 1 BvR 1644/93).

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23, Art. 14 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23; AFG § 168 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1969-06-25

 

Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 27.08.1992; Aktenzeichen L 12 Ar 2143/91)

 

Nachgehend

BVerfG (Entscheidung vom 17.01.1995; Aktenzeichen 1 BvR 1644/93)

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Der Kläger macht den Revisionszulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) geltend. Er trägt dazu im wesentlichen vor, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, weil das angefochtene Urteil gegen Art 14 iVm Art 3 des Grundgesetzes verstoße. Als Nebenerwerbslandwirt werde er insofern schlechter als ein nur unselbständiger Arbeitnehmer behandelt, als er beitragspflichtig zur Arbeitslosenversicherung sei, ohne einen Anspruch auf Arbeitslosengeld zu haben. Gerade in Baden-Württemberg gebe es eine Vielzahl von Nebenerwerbslandwirten, die neben ihrer abhängigen Beschäftigung wöchentlich mehr als 20 bzw 18 Stunden in ihrem Betrieb arbeiten.

Der Senat läßt offen, ob der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hinreichend dargelegt hat (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 11, 59). Jedenfalls kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu. Das Landessozialgericht hat zutreffend ausgeführt, daß auch bei beschäftigten Nebenerwerbslandwirten wie dem Kläger Arbeitslosigkeit und ein entsprechender Leistungsbezug nicht völlig ausgeschlossen sind. Wenn der Leistungsbezug unwahrscheinlich ist, so ist die Erhebung von Beiträgen deswegen noch nicht verfassungswidrig. In der Arbeitslosenversicherung ist das Prinzip der Äquivalenz zwischen Beiträgen und Leistungen nicht streng durchgeführt. Vielmehr hat in diesem Versicherungszweig der Solidaritätsgedanke erhebliches Gewicht. Danach müssen sich alle Arbeitnehmer, die Arbeitsentgelt verdienen, mit Beiträgen an der Finanzierung von Leistungen und der Erhaltung eines intakten Arbeitsmarktes beteiligen. Hierzu liegen mehrere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts vor (BVerfG 53, 313 = SozR 4100 § 168 Nr 12; SozR 4100 § 168 Nr 21; BSG Urteil vom 18. August 1992 - 12 RK 37/89, zur Veröffentlichung bestimmt). Es besteht keine Aussicht, daß eine Zulassung der Revision im vorliegenden Verfahren diese Rechtsprechung nennenswert fortentwickeln wird. Soweit der Kläger geltend macht, Nebenerwerbslandwirte würden gegenüber versicherungspflichtig Beschäftigten, die nebenher keine Landwirtschaft betreiben, benachteiligt, liegt das in tatsächlichen Unterschieden bei den Personengruppen begründet und verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.

Demnach war die Beschwerde zurückzuweisen und über die Kosten entsprechend § 193 SGG zu entscheiden.

 

Fundstellen

RegNr, 21113 (BSG-Intern)

BR/Meuer AFG § 168, 29-06-93, 12 BK 66/92 (OT1)

Die Beiträge 1993, 616-617 (T)

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